Nach BGH-Revision: Drei Jahre und zehn Monate Haft für Raserei mit zwei Verletzten in Berlin

Das Landgericht Berlin hat einen Raser in einem Revisionsprozess wegen fahrlässiger Körperverletzung zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Ein vorherige Verurteilung wegen versuchten Mordes war vom BGH aufgehoben worden.
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Eingang des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe.Foto: Getty Images | AFP | Thomas Lohnes
Epoch Times6. November 2020

Das Landgericht Berlin hat einen Raser in einem Revisionsprozess wegen fahrlässiger Körperverletzung zu drei Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt. Djordje S. war zunächst im September 2018 wegen versuchten Mordes an einer Mutter und ihrem Kind zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Der inzwischen 35-Jährige ging gegen das Urteil vor, der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hob es im Oktober 2019 vollständig auf.

Das neue Urteil des Landgerichts Berlin sieht neben der Haftstrafe die anschließende Unterbringung in einer Entziehungsanstalt vor, zudem wird dem Verurteilten für fünf Jahre die Fahrerlaubnis entzogen. Neben fahrlässiger Körperverletzung wurde S. wegen tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, vorsätzlicher Trunkenheit und Unfallflucht verurteilt.

Betrunken Mutter und achtjähriges Kind überfahren

Auf der Flucht vor der Polizei soll S. im September 2017 betrunken durch Berlin-Kreuzberg gerast sein. Dabei soll er im morgendlichen Berufsverkehr eine Mutter und ihr heute achtjähriges Kind erfasst haben. Beide sollen über die Motorhaube etwa zehn bis 15 Meter durch die Luft geschleudert worden sein.

Das Berliner Landgericht hatte S. im September 2018 zu 13 Jahren Haft verurteilt und war damit anderthalb Jahre über die Forderung der Staatsanwaltschaft hinausgegangen. Dieses Urteil kassierte der BGH jedoch. In seiner neuen Entscheidung kam das Berliner Gericht nun „zu grundlegend anderen Feststellungen“ als noch in dem ersten Verfahren.

Von 13 Jahren auf knapp vier Jahre Freiheitsentzug nach Revision

„Es mag fassungslos machen, dass aus 13 Jahren nun nur knapp vier Jahre Freiheitsstrafe werden“, sagte der Vorsitzende Richter zur Urteilsbegründung. In der Frage, ob ein Tötungsvorsatz vorliege, habe man unparteiisch Recht und Gesetz angewendet. „Summa summarum können wir nicht ausschließen, dass der Angeklagte die Kreuzung überquerte, in der Annahme es komme kein Fußgänger“. Unter diesen Umständen könne nicht von einem Tötungsvorsatz ausgegangen werden.

Für die Angehörigen der Opfer ist die Entscheidung ein „Skandal“. Der Onkel der schwer verletzten Mutter, Mikail Akil, bezeichnete die Urteilsbegründung als „lächerlich“. „Wir sind schockiert, das haben wir nicht erwartet“, sagte der 42-Jährige nach der Urteilsverkündung. „Dieser Mensch wollte Menschen töten“. Die Familie plane, in die nächste Instanz zu gehen.

BGH: Unfallgeschehen „in wesentlichen Punkten lückenhaft“

In ihrer Entscheidung, das ursprüngliche Mordurteil zu kippen, befanden die Karlsruher Richter, die Feststellungen zum Unfallgeschehen seien „in wesentlichen Punkten lückenhaft“. Beispielsweise seien „die für die Annahme vorsätzlichen Handelns wesentlichen Sichtverhältnisse“ für den Angeklagten an der Unfallstelle nicht nachvollziehbar festgestellt und belegt. Auch seien die Berliner Urteilsgründe widersprüchlich in der Frage, ob S. Passanten auf der Straße tatsächlich wahrgenommen habe.

Der BGH bemängelte außerdem, die festgestellte Geschwindigkeit des Mannes von mindestens 75 Kilometern pro Stunde im Stadtgebiet sei „nicht tragfähig begründet“. Das Berliner Landgericht hatte in seinem Urteil außerdem angegeben, S. habe kurz vor der Unfallstelle beschleunigt. Dafür fehle „jeglicher Beleg“, befanden jedoch die Karlsruher Richter.

Immer häufiger Fälle von Raserei in Deutschland

Raserfälle beschäftigen die Gerichte in Deutschland immer wieder. Im Juni bestätigte der BGH das Mordurteil gegen einen Berliner Raser, der bei einem illegalen Rennen am Kurfürstendamm einen tödlichen Unfall verursacht hatte. Das Mordurteil gegen den zweiten Ku’damm-Raser hob der BGH dagegen auf. Über seinen Fall muss deshalb ein drittes Mal verhandelt werden. Jeweils im Einzelfall muss bei solchen Raserfällen vor allem entschieden werden, ob es sich um fahrlässige Tötung oder doch um Mord handelt. (afp)



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