China: Anspannung vor Gerichtsverfahren gegen Bo Xilai

Titelbild
Gefängniszelle in Peking.Foto: Ed Jones/AFP/Getty Images
Von 2. November 2012

 

Zunehmende Sicherheitsmaßnahmen, Absperrungen und Polizeikontrollen in Peking weisen jetzt schon auf den bevorstehenden 18. Parteikongress der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) am 8. November hin. Ein Ereignis, das an der Oberfläche die chinesische Bevölkerung ziemlich kalt lässt, da sie ohnehin keinerlei Einfluss hat. Lediglich in den Internetblogs gibt es Diskussionen – solange sie nicht zensiert werden.

Innerhalb der Parteispitze sieht das anders aus, weil nicht nur ein Generationenwechsel bevorsteht, sondern auch eine Veränderung politischer Gewichtungen zu erwarten ist. Seit Februar dieses Jahres wird nach der Flucht von Wang Lijun in ein amerikanisches Konsulat erbittert um Machtpositionen gekämpft.

Aber noch tagen Gremien, die zur Ära des 17. Parteikongresses zählen, der vor fünf Jahren die Richtlinien der Politik festsetzte, wobei alle Umsetzungen von Politik an die Machtpositionen innerhalb der Partei und in den von der Partei mit höchsten Kadern besetzten Kommissionen gebunden sind. Und um Personen und ihre „Behandlung“ dürfte es momentan auch gehen, denn die Fraktionskämpfe innerhalb der Partei gipfelten in dem kürzlich verkündeten Ausschluss vom Parteikongress des ehemaligen Politstars Bo Xilai.

Der tiefe Fall des Bo Xilai

Das war auch zu erwarten, zumal Bo Xilai bereits in einem Pekinger Gefängnis einsitzt. Seine Ehefrau Gu Kailai wurde am 20. August wegen der Ermordung des britischen Geschäftsmannes Neil Heywood zur Todesstrafe mit Bewährung verurteilt.

Die letzte Sitzungsperiode von Mitgliedern des 17. Parteikongresses startete am 1. November. Sie findet in dem „geheimnisvollen“ Jingxi Hotel in Peking statt und wird bis zum 3. November dauern. Das Jingxi Hotel ist ein exklusives Hotel für die wichtigsten internen Sitzungen der KPCh, umgeben von einer äußerst hohen Sicherheitszone.

Durchgesickert ist bereits, dass die drei zentralen Themen der Sitzung der Bericht für den 18. Parteikongress, der Entwurf einer Änderung der Parteisatzung und der Fall Bo Xilai sein werden.

Wie inzwischen bekannt wurde, wird die oberste Staatsanwaltschaft in Peking das Ermittlungsverfahren gegen Bo Xilai durchführen. Dieses Vorgehen lässt auf schwerwiegende Anklagepunkte schließen und auf ein ebenso folgenschweres Urteil. Seit der Verurteilung der sogenannten „Viererbande“, die zu einem Ende der unglaublich gewalttätigen zehnjährigen Kulturrevolution unter Mao führte, wurde bis heute kein weiteres Mitglied der KPCh mehr vor das oberste Gericht gestellt.

Die Hongkonger Zeitung „Wenhui Bao“ berichtete am 31. Oktober, dass geplant ist, den Gerichtsprozess gegen Bo Xilai halb öffentlich durchzuführen, wobei die Anklagepunkte, die sich um die Staatsgeheimnisse, die Privatsphäre und den Machtkampf drehen, nicht öffentlich benannt werden.

Erste Instanz gleich letzte Instanz

Nachdem die New York Times einen Artikel über den vermuteten Reichtum des Premierministers Wen Jiabao auf ihrer Titelseite veröffentlicht hatte, kündigte eine offizielle Parteiquelle in der Nacht zum 26. Oktober an, dass die Oberste Staatsanwaltschaft sich nach Überprüfung entschieden habe, offizielle Ermittlungen gegen Bo Xilai einzuleiten. Also folgte auf eine über das Ausland laufende Attacke gegen Wen, der als Reformer gilt, ein verschärftes Vorgehen gegen Bo, der als Gefolgsmann des weitgehend entmachteten Jiang Zemin gilt. So jedenfalls sehen es interne Kenner.

Der Hongkonger Zeitung „Wenhui Bao“ zufolge bedeutet diese Ankündigung, dass die öffentliche Anklage gegen Bo Xilai auch von der Obersten Staatsanwaltschaft gestellt werden wird. Das heißt wiederum, dass nur das Oberste Volksgericht diese Anklage annehmen darf.

Nach dem chinesischen Strafprozessgesetz wird die erste Instanz gegen Bo auch die letzte Instanz sein. Bo kann demnach keine Berufung mehr einlegen, wenn das Oberste Volksgericht ein Urteil gefällt hat. In der Geschichte der KPCh gibt es bisher nur einen einzigen ähnlichen Fall, nämlich den der Viererbande.

Vizepräsident des Volksgerichts Chinas entlassen

Am 26. Oktober wurde angekündigt, Bo Xilai aus dem Volkskongress auszuschließen. Am gleichen Tag wurde öffentlich bekannt gegeben, dass Zhang Jun, der Vizepräsident des Obersten Volksgerichts Chinas, entlassen worden ist. Gleichzeitig wurden über 20 Richter als Gerichtsprüfer ernannt. Nach Analysen sollten einige Richter davon die Sonderkammer für den Prozess gegen Bo bilden.

Zhang Jun wird als Bos Gefolgsmann angesehen. Im Jahr 2011 führte Zhang eine Delegation der Führungsebene des Obersten Volksgerichts nach Chongqing. Sie wurde von Bo Xilai persönlich empfangen. Zhang lobte das Chongqing-Modell von Bo, der sich mit einer an Mao orientierten Kampagne stark gemacht hatte. Was sich hinter den öffentlichen Aufmärschen und parteikonformen Liedern an Verbrechen verbarg, wird nun wohl ans Licht kommen. Die Weichen sind gestellt.

 



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