Burkhardt Müller-Sönksen, MdB, reist „Für Menschenrechte nach China“

Der Menschenrechtsausschuss und der Petitionsausschuss des Bundestages werden am 14. April zu ihrer viertägigen Chinareise aufbrechen. Die Kernthemen sind die allgemeine Menschenrechtslage in China, die Situation von ethnischen und religiösen Minderheiten, sowie die Lage der Wanderarbeiter.
Titelbild
(Zur Verfügung gestellt von Mueller-Soenksen, Burkhardt)
Epoch Times10. April 2009

Ein Teil der Delegation wird nach Lhasa reisen und ein Teil nach Xinjiang, in das Gebiet der Uiguren. Vor der Chinareise der Ausschüsse sprach Epoch Times Deutschland mit einem Delegationsmitglied, dem Bundestagsabgeordneten der FDP, Burkhardt Müller-Sönksen, Rechtsanwalt aus Hamburg, über Ziel und Arbeitsweise der „Menschenrechtsreise“.

Epoch Times: Herr Müller-Sönksen, was ist das Hauptziel Ihrer Chinareise?

Müller-Sönksen: Das Hauptziel des Menschenrechtsausschusses wird sein, den Chinesen die Gelegenheit zu geben, den vor den Olympischen Spielen begonnenen Dialog mit dem tibetischen Vertreter, dem Dalai Lama fortzusetzen, oder uns auch zu erklären, was zur Unterbrechung der Gespräche geführt hat.

Epoch Times: Gibt es noch andere Themen, die Menschenrechte oder die gesellschaftliche Situation betreffend?

Müller-Sönksen: Ja. Da ist das Thema Falun Gong, da ist das Thema der Uiguren und auch weiterer, anderer Minderheiten und selbstverständlich ist das Thema der Wanderarbeiter und auch der Zwangsumsiedlungen anzusprechen. Dies darf man, wenn man sich nicht als Vormundland, sondern als befreundetes Land versteht, durchaus einmal ansprechen und ich würde gerne die chinesische Sichtweise hören, wie man mit diesem Problem umgeht.

Wir fahren nicht nach China, um mit dem Finger auf China zu zeigen, sondern wir fahren nach China um unsere Vorstellungen der Mindeststandards von Menschenrechten zu erläutern und vielleicht auch denjenigen, die das möchten, dabei behilflich zu sein, sie umzusetzen. Denn auch Sicherheit ist durch zufriedene Menschen viel, viel eher gegeben, als wenn man eine größere Gruppe an Menschen, nennen wir sie auch Minderheiten, unterdrückt.

Epoch Times: Haben sie schon eine bestimmte Zielgruppe, die Sie dann besuchen möchten, zum Beispiel Rechtsanwälte oder andere?

Müller-Sönksen: Also ich bin selber Rechtsanwalt und habe natürlich mit dem deutschen Anwaltsverein, auch mit dem europäischen Anwaltsverein diverse Kontakte. Wir werden sogar in Deutschland jetzt beim Deutschen Anwaltsverein auf meine Anregung mit eine Sparte für Menschenrechte einrichten und ich finde das sehr ermutigend und sehr zielführend, wenn wir das in China bei den Anwälten ähnlich machen könnten. Rechtsanwälte gehören ganz einfach zu einer echten, der Bevölkerung eine good-governance gebenden Demokratie, oder einer Gesellschaftsform. Rechtsanwälte sind da sehr nützlich, sie fördern auch Rechtssicherheit und ein besseres Miteinanderauskommen.

Epoch Times: Meinen Sie, dass das möglich ist, direkt mit der chinesischen Regierung über die Menschenrechtssituation zu sprechen, oder lehnt die chinesische Seite das einfach ab?

Müller-Sönksen: Na, die chinesische Seite kann das ganz einfach ablehnen. Aber wenn man so unhöflich ist und sich gegenseitig nicht zuhört, so geht es nicht. Wir sind normale Menschen auf dieser Welt, wo auch ganz normale Kriterien der Mindeststandards gelten und die sind für jeden Menschen auf dieser Erde gleich und wenn man dieses Grundprinzip einmal für sich vereinnahmt, dann spielt es auch keine Rolle, ob eine chinesische Regierung, eine kubanische, oder eine südamerikanische Regierung hier sozusagen an der Macht ist, oder hier in Deutschland die Bundesregierung, das spielt keine Rolle. Es müssen für alle Menschen diese Mindeststandards eingehalten werden.

Epoch Times: Ist das der erste Besuch vom Menschenrechtsausschuss in China?

Müller-Sönksen: Nein, das ist natürlich nicht der erste, aber es ist seit langer Zeit auch wieder der erste in Tibet und ich hoffe auch, dass nach der langjährigen Schließung von Tibet dieses uns wieder ermöglicht wird. Ich halte sehr viel davon, wenn in die Gefängnisse das internationale Rote Kreuz wieder einzieht. Das ist nichts Politisches sondern das ist eben auch wieder eine Wahrung von Mindeststandards.

Epoch Times: Meinen Sie, es ist möglich in Tibet auch die Tempel zu besichtigen? Haben sie diesen Anspruch gestellt?

Müller-Sönksen: Ich hatte sogar den Vorschlag gemacht, dass wir anstelle eines Hotels in Lhasa sogar eine Nacht in einem Kloster übernachten. Auf die Bequemlichkeit kommt es mir bei dieser Reise ohnehin nicht an, dann werde ich sicherlich auch mal auf einem harten Brett in einem Kloster übernachten können.

Ich habe einen anderen Glauben, aber ich glaube an die Selbstverwirklichung und Eigengestaltung, die Freiheit des Menschen und wenn wir als internationale oder deutsche Delegation dort übernachten, kommt die Botschaft an: „Ja wir sind bei euch und wir denken an euch, auch wenn ihr vielleicht in der nächsten Zeit weiter leiden müsst, was wir nicht wollen, aber wir vergessen euch nicht“

Epoch Times: Der Bundestag hat vor etwa eineinhalb Jahren eine Resolution gegen die Arbeitslager in China erlassen. Ist es geplant, dieses Mal auch die Arbeitslager, oder einige der Arbeitslager oder auch nur ein Arbeitslager in China zu besichtigen?

Müller-Sönksen: Die offizielle Darstellung der chinesischen Seite ist ja Gott sei Dank, dass es überhaupt solche Arbeitslager gibt, Laogai-Lager waren ja lange Zeit quasi ein Tabu und gar nicht existent.

Selbstverständlich ist das auch ein Ziel für eine Menschenrechtsgruppe, das zu sehen. Ein Arbeitslager ist ja eine besonders infame Art mit Menschen, die in Unfreiheit sind, die in staatlicher Unfreiheit sind, umzugehen. Wie auch das chinesische System beispielsweise eine Todesstrafe nicht vollstreckt, sondern es auf eine Todesstrafe eine sehr zynische zweijährige Bewährung gibt, das muss man sich als deutscher Anwalt erst mal klar machen. Erstens lehne ich ohnehin die Todesstrafe ab, als Liberaler allemal, und dann  lebe ich eben auch in einer Zivilisation, die die Todesstrafe als No-Go bezeichnet. Dass man in China sogar Todesstrafen auf Bewährung erlässt, das ist eine Form von Willkür  – und eine Todesstrafe auf Bewährung ist im politischen Bereich so ungefähr wie „versuche gar nicht erst anders zu denken, sonst können wir dich jeden Tag ausknipsen und das auch noch nach dem Rechtsstaat“.  Nein, so eine Bezeichnung, die so zynisch ist, dass ich mich entschuldigen muss für so eine Bezeichnung, aber es ist in der Tat kaum vorstellbar, dann bleibt mir nur „die Spucke weg“.

Epoch Times: Sie werden auch nach Sichuan gehen. Was ist ihr Ziel dort?

Müller-Sönksen: Ich könnte China und Peking als ein noch größeres Land bezeichnen oder tatsächlich noch mehr Respekt davor haben, wenn man die Kraft und die Geduld aufbringt, das Zusammenleben nicht durch kräftige Worte oder Militärwaffen zu ersetzen.

Es ist sehr erstaunlich, zu glauben, dass man so etwas unterdrücken kann. Wir sehen es ja, dass es auch in Europa Minderheiten gibt, die militante Waffenaufstände geleistet haben, zum Beispiel in Spanien oder in Nordirland bei der militärischen Freiheitsbewegung.

Hier können wir jedoch nicht darauf zeigen und sagen, dieses sei nur ein chinesisches Problem. Es ist gerade die Botschaft, dass das Problem überall liegt. Man sollte mit dem Problem offensiver, offener, kommunikativer und demokratischer umgehen. China wird Tibet und auch den Dalai Lama nie durch Militärgewalt bezwingen, sie können aber eine Vereinbarung machen, die ihnen gemeinsam hilft.

Ich sehe für China in Tibet eine Win-Win-Situation anstelle von diesem einseitigen, ängstlichen Unterdrücken. Diese Angst, die spüre ich bis hierhin. Sie ist unnötig und man kann sie [diese Situation] viel besser unter Einhaltung der Menschenrechte neu gestalten.

Vielleicht kommt man ja von der chinesischen Tradition, diese Andersartigkeit bestehen zu lassen, wieder hin zur alten Toleranz. Ich glaube, Toleranz ist ein Wort, was auch in China in mehreren Wortblüten auf das Papier gemalt werden kann. Und dieses sollte auch wiederkommen.

Ich fahre dort hin, um denjenigen Menschen Mut zu machen, die es sich noch nicht vorstellen können, dass Andersartigkeit und Vielfalt ein Gewinn ist. Wir leben in Europa ja eine Vielfalt vor. Wir haben in Europa ähnlich viele Sprachen als es auch Dialekte in China gibt. Vielleicht sind wir ja wie ein kleines Vorbild, und trotzdem haben wir in Europa schon sehr, sehr lange Frieden in der Bevölkerung

Epoch Times: Wie werden Sie sich in China während der Reise mit dem Thema Wanderarbeiter beschäftigen?

Müller-Sönksen: Für eine Reisegruppe ist das ja besonders schwer. Wir werden das Thema ansprechen, aber Wanderarbeiter in China ist natürlich nicht etwas, wo wir hingehen können, Großbauten werden wir auf der Reiseroute nicht haben.

Das Thema halte ich für einen sehr hohen sozialen Sprengstoff. Ich gehe auch davon aus, dass die chinesische Regierung im eigenen Interesse sich darum kümmert. Ich gehe davon aus, dass wenn diese Wanderarbeiter viel unterwegs sind und ihre Lieder singen, dann kann ich mir vorstellen, dass das einen ähnlichen Effekt hat wie damals in Deutschland in der ehemaligen DDR.

Denn wenn die Leute erstmal anfangen zu sagen: „Wir sind das Volk und nicht ihr Funktionäre seid unsere Vormünder“, dann wird es allerdings schwierig. Ich hoffe, dass die Regierung auf ihr Volk zugehen wird. Denn diese Wanderarbeiter sind in einer sehr hohen Zahl und sind schon in der Lage, ihre Rechte zum Ausdruck zu bringen. Probleme muss man im Voraus angehen und nicht erst hinterher noch mehr Probleme entstehen lassen.

Das Interiew führte Maria Zheng

(Zur Verfügung gestellt von Mueller-Soenksen, Burkhardt) 
(Zur Verfügung gestellt von Mueller-Soenksen, Burkhardt)


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