Handy weg, Laptop weg – Hausdurchsuchung bei dieBasis-Spitzenkandidaten und Weimarer Richter
„Durchsuchungen in Privatwohnungen, Universität und Kanzlei“, meldet dieBasis-Partei in ihrem Telegram-Kanal am 29. Juni als Breaking News. Demnach hat es Durchsuchungen bei den dieBasis-Spitzenkandidaten, dem Künstler Uli Masuth und der Immunologin Prof. Dr. Ulrike Kämmerer, gegeben.
Auch der Weimarer Richter, ein Richterkollege sowie eine im Verfahren beteiligten Anwältin und deren Lebensgefährte gerieten ins Visier der Ermittlung. Im Telegram-Kanal „dieBasis funkt“ heißt es weiter: „Der Staat schreckt offenbar vor nichts mehr zurück … selbst vor offenem Vorgehen gegen die außerparlamentarische Opposition.“
Besonders brisant erscheint die erneute Durchsuchung bei dem Weimarer Richter Christian Dettmar vor dem Hintergrund, dass das Bundesverwaltungsgericht Leipzig ihm zuvor den Rücken gestärkt hat. In seinem Beschluss vom 16. Juni 2021 entschied das Gericht, dass Amts-/Familiengerichte für Verfahren nach Paragraf 1666 BGB, der sogenannten Kindeswohlgefährdung, zuständig sind. Gleichwohl stellten die Leipziger Richter klar, dass familiengerichtliche Anordnungen gegenüber Behörden rechtlich ausgeschlossen sind.
Dettmars Anwalt Gerhard Strate erklärte gegenüber „Bild“, dass eine zuvor eingelegte Beschwerde eine Durchsuchung bei seinem Mandanten nicht verhindern konnte. Mehrere Polizisten rückten demnach am 29. Juni an und durchsuchten Dettmars Büro sowie die Wohnung. Erneut wurden Handy und Laptop beschlagnahmt.
Vermutlich wollen sie diesmal den Schriftverkehr zwischen meinem Mandanten und mir als Verteidiger nachvollziehen. Das ist alles rechtsstaatswidrig. Die sind in Erfurt außer Rand und Band. Das ist Corona-Irrsinn, der da zum Tragen kommt“, so Strate.
Der Anwalt zeigte sich laut „Bild“ überzeugt, dass das Verfahren bald eingestellt wird.
Unverständnis für Hausdurchsuchung bei Rechtsanwälten
Auch bei den Klagepaten gab es zu der Razzia der Behörden eine Sondersendung, dabei stand eigentlich eine Gesprächsrunde bezüglich der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig auf dem Programm. Aber dann überschlugen sich die Ereignisse, berichtet Tina Romdhani. Hausdurchsuchungen fanden bei der Rechtsanwältin der antragstellenden Kinder, dem Weimarer Richter Christian Dettmar und der Gutachterin Prof. Dr. Ulrike Kämmerer statt, die zugleich als Spitzenkandidatin für dieBasis antritt.
Das klingt so, als würde die Staatsmacht völlig entkoppelt vom höchstrichterlichen Urteil eigenmächtig agieren“, kritisiert Romdhani.
Der bekannte Rechtsanwalt Ralf Ludwig weist darauf hin, dass bereits im Vorfeld eine Durchsuchung bei dem Richter Dettmar stattgefunden hatte. Gegen ihn wurde wegen des Verdachts der Rechtsbeugung ermittelt, weil er im Rahmen eines Verfahrens zur Kindeswohlgefährdung zugunsten der betroffenen Kinder entschieden hatte und zudem die Schule anwies, Maskenpflicht, Corona-Tests und die Anordnung eines Mindestabstands aufzuheben. Dazu sei er nicht befugt gewesen, so lautete der damalige Vorwurf.
Durch den aktuellen Beschluss aus Leipzig steht nun fest, dass Richter Dettmar im Rahmen seiner Zuständigkeit entschieden hat, erklärt Ludwig weiter. Damit hätte auch der Rechtsbeugungsvorwurf eigentlich vom Tisch sein müssen. Aber jetzt, so der Jurist, soll bei elf Personen eine Hausdurchsuchung stattgefunden haben, ohne diese im Einzelnen zu benennen.
Ludwig vermutet, dass durch die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts der Druck auf das Justizministerium in Thüringen und auch die Staatsanwaltschaft, der er wiederum Rechtsbeugung vorwirft, gestiegen ist. „Im Prinzip versuchen sie jetzt alles Mögliche zu tun, um hier Dinge zu finden, um die Maßnahmen zu rechtfertigen.“
Hausdurchsuchung mit politischem Motiv?
Auch der Strafrechtler Ivan Künnemann zeigte im Gespräch mit Klagepaten seine Verwunderung über die Durchsuchungen. Auf ihn wirken diese „politisch motiviert“, zumal die Polizisten nach seinen Informationen zumindest bei einer Person aufgrund eines mündlichen Durchsuchungsbeschlusses tätig geworden seien. „Das ist schon sehr außergewöhnlich“, so Künnemann.
Der Rechtsanwalt Ralf Ludwig findet es auffällig, dass auch bei Spitzenkandidaten von dieBasis aufgrund von „an den Haaren herbeigezogenen Gründen“ Durchsuchungen stattgefunden haben. Sowohl dieBasis als auch die „Bürger für Thüringen“ seien zwei Parteien der neueren Art, die sich sehr deutlich für Demokratie, aktive Bürgerbeteiligungen und Volksabstimmungen einsetzen.
„Hier tauchen also Parteien im politischen Spektrum auf, die nicht nur innerhalb des politischen Spektrums sind, sondern, die die grundsätzliche Frage stellen, wer in diesem Land die eigentliche Entscheidungskompetenz haben soll.“
Wenn die Frage der Entscheidungskompetenz nicht mehr in einer „kleinen Hand von Politikern“ liege, sondern bei der Bevölkerung, könne das für die Politiker sehr „unangenehm“ werden, so Ludwig. Insoweit sei es nicht verwunderlich, dass man jetzt versuche, diese Parteien „kaputtzumachen“.
Sondersitzung Corona-Ausschuss
In der Sondersitzung des Corona-Ausschusses am 29. Juni berichtete Uli Masuth über die Durchsuchung. Der dieBasis-Spitzenkandidat ist mit seiner Frau zurzeit gar nicht zu Hause, sondern befindet sich in Slowenien im Urlaub. Am Morgen erfuhr das Paar per SMS von der Aktion der Behörden. Die Bekannte, die zu Hause die Blumen gegossen hatte, war von Polizei und Staatsanwaltschaft überrascht worden und hatte die beiden informiert.
Weil Masuths Frau mit dem Weimarer Richter gut befreundet ist, wurde ihr Rechner im Zuge der Ermittlungen mitgenommen. Aber auch das Macbook von Masuth selbst sowie alle Speicherdaten wurden einkassiert. „Sie wollten darüber hinaus noch in unser dieBasis-Auto“, erklärte der Künstler. Da die Bekannte aber keinen Schlüssel dazu hatte, konnten die Behörden dies nicht durchsuchen.
„Nun hat man schon mal eine Hausdurchsuchung und ist nicht dabei“, scherzt Masuth. „Das ist wirklich schade.“ Seine Frau findet es weniger witzig, sondern äußert sich besorgt darüber, dass offensichtlich eine Freundschaft mit jemandem ausreicht, um eine Hausdurchsuchung zu rechtfertigen. „Das schlägt dem Fass den Boden aus.“
Laptop weg, Handy weg
Laptop weg, Handy weg. Wenn die üblichen Geräte weggenommen wurden, ist man schon eingeschränkt, erklärt die Immunologin Ulrike Kämmerer vor dem Corona-Ausschuss. Sogar ihr nagelneues Handy wurde mitgenommen, dabei hatte sie es erst von ihrem Bruder geschenkt bekommen. Die Professorin wurde von den drei Beamten überrascht, als sie gerade zur Arbeit radeln wollte. Auf die Frage, was man denn bei ihr suchen würde, erhielt sie keine klare Antwort.
Bei Kämmerer wurden gleichzeitig die Privatwohnung und das Büro in der Klinik durchsucht. Da sie nicht gleichzeitig an beiden Orten gleichzeitig sein kann und zusätzlich im Personalrat der Klinik ist, bat sie darum, dass die Polizisten mit der Durchsuchung des Büros warten, bis die Ermittlungen in der Wohnung abgeschlossen sind. Danach habe sich Kämmerer direkt zur Klinik begeben, das bedeutet eine Stunde Fahrradfahren.
Im Büro fand sie dann eine Liste beschlagnahmter Gegenstände vor, die ihre „völlig verstörte Mitarbeiterin“ unterschrieben hatte. Was überhaupt mitgenommen wurde, konnte diese jedoch nicht sagen, weil sie zur Durchsuchungszeit im Labor gearbeitet hatte. Später kamen die Beamten nochmals zurück, um das E-Mail-Laufwerk vom Klinikum zu spiegeln, wobei es sich auch um durchaus sensible Daten handelte, kritisiert Kämmerer.
Warum die Immunologin nicht zu einer Zeugenaussage, wie es eigentlich üblich ist, aufs Polizeirevier gebeten wurde und stattdessen die Durchsuchungen über sich ergehen lassen musste, kann sie nicht verstehen.
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