China: Früherer Parteichef Jiang Zemin verliert an Einfluss

Titelbild
Hu Jintaos Abschied aus allen Ämtern dürfte auch Jiang Zemin in China politisch in den Schatten zwingen.Foto: Li/Getty Images

 

Vor zehn Jahren musste Jiang Zemin den Thron der kommunistischen Macht in China verlassen. Ihm folgte Hu Jintao. Trotzdem war es Jiang weiterhin gelungen, Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Nun sieht es so aus, als würde die Autorität der langjährigen (un)heimlichen Herrschaft schwinden. Jüngst war Jiangs Name der letzte aller Parteiführer auf einem Kondolenzbrief, als ein bekannter General begraben wurde.

Kürzlich schrieben zwei ehemalige hohe Beamte der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) einen Brief an das Zentralkomitee und verlangten eine spezielle Arbeitsgruppe, die die oft eigenwillige politische Führung von Jiang Zemin untersuchen und „korrigieren“ sollte. Weitere Affronts in seine Richtung fanden statt. Als Jiang ganz oben war, hätte er solcherlei Attacken natürlich nie geduldet, die jetzt als Indiz gewertet werden, dass sein Einfluss auf die Politik hinter den Kulissen schwindet.

Bei der Kranzniederlegung für den verstorbenen General der Volksbefreiungsarmee, Yang Baibing, am 21. Januar wurde Jiang als letzter von zwölf Teilnehmern angeführt. Bei einem ähnlichen Begräbnis im November vergangenen Jahres wurde er noch als dritter genannt. Ein eindeutiges Downgrading mit Gesichtsverlust.

Die Reihenfolge der Namen von Führern der KPCh dient dem Parteikorps und der Allgemeinheit als Messlatte für die relative Macht und den Einfluss der wichtigsten Führer. Bis zum 18. Parteikongress im vergangen November – und vor dem neu eingesetzten Führerteam unter Xi Jinping – war Jiang direkt hinter dem vormaligen Generalsekretär Hu Jintao gelistet. Jiang tauchte noch jahrelang bei öffentlichen Anlässen an der Seite von Hu auf, als er bereits keine offizielle Rolle mehr in der Partei innehatte. Diese Praxis war einmalig im kommunistischen China und wurde in den staatlichen Medien auch nie begründet.

Der letzte Generalsekretär, Hu Jintao, mischt sich nicht in öffentliche Auftritte ein, die vom neuen Führer, Xi Jinping abgehalten werden. Er hat auch die Kontrolle über das Militär abgegeben, während Jiang Zemin diesen Posten noch zwei weitere Jahre nach seinem Parteirücktritt innehatte.

Zwei Tage nach dem Ranking vom 21. Januar berichtete das Sprachrohr des Regimes, die Nachrichtenagentur Xinhua, in einer einspaltigen Notiz, Jiang hätte die Änderung persönlich angeordnet. „Xinhua lobt seinen noblen Charakter und umfassenden Geist eines Kommunisten auf das Höchste“, heißt es in der Nachricht. Die Notiz klang für Analysten der chinesischen Parteipolitik jedoch falsch. „Diese merkwürdige Nachricht ist ohne Zweifel die Antwort auf das Mysterium des Rankingbefehls und soll uns weismachen, dass das Ranking ein aktiver Wunsch von Jiang gewesen wäre“, schrieb Kommentator Zhou Xiaohui in der chinesischen Ausgabe der Epochtimes.

Lesen Sie weiter auf Seite 2: Jiang und seine Liebe zur Macht

[–]

„Aber keiner will es glauben“, heißt es weiter in der Epochtimes. „Jiang ist bekannt für seine Liebe zur Macht. Überdies ist seine Zeit abgelaufen. Warum wurde darüber nichts am 21. Januar berichtet?“ Laut Zhous Analyse der Ereignisse habe Xi Jinping seit der Machtübernahme im November daran gearbeitet, Jiangs Einfluss zu begrenzen. Der verspätete Bericht von Xinhua war ein nachträglicher Versuch, Jiang das Gesicht zu wahren, vermutet Zhou.

Das Hongkonger Magazin Cheng Ming lässt öfter mal Aussagen von Parteiinsidern durchsickern oder analysiert kommunistische Machenschaften. Zur selben Zeit, in der die Kranzniederlegung stattfand, berichtete das Magazin, die Beamten im Ruhestand, Wan Li und Qiao Shi, hätten einen Brief an das Zentralkomitee geschickt. Sie hätten verlangt, Jiangs Aktivitäten zu untersuchen. Beide waren Feinde von Jiang, als sie noch im Amt waren.

Qiao Shi wurde vom Ständigen Ausschuss des Politbüros unter Jiang ausgemustert. Letzterer hatte willkürlich ein Gesetz erlassen, das alle über 68-Jährigen zum Rücktritt zwang. Laut Cheng Ming,das einen Insider zitiert, sollen Qiao Shi und Wan Li gesagt haben, Jiang „stellt sich selbst über das Politbüro und tritt die Parteidisziplin und die Verfassung des Landes mit Füßen.“

Weitere Maßnahmen sollen gegenüber Jiang ausgeführt worden sein: etwa die Auflösung des Orchesters seiner Duzfreunde. Jiangs engster Vertrauter Li Lanqing hatte das Orchester San Gao („Drei Höhen“), das hauptsächlich mit hochrangigen Parteifunktionären, Militäroffizieren und Wissenschaftlern besetzt ist, vergangenen Mai gegründet. Lis Nähe zu Jiang rührt daher, dass er als erster Apparatschik das Büro 610 leitete. Dieses Büro war 1999 von Jiang zur landesweiten Verfolgung der Meditationspraxis Falun Gong gegründet worden und untersteht keinem Gesetz. Die Verfolgung von Falun Gong wurde zum Stempel seiner Regierungszeit als eine Art persönlicher Kreuzzug.

Über Li wird gesagt, er habe sein eigenes Gehalt benutzt, um das Orchester zu unterstützen. Ende Dezember soll es jedoch aufgelöst worden sein, heißt es in einem Bericht der Nanjing Daily. Die Nachricht wurde zunächst nicht weit verbreitet. Bis zum 23. Januar, als das wichtigste Webportal, Sina, berichtete, die Orchestermitglieder hätten vor dem ersten und gleichzeitig letzten wichtigen Auftritt am Pekinger Staatstheater bitterlich geweint. Außerdem wäre Jiang dort gewesen.

Wie wichtig die Symbolik im kommunistischen China mit seinen Parteiführern ist, spiegelte sich für viele Beobachter bei der Schilderung Song Zuyings wider. Die bekannte Sängerin wird als Jiangs Mätresse gehandelt. In einem aktuellen Kommentar auf Xinhua wurde sie als „das alte Gesicht, das die Show zum Frühlingsfest von CCTV (chinesisches Staatsfernsehen) über eine lange Zeit dominierte“, bezeichnet.

Artikel auf Englisch: Jiang Zemin, Former Party Leader, is Downgraded



Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion