China: Arzt gibt den Organraub an Falun Gong-Praktizierenden zu

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Der frühere Polizeichef Wang Lijun von Changchun weist Beamte in seinem Labor ein.Foto: WOIPFG

 

Eine Menschenrechtsgruppe hat einen hochrangigen pensionierten chinesischen Militärarzt in einem Telefonat dabei ertappt, wie er die Verwendung von Organen politischer Gefangener in einem Forschungsprojekt von Wang Lijun, einem ehemaligen Polizeichef, zugegeben hat. Wang ist die frühere rechte Hand des in Ungnade gefallenen Parteifunktionärs Bo Xilai.

Chen Rongshan, der frühere Leiter der Abteilung für Urologie des Hospital der Volkbefreiungsarmee 205 in Jinzhou, wurde am 25. Mai in einem Telefonat gefragt: „Wang erwähnte uns gegenüber, dass einige Ihrer Organspender Falun Gong-Praktizierende waren. Ist das wahr?“

Chen antwortete: „Das wurde vom Gericht bewilligt.“

Falun Gong ist die chinesische spirituelle Meditationsbewegung, die seit 1999 von der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) verfolgt wird.

Der Menschenrechtsaktivist fragte nochmals, ob das Ganze „durch ein gerichtliches Verfahren abgewickelt worden sei“. Chen bestätigte das.

Der Anrufer, ein Mitglied der World Organization to Investigate the Persecution of Falun Gong (WOIPFG), einer Interessenvertretung für Menschenrechte, hatte sich selbst als Mitglied eines „abteilungsübergreifenden Sonderermittlungsteams“ in der Angelegenheit von Wang Lijun vorgestellt.

Es ist weithin bekannt, dass die KPCh gegen Wang Lijun ermittelt. Am 6. Februar floh er in das US-Konsulat in Chengdu und überreichte den dortigen Beamten Dokumente, von denen man glaubt, dass sie detaillierte Beschreibungen der Verbrechen von Bo Xilai und Bos Ehefrau Gu Kailai beinhalten. Einschließlich Informationen über den Organraub.

Als der Ermittler der WOIPFG daraufhin eine Frage zu weiteren Einzelheiten stellte, wo die Falun Gong-Praktizierenden in Verbindung mit dem Organraub untergebracht wären, stockte Chen Rongshan: „Sagen wir mal…ich meine…also…fragen Sie mich das jetzt nicht, ok?“

Er fügte hinzu: „Wenn Sie das fragen müssen, wenden Sie sich an die politische Abteilung des Krankenhauses, ok?“

„Wir im Militär haben einen Disziplinarkodex. Wenn wir über gewisse Dinge reden sollen, müssen Sie sich an unsere politische Abteilung wenden und den Mitarbeitern unserer politischen Abteilung sagen, dass sie mich anrufen sollen.“

Der Ermittler und Chen diskutierten noch eine Minute, bevor Chen auflegte. Aber der Ermittler hatte das Eingeständnis bereits erhalten.

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Anrufe zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen

Das war nicht das erste Eingeständnis dieser Art. Dutzende solcher Anrufe sind online abrufbar, in denen die Stimme des Ermittlers der WOIPFG zu dessen Schutz in den digitalen Aufzeichnungen verändert wurde und klingt, als hätte er gerade Helium eingeatmet. In den Aufzeichnungen entlockt er Parteibeamten das Eingeständnis von der Beteiligung an diesen Verbrechen.

Chen Rongshan war zuletzt Ziel der Untersuchungen, weil er mit Wang Lijun an einem „Forschungsprojekt“ gearbeitet hatte, das in Verbindung mit Organtransplantationen steht. In der Nähe der Stadt Jinzhou in der Provinz Liaoning führte Wang als Kopf des Büros für Öffentliche Sicherheit das „Psychologische Forschungszentrum vor Ort“. Hierbei handelt es sich um ein Labor, das an das Büro für Öffentliche Sicherheit angeschlossen ist. Dort führte er laut seiner Dankesrede bei einer Preisverleihung im Jahr 2006 Exekutionen, Organraub, Organtransplantationen und damit verbundene Experimente durch.

Diese „Auszeichnung für einen besonderen Beitrag“, wurde ihm von der Guanghua Stiftung für Wissenschaft und Technologie im September 2006 verliehen. Guanghua ist laut deren Webseite eine wohltätige Einrichtung, die Wissenschaft unter der direkten Führung des Kommunistischen Jugendverbandes fördert. Der Kommunistische Jugendverband ist eine der Massenorganisationen der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh), die zur Anwerbung und der Verbreitung von Parteidogmen unter jungen Chinesen benutzt wird.

Wang sagte in seiner Dankesrede, die immer noch online einsehbar ist, dass er an tausenden Organtransplantationen vor Ort beteiligt gewesen sei.

Wang Lijun stand Bo Xiali bereits nahe, als er noch Chef des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Jinzhou war. Als Bo später nach Chonqing versetzt wurde, folgte Wang nach und wurde als Polizeichef installiert. Analysten sind sich sicher, dass Bo zumindest genaue Kenntnisse von Wangs Aktivitäten hatte.

Experten, die zur Zeit des Bekanntwerdens dieser Auszeichnung interviewt wurden, verstehen die Bezeichnung „vor Ort“ als Hinweis, dass die Exekutionen und Organentnahmen in der Nähe oder auf dem gleichen Gelände wie die Transplantationen in die Körper der Empfänger stattgefunden haben.

Die Experten sind sich sicher, dass, laut Wangs Aussagen, die Gefangen noch am Leben waren, als ihnen die Organe entnommen wurden und dass sie infolge der Entnahme verstarben. Zu den befragten Experten gehören Ethan Gutman, eine Journalist, dessen Untersuchungen sich auf die missbräuchlichen Transplantations-Praktiken des chinesischen Regimes konzentrieren und David Matas, ein kanadischer Rechtsanwalt, der Mitautor des bahnbrechenden Berichts über Organraub an Falun Gong-Praktizierenden ist.

Gutmann und Matas nehmen auch an, dass wahrscheinlich viele der tausenden Organe von Falun Gong-Praktizierenden entnommen wurden.

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Fragwürdige Zusammenarbeit

Wang hatte laut der WOIPFG mit Chens Abteilung im Krankenhaus 205 an einem „wichtigen Forschungsprojekt für traumafreie Körperlehre im asiatisch-pazifischen Raum“ zusammengearbeitet.

In dem Anruf wurde wurde Chen, bevor er den Gebrauch von Organen von Falun Gong-Praktizierenden zugeben sollte, gebeten diese Zusammenarbeit zu bestätigen, was er auch tat.

Dr. Torsten Trey, der Mitautor des kürzlich veröffentlichen Buches „State Organs“ über den Missbrauch bei Organtransplantationen in China sagte, dass er die Anrufe und Eingeständnisse für glaubhaft hält und dass sie in ein größeres Mosaik passen.

„Wenn Dr. Chen auf das Gericht verweist, das Falun Gong-Praktizierende als Quelle für Organe genehmigt hat, deutet er damit an, dass der Organraub an Falun Gong-Praktizierenden von staatlicher Seite zugelassen wird, da staatliche Institutionen und Gerichte an dem Genehmigungsprozess beteiligt sind“, schrieb Dr. Trey in einer Antwort, nachdem ihm eine Mitschrift des Telefonanrufs vorgelegt wurde.

„Menschen unter einer kommunistischen Herrschaft haben normalerweise große Angst davor, einen Fehler zu machen, weil es zu verheerenden Konsequenzen führen kann“, bemerkte Trey. Durch die direkte Bezugnahme auf die Genehmigung für die Organquelle durch das Gericht „bekräftigt er diese Aussage sehr“, sagte Dr. Trey. „Es ist eine doppelte Bestätigung.“

Laut Dr. Trey weist die Beteiligung des Staates darauf hin, dass der Organraub an Falun Gong-Praktizierenden nicht von im Untergrund arbeitenden Syndikaten oder ein paar wenigen Ärzten „sondern mit der vollen Kenntnis und Zustimmung des Staates“ durchgeführt wurde.

Er sagt, dass weltweit agierende Gremien wie die World Health Organization und die World Medical Association Gerichtsprotokolle anfordern sollten, die während des Verfahrens zur Bereitstellung von Falun Gong-Anhängern für Leute wie Wang Lijun und Chen Rongshan erstellt wurden.

Dr. Trey betonte auch, dass die Zusammenarbeit zwischen Wang und Chen bei der Forschung, zu der „Organtransplantationen nach der Injektion von Medikamenten“ gehört, möglicherweise Experimente am Menschen beinhaltete, „bei denen Falun Gong-Praktizierende Gegenstand dieser ‚Injektion von Medikamenten‘ waren und dass nach der Injektion möglicherweise Organe entnommen wurden, während die Opfer noch am Leben waren.“

Trey fügte hinzu: „Das ist sehr wahrscheinlich, weil es keinen Sinn machen würde, einer Leiche Medikamente zu spritzen, um ihr dann Organe für eine Transplantation zu entnehmen.“

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Konsequenzen für den Visumantrag

Chens Arbeit hatte bereits zuvor Aufmerksamkeit erregt. Am 23. Mai 2006 veröffentlichte die Liaoxi Economic Daily in ihrer B4 Druckausgabe einen Artikel mit dem Titel „Das noble Reich und Streben eines Militärarztes“.

Mit dem kürzlich veröffentlichten Eingeständnis kann Chen jedoch Probleme bei der Einreise in die Vereinigten Staaten bekommen, wo seine Tochter zurzeit lebt. Zuletzt hatte er sie laut WOIPFG Anfang 2012 mit seiner Frau besucht. Die Gruppe plante ihre Untersuchungsergebnisse über Chen an die „zuständigen US-Behörden“ zu übergeben.

Im Bewerbungsformular für ein Visum von Nichtimmigranten DS-160 der USA ist seit Juni 2011 die Frage enthalten, ob der Bewerber „an erzwungenen Organtransplantationen beteiligt gewesen ist.“ Den Bewerbern für ein Visum, die auf diese Frage mit Ja antworten, wird oftmals ein Visum verweigert.

Das Außenministerium stand nicht direkt für einen Kommentar zur Verfügung.

Am 13. Juni 2012 rief ein anderer Ermittler Chen an und gab vor, ein Sekretär Wang Jias zu sein. Wang Jia ist der frühere Leiter des PLA 205 Krankenhauses und zurzeit der stellvertretende Minister des Gesundheitsministeriums in der Abteilung für gemeinsame Logistik in der Shenyang Militärbasis.

„Der frühere Leiter hat mich gebeten, Ihnen eine Nachricht zu überbringen“ sagte der Anrufer.

Nachdem Chen in die Unterhaltung eingestiegen war, sagte der Ermittler, „egal welche beaufsichtigende Abteilung wegen einer Untersuchung über die Entfernung von Organen von Falun Gong-Praktizierenden für Organtransplantationen zu ihnen kommt, Sie dürfen kein Geheimnis preisgeben. Können Sie das tun?“

„Ja, ja, ja“ sagte Chen. „Seien sie nur nicht unvorsichtig, wenn Sie darüber reden, und es wird gut gehen, nicht wahr?“

Original-Artikel auf Englisch: Chinese Doctor Admits to Falun Gong Organ Harvest

 

 



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