Konfuzius-Institute und ihr Hintergrund

Wie Pilze schießen weltweit Konfuzius-Institute aus dem Boden, um im Ausland chinesische Kultur zu vermitteln - ganz im Sinne der kommunistischen Führung in Beijing.
Von 6. Februar 2012

Über 370 Konfuzius-Institute sind es schon, zwölf davon in Deutschland. Der gute Name des Philosophen Kong Qiu, von Jesuiten nach der höflichen Anrede Kong Fuzi ins Lateinische Konfuzius transferiert, steht hierfür für die Weisheit des Ostens.

Kritiker beäugen diese Konfuzius-Institute mit Argwohn: Das Verschweigen von Problemen, Schönreden oder Intervenieren bei Universitätsleitungen, wenn diese den Dalai Lama einladen, gehört auch in den Aufgabenkatalog solcher Kulturvertretungen Chinas. Und chinesische Botschaftsmitarbeiter, die in solchen Konfuzius-Einrichtungen ein- und ausgehen, versuchen Kommunen und Hallenbetreiber unter Druck zu setzen, damit diese keine Vorstellungen der Welttournee von Shen Yun zulassen, in denen mehr zur chinesischen Kultur zu erfahren wäre, als dies den Machthabern in Peking lieb und möglich ist.

Die Kritik am Missbrauch von Traditionen in China ist nicht neu: Als junger Mann rief der später international hoch angesehene Literat Hu Shi gegen korrupte und reformfeindliche Traditionalisten im Jahr 1919 aus: „Dadao Kongjia dian – Nieder mit dem Konfuzianismus-Laden!“ bezog sich auf einen seit dem ersten nachchristlichen Jahrhundert existierenden „Staats-Konfuzianismus“.

Beinahe wäre Hu Shi im reiferen Alter zum Staatspräsidenten gewählt worden. Hu Shi lehnte ab und schlug seinerseits Chiang Kaishek vor, der die Tugenden des Konfuzius seit den dreißiger Jahren propagiert hatte. – Ein Widerspruch?

Konfuzius vs Konfuzianismus

Mit Konfuzius und seinen Lehren hatte diese Art Konfuzianismus des Jahres 1919 nämlich nichts zu tun, denn er war das genaue Gegenteil. An Stelle der Pflege guter Sitten wie Mitgefühl und Rücksicht, die Konfuzius lehrte, bot der Staats-Konfuzianismus einen unendlichen Katalog von Verboten, der die Menschen zu obrigkeitsgläubigen Bücklingen und ihr Leben zu Sklaven von leeren Ritualen werden ließ.

Erhalten hat sich über Jahrtausende die Idee des Staats-Konfuzianismus, die auch für „Asiatische Werte“ zur Rechtfertigung autokratischer Systeme unter dem Tiananmen-Schlächter Li Peng oder dem Premier Singapurs, Lee Kuan-yew (Li Guangyao), herhalten musste. Darauf hereingefallen sind westliche Politiker, Journalisten und Wissenschaftler, die diesen Unfug in der Bevölkerung multiplizieren.

Inzwischen wurde im Namen des grundanständigen Konfuzius von der Staatsführung der Volksrepublik China eine vielarmige Krake in die Welt gesetzt, die Konfuzius-Institute. In jedem Land der Erde soll es Chinas Kultur vermitteln – im Sinne der kommunistischen Führung in Beijing. Etliche deutsche Universitäten haben sich inzwischen in die Abhängigkeit der Konfuzius-Institute begeben. Berechtigte Kritik am Mangel von Bürgerrechten und massiven Menschenrechtsverletzungen hat dort keinen Platz. Die Niederlassungen der Konfuzius-Institute halten sie fern oder spülen sie weich.

Vielarmige Krake

Der kritische Sinologe (davon gibt es in Deutschland leider nicht viele) Jörg-Meinhard Rudolph führte hierzu aus, dass die Konfuzius-Institute der Propaganda-Abteilung der Kommunistischen Partei unter Li Changchun unterstünden, der zugleich Oppositionelle im eigenen Land mundtot mache und fragt: „Wie kann man eine unabhängige China-Forschung betreiben, wenn hiesige Universitätsprofessoren ranghohen Mitgliedern der Zensur- und Einheitsfrontabteilung der KP Chinas zuklatschen?“

Rudolph ergänzt, ein Parteidokument über die Propagandaarbeit 2011 habe den Konfuzius-Instituten eine besondere Rolle zugewiesen. Dies sei an sich nicht zu kritisieren, denn dies sei Resultat des Systems. Seine Kritik setzt dort an, dass sich deutsche Wissenschaftler zu Lasten der Freiheit von Wissenschaft und Forschung für die Soft-Power Strategie der chinesischen Regierung einspannen lassen.

Dies stritt Michael Lackner, China-Wissenschaftler an der Universität Nürnberg-Erlangen gegenüber der Deutschen Welle ab. Er räumte allerdings ein, dass Konfuzius-Institute nicht der richtige Ort für Debatten über Themen wie beispielsweise Tibet seien, da man den chinesischen Partner nicht vor den Kopf stoßen wolle. Die chinabrave Deutsche Welle schloss daraus: „Ein wenig scheint da also doch die Schere im Kopf zu drohen.“

Der Schritt nun auch wieder Bücher aus deutschen Universitäten zu entfernen, weil sie politisch nicht opportun sind, ist nicht weit. Während Demokraten in China unter größten Gefahren nach einem Wandel streben, geben die Gelehrten in westlichen Demokratien auf – alles! Lebte Hu Shi noch, würde er gewiss seinen berühmten Satz im Angesicht der Konfuzius-Institute wiederholen.

„Dadao Kongjia dian – Nieder mit dem Konfuzianismus-Laden!“

Der Autor Dr. Thomas Weyrauch beobachtet seit seinem beruflichen Aufenthalt in China 1989-1990 mit vertieftem Interesse die politische Entwicklung in dem Land, das ihm noch immer nahe steht. Seine erste Arbeit über die Menschenrechte in China schrieb der Jurist Weyrauch im Jahr 1983. Es folgten mehrere Bücher, erschienen im Longtai-Verlag.



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