Auseinandergerissen in China, vereint in den USA

Tiananmen, auf Deutsch „Platz des Himmlischen Friedens": Das strenge Herz Pekings. Besucher aus der ganzen Welt erhaschen hier einen flüchtigen Blick auf die Machtzentrale des Regimes, den Regierungsbezirk Zhongnanhai. Für den in China gebürtigen Ma Kit symbolisiert der Tiananmen Kummer und Trennung.
Titelbild
Foto: Zur Verfügung gestellt von Ma Kit
Von 29. Januar 2010

Ein Jahrzehnt nach dem Massaker auf dem Tiananmen betritt Ma Kit mit großen Schritten eben jenen berühmt-berichtigten Platz – in „aufrechtem Widerstand“ und überzeugt, etwas bewegen zu können. Laut ruft er „Falun Dafa Hao!“, Worte, die in China besser nicht ausgesprochen werden. Sie bedeuten „Falun Dafa ist gut“, und für die Polizei sind sie Aufruf, zu handeln.

„Zwei Polizisten drehten mir den Arm auf den Rücken, zogen ihn kräftig nach oben und drückten gleichzeitig meinen Kopf nach unten“, sagt Ma. „Mehrere Polizisten schleppten mich von der Mitte des Platzes weg, ein anderer trat mit seinen Füßen auf mich ein.“

„Ruiniert ihren Ruf …“

1999 erließ der damalige Führer der Chinesischen Kommunistischen Partei (KPCh) – und damit zugleich Staatsoberhaupt -, Jiang Zemin, eine Anordnung. Sie lautete: die Qi-Gong-Praxis „Falun Dafa“, die sich innerhalb weniger Jahre wie ein Lauffeuer im ganzen Land ausgebreitet hatte, „auszurotten“. Jiangs originale Worte waren: „Ruiniert ihren Ruf, zerstört sie finanziell und vernichtet sie physisch“.

Ma begann 1996 mit dem Praktizieren der alten chinesischen Kultivierungsmethode für Körper und Geist. Eine Methode, die sich auf drei Prinzipien, Wahrhaftigkeit, Barmherzigkeit und Nachsicht, gründet. Er hörte auf zu rauchen, trank keinen Alkohol mehr und spürte „einen inneren Frieden“, wie er ihn vorher nicht gekannt hatte. Seine Frau fing 2004 ebenfalls mit dem Praktizieren an.

Ma, geboren auf dem Festland Chinas, registriert als Einwohner Hongkongs, lebte mit Frau und Tochter in Peking. Er besaß eine eigene Firma und vertrieb medizinische Geräte. Da Frau und Tochter Bürger Festland-Chinas waren, brauchte jeder ein Visum, um zum Wohnsitz des anderen zu reisen.

Kinder, Schwangere, Alte – alle kamen zum Demonstrieren

An dem Tag, an dem sich Ma Kit zum Platz des Himmlischen Friedens aufmacht, hat er keinen Pass in seiner Tasche. Als er ins Polizeirevier eingeliefert wird, ist es bereits voll mit Falun Gong-Praktizierenden aus allen möglichen Provinzen Chinas. Darunter Kinder, schwangere Frauen und alte Menschen. Alle waren zum Demonstrieren gekommen. Sie wollten ihr Recht auf Glaubensfreiheit, das ihnen nach dem chinesischen Gesetz zusteht, einfordern und verlangten ein Ende der Verfolgung von Falun Gong.

Ma wird von der Polizei zu seiner Wohnung in Peking gebracht. Sie will seinen Pass. „Meine Tochter war damals noch kein Jahr alt“, sagt Ma. „Sie war von den Polizisten so erschrocken, dass sie schrie. Mir brach das Herz.“

Einmal Hongkong und zurück

Er wird die ganze Nacht verhört und beschuldigt, Chinas Gesetze übertreten zu haben. Am folgenden Tag wird er nach Hongkong deportiert, schafft es aber, innerhalb von nur 24 Stunden wieder über die Grenze zurück ins chinesische Festland zu gelangen. Er ist fest entschlossen, mit seiner Familie zusammenzubleiben.

In den folgenden Monaten muss Ma mit anhören, wie die staatlichen Medien Falun Gong mit ihrer Hetzpropaganda überziehen. Mit ansehen, wie seine Freunde festgenommen und verfolgt werden. In ihm reift der Entschluss, er müsse zu Gerechtigkeit aufrufen.

Am 1. Oktober 2000 – ein Jahr nach seinem ersten Protest – geht er wieder auf den Platz. Dieses Mal mit einem Transparent, auf dem „Falun Dafa Hao“ steht. Ganze zwei Minuten lang schwingt er das Spruchband, dann wird er festgenommen.

Dieses Mal kommt er in die Pekinger Xicheng-Bezirksstrafanstalt. Wieder trifft er weitere Falun Gong-Praktizerende an. Alle müssen sie sich ausziehen und stramm stehen. Die Polizei beschlagnahmt seine Heimkehrerlaubnis (ein Personalausweis für Hongkonger Bürger, mit dem sie ins Festland Chinas einreisen dürfen), und schiebt ihn ab nach Hongkong.

„ … zerstört sie finanziell …“

Erneut von der Familie getrennt, beantragt Ma Ersatz für seinen abhanden gekommenen Heimkehr-Pass, der ihm verweigert wird. Die Behörden erteilen ihm ein Einreiseverbot ins Festland China für die Dauer von fünf Jahren. Er wird auf eine schwarze Liste gesetzt. Seine Firma muss er schließen, nachdem sie über 300.000 Yuan (ca. 30.000 Euro) Schulden gemacht hat.

Währenddessen kümmert sich seine Frau in Peking um das Kind. Sie ist fortan den ständigen  Belästigungen und Drohungen durch die Polizei und ihren Vorgesetzten bei der Arbeit ausgesetzt. Ihr Haus und ihre Mobiltelefone wurden abgehört. Aus Angst, andere in Schwierigkeiten zu bringen, bricht sie den Kontakt zu Eltern, Verwandten und Freunden ab.

Ihre seelische Verfassung leidet und Ma sagt, seine Frau habe damals immer wieder über Selbstmord nachgedacht. Schließlich kündigt sie ihren Job.

Ma Jia Yi, die Tochter, fragt die Mutter immer wieder: „Wann kommt Vater zurück? Ich will ihn wiedersehen.“ Sie entwickelt sich zu einem introvertierten und schüchternen Mädchen. Sie hört auf, sich mit anderen Kindern zu treffen und bekommt Albträume.

„ … vernichtet sie physisch.“

„Ich vermisste meine Frau, meine Tochter, und ich vermisste meine alte Mutter“, sagt Ma. „Ich wünschte mir so sehr, mit meiner Frau zusammen zu sein und ein normales Leben führen zu können. Glücklich mit meiner Familie leben zu können wie andere auch.“

Nach 2003 beantragt die Familie dreimal eine Aufenthaltsgenehmigung für Hongkong. Obwohl sie allen Anforderungen entspricht, werden die Anträge abgelehnt.

Nach fünf Jahren Trennung kann Ma 2006 wieder ins Festland einreisen. Ein neuer Job Ende 2007 dauert zwei Tage. Sein Vorgesetzter erhält die Benachrichtigung, dass Ma Kit auf der schwarzen Liste des „Büro 610″ steht und entlässt ihn daraufhin. Das Büro 610 (benannt nach dem Gründerdatum 10. Juni 1999) ist ein spezielles Überwachungsnetzwerk, ähnlich der Gestapo im Dritten Reich. Es befasst sich mit der Verfolgung von in China verbotenen religiösen Gruppen, insbesondere der Anhänger von Falun Gong.

Nach seiner Entlassung kauft Ma erneut eine Firma – sechs Monate später bricht die Polizei in sein Büro ein. Schließlich bekommt Ma Kits Frau im Mai 2008 ein Visum in die Vereinigten Staaten und verlässt China. Ma folgt ihr im Januar 2009, als auch seine Tochter ein Visum erhält.

Die Familie hat jetzt in Flushing, einem Stadtteil in New York mit hohem Anteil chinesischer Bevölkerung, ihre neue Freiheit gefunden. Immer noch reagiert sie besorgt, wenn sie Sirenen oder Schritte von Leuten hört, die sich ihrem Haus nähern. Er praktiziere jetzt Falun Gong immer ernsthafter, sagt Ma. Außerdem helfe er vielen Festland-Chinesen, die Verfolgung von Falun Gong zu verstehen und ihre Mitgliedschaft bei der Kommunistischen Partei, die diese Verfolgung seit über zehn Jahren vorantreibt, aufzugeben.

 

Originalartikel auf Englisch: Family Torn Apart Finds Hope in the U.S.

Foto: Zur Verfügung gestellt von Ma Kit


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