32 Jahre Tian’anmen-Massaker: Unterdrückung der Wahrheit hat die Forderungen nach Gerechtigkeit verstärkt

Die Welt erinnert sich an ein Massaker, dass die Welt erschüttert und sich vor 32 Jahren in Peking ereignet hat. Laut Geheimdokumenten wurden am 4. Juni 1989 über 10.000 Menschen von der KP Chinas getötet. Heute wird der Opfer gedacht.
Titelbild
Bilder des Viktoria-Parks in Hongkong zum Gedenken an das Massaker in Peking.Foto: Getty Images
Von 4. Juni 2021

Am 3. und 4. Juni 1989 befahl die Führung des kommunistischen Regimes in China ihren Truppen, das Feuer auf die Demonstranten auf dem Platz des Himmlischen Friedens zu eröffnen.

Die friedlichen Proteste waren da schon wochenlang im Gange und wurden hauptsächlich von Studenten angeführt. Die Aktivisten setzten sich für mehr Freiheiten, wirtschaftliche und demokratische Reformen und andere Veränderungen ein.

Das KP-Regime hatte die jungen Menschen im Land aufgefordert, Kritik an der Partei zu äußern, was sie auch taten. Doch die Führung der KPC stellte den Studenten eine Falle und schlug die Demonstration mit eiserner Faust nieder. Die Partei ließ Panzer in Peking auffahren und unbewaffnete, junge Studenten und Aktivisten von der Polizei töten.

Tage später gab die KP Chinas eine Zahl von etwa 300 Toten bekannt, die meisten von ihnen Soldaten. Zeugen sagen jedoch, dass Tausende unschuldige und unbewaffnete Menschen an diesen Tagen ihr Leben verloren. Veröffentlichte britische und amerikanische Dokumente bestätigen, dass mindestens 10.000 Menschen auf den Befehl der KP Chinas getötet wurden.

US-Außenminister Antony Blinken hatte mit Blick auf den Jahrestag erklärt, sein Land werde „die Opfer derjenigen ehren, die vor 32 Jahren getötet wurden“. Blinken lobte „die mutigen Aktivisten, die ihre Bemühungen heute angesichts der anhaltenden Repressionen der Regierung fortsetzen“.

Gedenken verboten

Die Vorfälle von 1989 sind in China bis heute ein Tabu, alle Gedenkveranstaltungen auf dem chinesischen Festland sind verboten. Die Behörden sind wie in den vergangenen Jahren in den Wochen vor dem Jahrestag in ganz China in höchster Alarmbereitschaft, um Gedenkfeiern an das Massaker zuvorzukommen. 

So haben sie beispielsweise die Bewegung und Kommunikation von Mitgliedern der „Tiananmen Mothers“, einer Gruppe von Angehörigen der Opfer des Tian’anmen-Massakers, überwacht und schließlich stark eingeschränkt.

„Chinesische Behörden haben auch versucht, Gedenkveranstaltungen außerhalb des Landes zu unterbinden“, so die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch. Im Juni 2020 etwa wurde eine Online-Gedenkveranstaltungen zum Tian’anmen-Massaker auf Zoom auf Bitten chinesischer Behörden vom Streambetreiber unterbunden. Zudem wurden Zoom-Konten von Aktivisten außerhalb Chinas gesperrt. Nachdem der Vorfall bekannt wurde, entschuldigte sich Zoom für die Beeinträchtigung von Nutzern außerhalb Chinas, aber nicht für die Zensur von Nutzern in China.

„Das chinesische Regime sollte die Verantwortung für das Massaker an pro-demokratischen Demonstranten im Juni 1989 anerkennen und übernehmen“, so das Statement von Human Rights Watch. Sie fordern die sofortige Zulassung von Gedenkfeiern zu diesem Anlass auf dem chinesischen Festland, in Hongkong und Macau. Die Kommunistische Partei Chinas solle „aufhören, Diskussionen über die Niederschlagung zu zensieren“, so die Gruppe.

In Hongkong verboten die Behörden zum zweiten Mal in Folge die jährliche Mahnwache zum Gedenken an das Massaker. Sie beriefen sich dabei auf COVID-19-Beschränkungen, obwohl die Stadt die Pandemie gut im Griff habe, schreibt Human Rights Watch. 

Verhaftungen in Hongkong

Am 31. Mai 2021 verhaftete die Polizei eine als „Oma Wong“ bekannte Aktivistin wegen „nicht genehmigter Versammlung“. Die 65-Jährige hatte ganz alleine gegen das Massaker protestiert.

Die Polizei in Hongkong hat am Freitag, 4. Juni, die prominente pro-demokratische Aktivistin Chow Hang Tung verhaftet, weil sie angeblich zu einer nicht genehmigten Versammlung am 32. Jahrestag des Massakers aufgerufen hat. Nachdem das Verbot der Versammlung am 1. Juni verkündet wurde, hatte Chow die Menschen ermutigt, „dem Ereignis privat zu gedenken und eine Kerze anzuzünden wo auch immer [sie sind]“.

„Sie [Chow] wollte nur in den Victoria Park gehen, eine Kerze anzünden und gedenken“, sagte Chiu Yan Loy, Exekutivmitglied des Bündnisses, gegenüber „Reuters“. Er glaube, dass die Verhaftung dazu gedacht war, diejenigen in Angst und Schrecken zu versetzen, die an der Mahnwache teilnehmen wollten.

Rechtsanwältin Chow, die von vier Beamten vor ihrem Büro festgehalten wurde, sagte gegenüber „Reuters“, dass der 4. Juni ein Test für Hongkong sei, „ob wir unsere Grundlinie der Moral verteidigen können. Solange sie nicht sagen, dass Kerzen illegal sind, werden wir eine Kerze anzünden“, sagte sie.

Kerzen anzünden – egal wo

„Das Verbot der Kerzenmahnwache in Hongkong spricht Bände über die Menschenrechtsbilanz der chinesischen Regierung, dass sie 32 Jahre nach dem Tian’anmen-Massaker die Unterdrückung nur vertieft hat“, sagte Yaqiu Wang, China-Forscher bei Human Rights Watch. 

Aber die Unterdrückung der Wahrheit hat nur die Forderungen nach Gerechtigkeit und Verantwortlichkeit verstärkt.“ 

Die Aktivisten verzichteten wegen des Versammlungsverbots auf die seit drei Jahrzehnten stattfindende Gedenkveranstaltung. Sie riefen stattdessen die Menschen auf, am Freitagabend zum Gedenken Kerzen in ihren Wohnungen anzuzünden und mit Botschaften in den Online-Netzwerken an die Niederschlagung der Tian’anmen-Proteste zu erinnern.

Doch auch auf den chinesischen Online-Plattformen WeChat und Weibo wurden die Nutzer gehindert, das Kerzen-Symbol zu posten. Die Suche nach „64“, das für den 4. Juni und damit für das Datum der Niederschlagung steht, wurde auf Weibo blockiert.

In Macau verbot die Polizei die Mahnwache ebenfalls zum zweiten Mal mit der Begründung, dass der Zweck und die Slogans der Veranstaltung gegen die lokalen Strafgesetze verstießen – einschließlich Anstiftung zum Umsturz und Verleumdung. Im Jahr 2020 führten die Behörden als Grund für das Verbot der Mahnwache lediglich Bedenken bezüglich der Pandemie an.



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