Bericht bestätigt: Peking lässt Zehntausende Bürger „verschwinden“

Mindestens 20 Menschen pro Tag „verschwinden“ durch das chinesische kommunistische Regime, so ein kürzlich veröffentlichter Bericht der Menschenrechtsgruppe „Safeguard Defenders“. „Dies ist eine staatlich sanktionierte Massenentführung“, so der Bericht.
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Ein Polizist patrouilliert auf dem Platz des Himmlischen Friedens vor der Abschlusssitzung des Nationalen Volkskongresses in der angrenzenden Großen Halle des Volkes in Peking am 28. Mai 2020.Foto: Nicolas Asfouri/AFP über Getty Images
Von 8. September 2020

Zehntausende Bürger werden von den chinesischen Behörden ohne Gerichtsbeschluss gefangen genommen und an geheime Orte gebracht, wo sie bis zu einem halben Jahr ohne Kontakt zur Außenwelt und in Isolation festgehalten werden. Den Inhaftierten werde der Zugang zu einem Anwalt und der Familienbesuch verweigert – Folter sei an der Tagesordnung, heißt es in einem am 30. August veröffentlichten Bericht.

Chinesische Polizei verfügt über „beispiellose Macht über ihre Opfer“

Dieses System, das 2013 legalisiert wurde und offiziell als „Überwachung von Wohngebäuden an einem bestimmten Ort“ bekannt ist, erlaubt es der chinesischen Polizei, ohne Aufsicht zu operieren. Die chinesische Polizei wird mit „beispielloser Macht über ihre Opfer“ ausgestattet, sagte Peter Dahlin, Direktor der in Madrid ansässigen gemeinnützigen Organisation.

„Wenn die Polizei es wollte, kann sie dir am ersten Tag jeden Knochen im Körper brechen, sechs Monate lang heilen lassen und dann freilassen – und niemand würde es je erfahren“, schrieb Dahlin der Epoch Times in einer E-Mail.

Auf der Grundlage von Daten über Gerichtsurteile, welche in der Datenbank des Obersten Gerichtshofs Chinas veröffentlicht wurden, schätzten die Herausgeber des Berichtes, dass zwischen 2013 und Ende 2019 zwischen 28.000 und 29.000 Menschen im System untergebracht wurden. Die tatsächliche Zahl dürfte jedoch weitaus höher liegen, da diese Zahl nicht diejenigen einschließt, die entlassen wurden, bevor es zu einem Prozess kommen konnte.

„Dies ist eine staatlich sanktionierte Massenentführung“

„Dies ist eine staatlich sanktionierte Massenentführung“, schrieb die gemeinnützige Organisation in einer Erklärung. Der „weit verbreitete und systematische Gebrauch“ des Regimes von gewaltsamen Entführungen, die an den Methoden der südamerikanischen Diktaturen in den 1960er und 1970er Jahren erinnern, könnte ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit nach internationalem Recht darstellen, so der Bericht abschließend.

Dahlin schrieb, das System werde oft gegen hochrangige Ziele wie Anwälte, Mitarbeiter von NGOs, Journalisten und Ausländer eingesetzt, die im Rahmen der „Geiseldiplomatie“ des Regimes gefangen genommen wurden. Diese Opfer sind über einen längeren Zeitraum eingesperrt und werden freigelassen, ohne dass es in ihrem Fall zu einer Anklage oder einem Prozess kommt, so die Menschenrechtsgruppe.

Letzte Woche gab die australische Regierung bekannt, dass Cheng Lei, eine eingebürgerte australische Staatsbürgerin, die in China geboren ist, im August durch das System „Überwachung von Wohngebäuden an einem bestimmten Ort“ inhaftiert wurde. Der Grund für die Inhaftierung ist unbekannt, und es wurde keine Anklage erhoben.

Die Verschwundenen erleiden Folter

Auf der Grundlage von Interviews mit chinesischen Opfern des Systems stellte die Gruppe fest, dass eine beträchtliche Anzahl an Betroffenen über physische Folter berichtete, und alle sprachen über psychologische Folter.

„Wenn man einmal drinnen ist, lebt man sein Leben in einer kleinen Zelle, und die Opfer sprechen davon, monatelang kein Tageslicht zu sehen, und die Lampen im Raum sind immer eingeschaltet“, sagte Dahlin.

Sie müssen ununterbrochen an die Wand starren, „die einzigen Pausen sind die Verhörsitzungen, welche oft in einem anderen Raum in der Nähe der Zelle stattfinden, meistens nachts“, damit sie nicht durchschlafen können.

Dahlin schilderte in seiner E-Mail an die Epoch Times, dass die meisten Opfer, die später in Haftanstalten oder Gefängnissen inhaftiert wurden, diese Zeit als „viel härter, viel härter, als alles andere“ beschrieben.

Die Inhaftierung in diesen Einrichtungen stellt die Anwendung von Folter dar und verstößt gegen das Übereinkommen der Vereinten Nationen gegen Folter, das Peking ebenso unterzeichnet hatte, so Dahlin.

„Der Bericht kommt zu dem Schluss, dass die durchschnittliche Dauer der Haft auf den systematischen und weit verbreiteten Einsatz von Folter hinweist“, steht im Bericht.

Anwalt Gao Zhisheng wird seit drei Jahren vermisst

Der Fall des prominenten chinesischen Menschenrechtsanwalts Gao Zhisheng zeigt, wie das Regime das „Verschwinden“ nutzt, um seine Kritiker zu bestrafen.

Gao hat als Anwalt Bürger verteidigt, die sich religiöser Verfolgung ausgesetzt sahen, wie zum Beispiel Falun-Gong-Praktizierende und Haus-Christen, sowie diejenigen, deren Eigentum vom Regime illegal beschlagnahmt wurde. Seit 2006 ist der Anwalt wiederholt verschwunden, gefoltert und inhaftiert worden. Gao wird seit mehr als drei Jahren vermisst.

Gaos Frau, Geng He ist 2009 mit ihren Kindern in die Vereinigten Staaten geflohen. Sie erzählte der Epoch Times, dass Gaos Bruder häufig die örtliche Polizeistation in der Stadt Yilin in der nordwestchinesischen Provinz Shaanxi besucht, um nach Gaos Verbleib zu fragen.

„In einem Moment sagen sie ihm, dass [Gao] in Peking ist und um Anweisungen von höheren Stellen bitten muss. Im nächsten Moment sagen sie, dass er in Yulin ist und dass sie auch nicht genau wissen, wo er ist“, sagte Geng. Geng hat die internationale Gemeinschaft um Hilfe bei der Suche nach ihrem Ehemann ersucht.

„Jeden Tag mache ich mir Sorgen“, sagte die Frau des verschwundenen Anwalts. „Sobald ich aufhöre zu arbeiten, denke ich sofort an ihn. Plötzlich kommt es mir in den Sinn, und dann rufe ich seinen älteren Bruder an, aber es gibt immer noch keine Neuigkeiten.“

Der Originalartikel erschien in The Epoch Times USA (deutsche Bearbeitung von sza)
Originalfassung: China Has ‘Disappeared’ Tens of Thousands Under System of ‘State-Sanctioned Kidnapping’: Report



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