China: Gefängnisstrafe von vier Ärzten wegen illegaler Organentnahmen – Organraub

Ein Strafprozess, bei dem es um eine nicht genehmigte Organbeschaffungsoperation in einem nicht lizenzierten Krankenwagen in China ging, wirft Licht auf die anhaltenden Vorwürfe, dass China staatlich organisierten Organraub an politischen Gefangenen durchführe.
Titelbild
Nachstellung des illegalen Organhandels in China. (JIM WATSON/AFP via Getty Images)
Von 15. Mai 2021

Ein Rechtsfall über illegalen Organhandel, der im April vor das oberste Gericht einer chinesischen Provinz gekommen ist, sorgt in chinesischen Medien für Aufsehen.

Am 19. April 2021 berichteten die chinesischen Nachrichtenportale Tencent und NetEase, dass ein Arzt gegen seine Gefängnisstrafe Berufung beim obersten Gericht der Provinz Anhui eingelegt habe. Der Arzt ist zusammen mit drei anderen chinesischen Ärzten wegen illegaler Organentnahmen im Juli letzten Jahres verurteilt worden. Die festgesetzten Haftstrafen liegen zwischen 12 und 28 Monaten.

Die Ärzte wurden schuldig gesprochen, weil Sie daran beteiligt waren, unerlaubt die Leber und zwei Nieren von der Krankenhauspatientin Li Peng nach ihrem Tod entnommen zu haben. Die Vorwürfe wurden erhoben nachdem Lis Sohn, Shi Xianglin, die Behörden darüber informierte, dass die Transplantationen der Organe seiner Mutter nicht in der offiziellen Transplantations-Datenbank in China aufgeführt waren.

Die Medien sagten, Shi habe Verdacht geschöpft, nachdem er herausfand, dass seinem Cousin Shi Zijun, zwei Tage nachdem die Organe seiner Mutter transplantiert wurden, 200.000 Yuan (etwa 25.700 Euro) bezahlt wurden. Laut chinesischen Behörden bekommen Organspender in China kein Geld für die Organspende.

Das Geld wurde Medienberichten zufolge von dem lokalen Geschäftsmann Huang Chaoyang bezahlt, der im letzten Jahr wegen seiner Beteiligung an nicht autorisierten Organentnahmen auch zu 10 Monaten Gefängnis verurteilt wurde.

Die vier Ärzte, die Berufung gegen das Urteil eingelegt haben, argumentierten, dass ihre Taten vom Staat befürwortet worden seien und dass sie einfach nur Befehle ihrer Krankenhaus-Vorgesetzten ausführten.

Dieser Fall wurde von den staatlichen Medien berichtet und nicht zensiert. Allerdings wurde in den Berichten nichts über den staatlich organisierten Organraub erwähnt. Dieser werde laut dem Untersuchungsbericht eines in London ansässigen Volkstribunals in großem Ausmaß an politischen Gefangenen in China durchgeführt.

Chinas Staatsmedien zufolge wurde Lis Leber in einem Militärkrankenhaus für eine Transplantation verwendet und ihre beiden Nieren gingen an ein Krankenhaus in der Nähe von Tianjin. Beide Krankenhäuser wurden von einer in den USA ansässigen Non-Profit-Organisation als in Verdacht stehend eingestuft, Organraub an politischen Gefangenen durchzuführen.

Illegale Organentnahmen 

Li Peng, eine 53-jährige Frau im Landkreis Huaiyuan in Chinas östlicher Provinz Anhui, starb am 15. Februar 2018 im Volkskrankenhaus im Landkreis Huaiyuan. Vier Tage vor ihrem Tod, wurde sie schnell auf die Intensiv-Station gebracht, nachdem sie laut Staatsmedien durch einen Angriff mit der Axt von ihrem Stiefsohn verletzt wurde.

Am 12. Februar 2018, nachdem sie einen Tag auf der Intensivstation verbracht hatte, wurde festgestellt, dass sie sich in einem kritischen Zustand befand. Es konnte jeden Moment ein Lungenversagen eintreten.

Yang, ein stellvertretender Chefarzt und Leiter der Intensivstation des Krankenhauses, kümmerte sich um Li, als sie auf die Station kam.

Berichten eines lokalen Medienunternehmens zu Folge war es Yang, der Lis Ehemann und Tochter dazu überredete, eine freiwillige Organspende-Erklärung zu unterschreiben. Zuvor wurde ihnen versprochen, dass sie dafür bezahlt werden würden.

Zuerst versprach Yang, dass der Familie 160.000 Yuan (ca. 20.059 Euro) bezahlt werden würde. Nach Forderungen von Lis Neffen, Shi Zijun, erhöhte er die Bezahlung dann aber auf 200.000 Yuan. Lis Ehemann und Tochter unterzeichneten laut dem Medienunternehmen die Erklärung am 14. Februar 2018, einen Tag vor Lis Tod.

Nachdem er die Zustimmung der Familie erhalten hatte, rief Yang bezüglich der Organentnahme Huang Xinli an, der in einem Krankenhaus in der nahegelegenen Stadt Nanjing arbeitete. Huang traf laut lokalen Medien die Entscheidung, dass die Organe von Li für eine Organtransplantation geeignet wären

Zu dieser Zeit war Huang Chefarzt am Nanjing Drum Tower Hospital, das der medizinischen Fakultät der Universität Nanjing angegliedert ist. Zuvor hatte Huang am Volkskrankenhaus in Jiangsu gearbeitet – einem staatlichen Krankenhaus in der Provinzhauptstadt Nanjing.

Nach Angaben staatlicher Medien arrangierte Huang, dass sein ehemaliger Kollege Lu Shen und ein weiterer Arzt, Wang Hailang, die Organe von Li in einem Krankenwagen entnahmen. Lu war der Chefarzt der hepatobiliären und pankreatischen Chirurgie am Volkskrankenhaus in Jiangsu. Wang war ein Arzt für Stomatologie am Huaibei Miners General Hospital der Provinz Anhui.

Die Organe von Li wurden sofort nach ihrem Tod entnommen. Es war jedoch unklar, wo der Krankenwagen geparkt hatte, als die Operation stattfand.

Der nicht lizenzierte Krankenwagen gehörte Ou Yang. Dieser erhielt im selben Prozess wie der Geschäftsmann Huang Chaoyang und die vier Ärzte eine Strafe von einem Jahr und einem Monat.

Laut Chinas Staatsmedien hatte Ou den Krankenwagen im Jahr 2015 von einem staatlichen Gesundheitszentrum der Stadt Suzhou in Anhui gekauft. Seitdem hatte er ein neues Nummernschild für den Krankenwagen besorgt und begann, das Fahrzeug für den Transport von Patienten aus Gebieten in der Nähe lokaler Krankenhäuser zu nutzen.

Bei dem Verfahren bei einem lokalen Gericht in der Provinz Anhui im Juli wurden alle vier Ärzte wegen des Verbrechens der vorsätzlichen Zerstörung einer Leiche verurteilt.

Lu wurde nur für die Entnahme von Organen von Li für schuldig befunden. Die anderen drei Ärzte hingegen wurden dafür schuldig gesprochen, zwischen 2017 und 2019 an 10 anderen Personen im Kreis Huaiyuan unerlaubte Organentnahmeoperationen durchgeführt zu haben. 

Details über diese 10 Personen sind nicht bekannt. Es wurde aber festgestellt, dass Huang der Hauptchirurg hinter diesen Beschaffungsoperationen war. Ou, der Besitzer des nicht lizenzierten Krankenwagens, war ebenfalls an der illegalen Entnahme von Organen bei 7 der 10 Personen beteiligt.

Lu wurde zu einem Jahr Gefängnis verurteilt. Huang, Yang und Wang zu zwei Jahren und vier Monaten, zwei Jahren und zwei Monaten beziehungsweise zwei Jahren Gefängnis verurteilt wurden.

Die vier Ärzte legten Berufung bei einem Zwischengericht in Bengbu, einer Stadt in der Provinz Anhui, ein. Das Gericht wies ihre Berufung zurück und bestätigte das Urteil der Vorinstanz im August. Die Angeklagten hatten argumentiert, dass sie lediglich die Anordnungen ihrer Vorgesetzten im Krankenhaus befolgt hätten und ihre Handlungen somit autorisiert gewesen wären.

Am 19. April 2021 berichteten Tencent und NetEase, dass Lu Dahai (ein Pseudonym für Lu Shen) sagte, er habe Berufung beim höchsten Gericht der Provinz, dem Oberen Volksgericht von Anhui, eingelegt.

Staatlich organisierter Organraub

Die beiden Krankenhäuser, die die Leber und die Nieren von Li entnommen haben sind das Krankenhaus der Volksbefreiungsarmee Nummer 302 und das erste Zentralkrankenhaus in Tianjin. Diese beiden Krankenhäuser wurden von der in den USA ansässigen World Organization to Investigate the Persecution of Falun Gong (WOIPFG) wegen ihrer mutmaßlichen Rolle beim Organraub an Gefangenen, die Falun Gong praktizieren, aufgeführt.

Das Krankenhaus der Volksbefreiungsarmee hat eine große Anzahl von Lebertransplantationen durchgeführt. Nach Angaben der WOIPFG lag die Zahl dieser Operationen zwischen April 2005 und April 2010 bei 310 und zwischen Mai 2010 und Dezember 2012 bei 146.

Praktizierende von Falun Gong, einer Meditationspraxis, die auch als Falun Dafa bekannt ist, werden seit 1999 vom chinesischen Regime verfolgt. Laut dem Falun Dafa Informationszentrum wurden Millionen von Praktizierenden in Gefängnisse, Arbeitslager, psychiatrische Anstalten und andere Einrichtungen gesteckt.

In den 2000er Jahren tauchten Berichte auf, dass das chinesische kommunistische Regime systematisch inhaftierte Falun Gong-Praktizierende tötete, um ihre Organe für Transplantationen zu verwenden. Zu dieser Zeit gab es in China kein offizielles Organspendesystem. Chinesische Beamte sagten, dass die Organe hauptsächlich von hingerichteten Gefangenen gestammt hätten.

Verschiebung des Narrativs

Die Tatsache, dass Lis Fall nicht zensiert wurde und die staatlichen Medien Chinas ausführlich darüber berichteten, sei bedeutsam, sagte der WOIPFG-Vorsitzende Wang Zhiyuan kürzlich in einem Interview mit der chinesischsprachigen Ausgabe der Epoch Times.

Wang sagte, dass die KPCh versuche, den Fall zu nutzen, um ein Narrativ um den Organraub in China zu spinnen. Das Regime versuche, eine Geschichte zu kreieren, dass diese Verbrechen alle von Einzelpersonen begangen werden würden und dass es die chinesischen Behörden seien, die versuchen würden, sie zu stoppen.

In Wirklichkeit ist Chinas staatlich-sanktionierte Praxis des Organraubs bei politischen Gefangenen laut Wang ein weitreichendes Unterfangen. Es wird durch die Zusammenarbeit zwischen Regierungsstellen, dem chinesischen Militär, Polizeieinheiten und der Militärpolizei sowie regionalen Partei- und Regierungsstellen möglich gemacht.

Er sagte, die Urteile für die Ärzte seien recht milde ausgefallen. Die KPCh wolle den Fall zwar für Propagandazwecke nutzen. Da die Ärzte aber wahrscheinlich auf Anweisung ihrer Krankenhäuser gehandelt hätten, wolle die Partei auch nicht zu viel Aufmerksamkeit auf die Angelegenheit lenken.

Aufgrund der jüngsten Erkenntnisse sagte Wang, dass einige chinesische Krankenhäuser offensichtlich immer noch Organraub an lebenden Falun Gong Praktizierenden durchführen würden.

Der Organraub in China hat in den letzten Jahren eine größere Aufmerksamkeit im Westen auf sich gezogen, da besonders die Vereinigten Staaten und andere Demokratien ihre Kritik an der KPCh wegen der schweren Menschenrechtsverletzungen verstärkt haben.

In den Vereinigten Staaten haben acht Landkreise in Virginia eine Resolution verabschiedet, die Chinas anhaltende Praxis des Organraubs bei politischen Gefangenen verurteilt. Am 15. April 2021 verabschiedete der Senat von Texas eine ähnliche Resolution.

Anfang März haben US-Abgeordnete sowohl im Senat als auch im Repräsentantenhaus einen Gesetzesentwurf eingebracht, der China für den Organraub zur Verantwortung ziehen soll. Im Falle einer Verabschiedung würde das Gesetz der US-Regierung erlauben, Sanktionen gegen Einzelpersonen und Regierungsbeamte zu verhängen, die für Organhandel oder Organraub verantwortlich sind. 

Das Original erschien in The Epoch Times USA mit dem Titel: Jailing of 4 Doctors for Illegal Organ Extraction in China Casts Spotlight on Forced Organ Harvesting (deutsche Bearbeitung von ds)



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