Chinas 60 Punkte Reformplan – schon der Sieg für Xi Jinping?

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Portraits der jüngsten KPCh-Köpfe in chronologischer Reihenfolge, (v.l.n.r.) Deng Xiaoping, Jiang Zemin, Hu Jintao und Xi Jinping in einem Museum in Tianjin, China, 28. September 2013.
Von 16. November 2013

Mit einem detaillierten Reformplan setzt der chinesische Staats- und Parteichef Xi Jinping ein klares Zeichen, dass er den Einfluß seines Vor-Vorgängers Jiang Zemin in China gründlich beseitigen will. Jiang und seine Shanghai-Clique sind die großen Verlierer des Reformplans – zumindest auf dem Papier sieht ihre politische Zukunft düster aus. Ob die Pläne sich tatsächlich umsetzten lassen, wird von Beobachtern mit Spannung erwartet, schließlich durchzieht das Netzwerk des reformunwilligen KP-Adels noch immer die wichtigsten Bereiche des chinesischen Staates

Das Reformprogramm aus 60 Punkten wurde am Abend des 15. Novembers durch die staatliche Nachrichtagentur Xinhua veröffentlicht. Nach offiziellen Angaben wurde es beim „3. Plenum“ des KP-Zentralkomitees vom 9. bis 12. November in Peking verabschiedet.

„Staatssicherheitskommission“ statt "Ausschuss für Politik und Recht"

Nach dem Reformplan soll eine „Staatssicherheitskommission“ gegründet werden, die sich um die interne und externe Sicherheit des Landes kümmert. Staats- und Parteichef Xi Jinping will diese Kommission selbst leiten.

Der in den USA lebende China-Experte Shi Zangshan interpretiert das Ergebnis so: Chinas neue Führung wolle durch die Einrichtung einer neuen Stasi-Kommission die Macht über das Justizsystem auf lokaler Ebene übernehmen, die derzeit noch beim „Komitee für Politik und Recht“ liegt. „Damit würde Xi Jinping sein eigenes Machtsystem aufbauen – unabhängig vom Einfluss Jiang Zemins“, ist Shi überzeugt. Die Macht des „Komitees für Politik und Recht“ war von Jiang Zemin, der von 1989 bis 2002 an der Spitze der KP und des chinesischen Staates stand, kräftig ausgebaut worden.

Das „Komitee für Politik und Recht“ steht über der Polizei, dem Staatssicherheitsdienst und dem Justizsystem. Es kann chinesische Bürger ohne Gerichtsverfahren in Arbeitslager schicken und sie dort für „Umerziehungszwecke“ jahrelang einsperren. So wurde etwa das 1999 unter der Leitung des „Komitees für Politik und Recht“ stehende Büro 610 gegründet, um die Anhänger der Meditationspraxis Falun Gong zu verfolgen.

Vor seinem Abgang als KP-Chef schaffte es Jiang Zemin noch, den Leiter des „Komitees für Politik und Recht“ als Mitglied im Ständigen Ausschuss des Politbüros unterzubringen – direkt im Zentrum der Macht. Bis zuletzt waren alle Leiter des Komitees seine Vertrauten. So hatte er auch im Ruhestand noch Einfluß auf Chinas politischer Bühne. Der Sessel für den Stasi-Chef wurde erst im November 2012 wieder aus dem Politbüro gestrichen.

Abschaffung der Arbeitslager

Laut dem Reformplan soll das System „Umerziehung durch Arbeit“ (Laogai) abgeschafft werden, was das Ende der von Menschenrechts-Aktivisten seit Jahrzehnten kritisierten Arbeitslager bedeutet. Sie sollen in China ganz aufgelöst werden.

Die Arbeitslager sind für Jiang Zemin und seinen Handlanger, den ehemaligen Stasi-Chef Zhou Yongkang, der neuralgischste Punkt ihrer Machenschaften. In den Lagern wurden hunderttausende „politische Feinde“ und Andersdenkende ohne Gerichtsverfahren eingesperrt und gefoltert. Durch die Verfolgung der Falun Gong-Bewegung erlebte das Arbeitslager-System noch einmal einen Boom: Deren Anhänger bilden seit 1999 den Löwenanteil der Lagerinsassen. Bis heute können Menschenrechtsorganisationen nur vermuten, wie viele Tote die Lager gefordert haben.

Tauziehen der Gegner in den Medien

Um die Abschaffung der Arbeitslager fand ein erbittertes Tauziehen zwischen Xi und Jiang statt. Anfang 2013 gab es schon Xi Jinpings offizielle Ankündigung zur Abschaffung des Umerziehungssystems. Allerdings wurde die Nachricht sofort nach ihrem Erscheinen in Chinas Medien gelöscht. Für die Zensuraktion war Propagandaminister Liu Yunshan verantwortlich, ein Vertrauter Jiang Zemins.

Im April 2013 berichtete das chinesische Magazin „Lens“ ausführlich über die unmenschlichen Misshandlungen an Gefangenen im Frauenarbeitslager Masanjia. Der Herausgeber dieses Magazin gehörte zum Kreis um Xi Jinping. Einen Tag später kam prompt ein Befehl des Propaganda-Ministeriums, der weitere Berichte über das Lager verbot. Zehn Tage später erklärte Chinas Nachrichtenagentur Xinhua, dass die Mansajia-Berichterstattung in „Lens“ nicht der Wahrheit entsprochen hätte.

Wie ernst meint Xi es wirklich?

Verschiedene Informanten aus China berichteten der EPOCH TIMES, dass viele Arbeitslager in China schon seit Anfang 2013 begonnen hätten, Gefangene zu entlassen und den Betrieb aufzulösen. Viele Gefangene wurden jedoch nicht in die Freiheit entlassen, sondern in andere Gefängnisse und sogenannte Gehirnwäscheeinrichtungen überführt. Besonders die inhaftierten Falun Gong-Praktizierenden waren von diesen Verlegungsaktionen betroffen.

Chinas Arbeitslager dienten dem Regime nicht nur zum Wegsperren und Unterdrücken von Andersdenkenden: Das „Komitee für Politik und Recht“, das die Leitung der Lager inne hatte, nutzte sie auch als Geldquelle. Fast ohne Personalkosten ließen sich dort mit Hilfe der inhaftierten Sklavenarbeiter Billigprodukte für den westlichen Markt herstellen, wie zum Beispiel Dekorations- und Weihnachtsartikel.

Reform der Staatsbetriebe

Der Reformplan Xis will auch den Monopolstatus der Staatsbetriebe aufheben. Die Einführung von Privatkapital in staatliche Unternehmen soll möglich werden. Die Staatsbetriebe sollen in Zukunft einen Teil ihres Gewinns an den Staat abgeben und auch in die sozialen Kassen einzahlen. In Chinas Wirtschaftsleben sollen mehr freie Marktmechanismen erlaubt werden. Preise sollen in Zukunft hauptsächlich durch das Verhältnis von Nachfrage und Angebot bestimmt werden und der Staat soll seinen Einfluss auf die Preisgestaltung minimieren.

All diese Reformen werden Jiang Zemin und seine Vertrauten empfindlich treffen, da ihre Familien die meisten wichtigen Wirtschaftsbranchen Chinas in der Hand haben: So steuert der Sohn Jiang Zemins zum Beispiel den Telekommunikations-Sektor. Die Familien von Zhou Yongkang und von Zhous Vorgänger Zeng Qinghong regieren die Erdöl- und Erdgas-Branche. Der Sohn des oben erwähnten Propaganda-Ministers Liu Yunshan ist Chef von Chinas größtem Finanzkonzern.

Personaländerung in Shanghai

Jiang Zemins politische Karriere begann, als er KP-Chef in Shanghai war. Er und seine Vertrauten wurden daher die „Shanghai-Clique“ genannt. Heute ist dort immer noch das Zentrum seines Machtbereichs. Alle Oberhäupter von Shanghai nach ihm waren seine eigenen Leute, einschließlich des jetzigen KP-Chefs Han Zheng.

Informanten aus Peking berichten, dass Han Zheng in nächster Zeit nach Peking „befördert“ werden soll, um in direkter Nähe zu Xi Jinping in dessen „Führungsstab zur Vertiefung der Reform“ zu arbeiten – als „Stellvertretender Leiter“. Diese „Beförderung“ würde Han Zheng in die politische Bedeutungslosigkeit manövrieren. Ein Vertrauter von Xi würde dann die Stelle des Shanghaier KP-Chefs besetzen. Sobald dieser Plan aufginge, hätten Xi Jinping und seine Leute Jiang Zemins Einfluss komplett ausgeschaltet.



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