„Ausverkauf“ der chinesischen Katholiken: „Der Vatikan macht einen Deal mit dem Teufel“

Der Vatikan will die diplomatischen Beziehungen mit Peking wieder aufnehmen. Dafür ist der Kirchenstaat bereit, die Bischöfe der kommunistischen Staatskirche anzuerkennen. Darin sehen Kritiker einen "moralischer Verrat an gläubigen Katholiken".
Titelbild
Papst Franziskus.Foto: Franco Origlia/Getty Images
Von und 7. März 2018

Der Vatikan will seine diplomatischen Beziehungen zur Volksrepublik China wieder aufnehmen. Deshalb erklärte sich der Kirchenstaat Anfang Februar dazu bereit, sieben Bischöfe der sogenannten „Katholisch-Patriotischen Vereinigung“ (KPV) – die den Papst nicht als Autorität akzeptiert – anzuerkennen.

Die Bischöfe waren mit Exkommunizierung – dem Ausschuss aus der Kirche – bestraft worden, weil sie gegen den Willen des Papstes ihre Ernennungen durch die Staatskirche angenommen hatten. Die EPOCH TIMES berichtete.

Ende Dezember besuchte eine Delegation des Vatikans China und erklärte sich bereit, zwei Bischöfe der Untergrundkirche durch Vertreter der Staatskirche zu ersetzen.

Der Kirchenstaat habe außerdem die Forderung des chinesischen Regimes akzeptiert, Vertreter der Staatskirche als Bischöfe anzuerkennen. Ein Abkommen könnte innerhalb weniger Monate unterzeichnet werden, meinte eine Quelle des Vatikans zu „Reuters“.

Einknicken des Vatikans ist ein „Ausverkauf“ der chinesischen Katholiken

Der Schritt ist eine verblüffende Umkehrung der jahrzehntelangen Haltung des Vatikans zu diesem Thema und hat zu einer weltweiten Kritik an der Führung von Papst Franziskus geführt. Kritiker weisen darauf hin, dass ein Verzicht auf das Recht, Bischöfe zu ernennen, den Vatikan formell jeder moralischen und faktischen Führung über chinesische Katholiken berauben würde.

Außerdem sei das Einknicken des Vatikans vor dem kommunistischen Regime ein „Ausverkauf“ der Katholiken der chinesischen Untergrundkirche, so die Kritiker. Knapp die Hälfte der schätzungsweise mehr als zehn Millionen Katholiken in China entzieht sich der staatlichen Kontrolle und steht loyal zum Papst, wofür viele auch verfolgt werden. Die Bischöfe der Untergrundkirche werden von Rom, aber nicht von Peking anerkannt.

Christen der Untergrundkirche bereiten sich auf die Messe am Palmsonntag vor. 9. April 2017, Shijiazhuang, China. Foto: Kevin Frayer/Getty Images

„Der Vatikan macht einen Deal mit dem Teufel“

Der weltbekannte chinesische Dissident und Menschenrechtsanwalt Chen Guangcheng ging sogar weiter: Der Schritt des Heiligen Stuhls sei ein „moralischer Verrat an gläubigen Katholiken“ weltweit, schrieb er in seinem Artikel mit dem Titel „Der Vatikan macht einen Deal mit dem Teufel“.

Der Deal des Vatikans ist dem Ausverkauf des Hauses Gottes an den Teufel gleich“, so Chen in seinem Gastartikel, der am 20. Februar auf „Radio Free Asia“ veröffentlicht wurde.

Der Vatikan unter Papst Franziskus sei naiv, weil er sich an das chinesische Regime verkaufe und einem Geschäft zustimme, das nur der KPCh nutze, so Chen.

„Hat der Vatikan nicht verstanden, dass in China alles dem Willen der Kommunistischen Partei Chinas unterworfen ist?“ fragte der Dissident in seinem Artikel.

Warum brach der Vatikan 1951 die Beziehungen zu China ab? Es war genau deshalb, weil die Kommunistische Partei darauf bestand, dass sie alles kontrollieren muss, einschließlich Gott“, so der Menschenrechtsanwalt.

Der chinesische Dissident und Menschenrechtsanwalt Chen Guangcheng am 25. Juni 2013. Foto: Ashley Pon/Getty Images

Seit 1951 liegen die diplomatischen Beziehung zwischen dem Vatikan und China auf Eis

Der Vatikan und die Volksrepublik China unterhalten seit 1951 keine diplomatischen Beziehungen mehr. Der Grund ist, dass die KPCh seit ihrer Machübernahme darauf bestand, alle Bischöfe der römisch-katholischen Kirche auf dem chinesischen Festland selbst zu ernennen, um Kontrolle über die Kirche zu haben. Dafür gründete die KPCh die „Katholisch-Patriotische Vereinigung“ (KPV) – angeblich, um Katholiken in China zu vertreten.

Unter allen früheren Päpsten hatte der Vatikan einen Kompromiss mit der KPCh stets abgelehnt und sich geweigert, Bischöfe, die von der KPV einseitig „ernannt“ wurden, anzuerkennen. Die Weihung eines Bischofs darf nur im Auftrag des Papstes erfolgen und gilt als Kernstück der Lehre der katholischen Kirche.

Chinesische Staatsmedien verteidigen Vatikan-Entscheidung

Während die Entscheidung des Vatikans weltweit auf Kritik stieß, konnte der Kirchenstaat einen Unterstützer für sich verbuchen – die staatlichen Medien der KPCh.

Peking und der Vatikan werden früher oder später diplomatische Beziehungen aufnehmen […] Papst Franziskus genießt in der chinesischen Öffentlichkeit ein positives Image“, heißt es in einem Artikel der staatlichen „Global Times“ (GT) vom 6. Februar.

Die Zeitung ist eine Schwesterpublikation der staatlichen „People’s Daily“. Sie ist offiziell zwar nicht das Sprachrohr der KPCh, gilt aber als Boulevardblatt für die Propaganda der kommunistischen Führung.

Außerdem warnte die Zeitung vor „internationalen Kräften“, die versuchen könnten, „den Verhandlungsprozess zu sabotieren, indem Gerüchte gestreut werden, die den Beziehungen zwischen China und dem Vatikan abträglich sind.“

Vor allem seien es aber die „amerikanischen Katholiken“, die einen Bürgerkrieg gegen den Papst innerhalb der Kirche führen würden, so die GT weiter. In dem Artikel wird auch der Theologieprofessor Massimo Faggioli zitiert: Die „Kritik aus den USA“ an Franziskus betreffe nicht wirklich China, sondern sei „ein Instrument der theologischen Opposition gegen den Rest von Franziskus’ Pontifikat“.

Es gibt jedoch wenige Hinweise darauf, dass die überwiegend negativen Medienberichte und die Kritik an Franziskus‘ Umgang mit China durch eine Reihe anderer Streitigkeiten innerhalb der katholischen Kirche motiviert sind.

Die lautesten Stimmen gegen den Deal kamen von chinesischen Katholiken in Hongkong und anderswo, wie dem Kardinal Joseph Zen. Zu den Kritikern gehören auch viele langjährige China-Beobachter, die die Missachtung der Religionsfreiheit und der Menschenrechte durch die kommunistische Führung verurteilen.

Erzbischof: Kommunistische Partei setzt Lehren der Kirche am besten um

Doch zurück zu dem Artikel des Dissidenten Chen: In seinem Text erwähnte er die Äußerungen des Erzbischofs Marcelo Sánchez Sorondo, dem Leiter der Päpstlichen Akademie für Sozialwissenschaften im Vatikan.

Dieser hatte die KPCh in einem Interview Anfang Februar gelobt und gemeint, dass das chinesische Regime die Lehren der Kirche in sozialen Fragen heute wahrscheinlich am besten umsetze – vor allem, was den Umweltschutz und die Menschenwürde anbelangt.

„Tun sie so, als wären sie naiv, oder sind sie wirklich so naiv?“, fragte der Menschenrechtsanwalt daraufhin.

Versuchen sie wirklich, die katholische Kirche, die eine Milliarde Anhänger hat, dazu zu bringen, einen Deal mit der christenfeindlichen und antichristlichen Kommunistischen Partei Chinas zu machen?“

Chen: Sorondo ignoriert Organraub an lebenden Menschen – „mehr als ekelerregend“

Chen wies auch darauf hin, dass Sorondo – ein enger Verfechter des Deals von Papst Franziskus mit der chinesischen Führung – im August 2017 an einer umstrittenen Konferenz über Organhandel in Peking teilnahm. Dort machte er kontroverse Bemerkungen, in denen er die KPCh und Chinas Organspendesystem lobte.

„Sorondos absichtliche Ignoranz ist mehr als ekelerregend“, sagte Chen und wies darauf hin, dass das chinesische Regime für den gut dokumentierten Organraub an lebenden Falun-Gong-Praktizierenden und anderen Opfern noch nicht zur Rechenschaft gezogen worden ist.

Indem der Vatikan einen Deal mit dem Teufel – also der Kommunistischen Partei Chinas – macht, wird er sich nur selbst demütigen und die Kirche Gottes, die er angeblich repräsentiert, beflecken“, so Chen.

Chens Kampf gegen Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen in China

Chen ist ein chinesischer Menschenrechtsanwalt, der sich gegen die „Ein-Kind-Politik“ der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) einsetzte. Er beriet Dorfbewohner seines Heimatdorfes in der Provinz Shandong juristisch, die sich gegen Zwangssterilisationen und Zwangsabtreibungen wehren wollten. 2006 wurde er in einem Schauprozess zu vier Jahren und drei Monaten Haft verurteilt, wie wir 2008 berichteten. Ab 2010 stand er unter Hausarrest.

2012 erregte er internationale Aufmerksamkeit, als er als Blinder aus seinem Hausarrest entkam und sich bis zur US-Botschaft in Peking durchschlug. Seitdem lebt er in den USA und tritt weiterhin für Menschenrechte in seinem Heimatland ein und kritisiert vehement die kommunistische Führung.

Chen ist jetzt ein Senior Fellow am konservativen „Witherspoon Institute“ und ein angesehener Gast am Institut für Politikforschung und katholische Studien der „Catholic University of America“.

Mehr dazu:

Rücktritt von Papst Benedikt: Waren Hillary Clinton, Obama und George Soros darin verstrickt?



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