Chinesischer Regimekritiker wohnt in japanischem Flughafenterminal

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Foto: Cindy Drukier/The Epoch Times
Von 31. Januar 2010

Tokio – Auf einer zwei Meter langen Plastikbank in der sterilen Ankunftshalle des Tokioter Flughafens Narita zu wohnen, ist für Feng Zhenghu inzwischen zum Normalfall geworden. Seit drei Monaten ist er da, existiert im Gang zwischen den Ankunftsschranken und den Einwanderungsschaltern. Es gibt keine Läden, keine Restaurants und keine Duschen. In einer Ecke gibt es ein paar Pflanzen und ein Fenster mit Ausblick auf die Rollbahn, wo die Sonne für kurze Zeit am Tag hereinscheint.

Nach Hause zu gehen, ist das fundamentalste Recht eines Menschen. Das ist nicht nur eine chinesische Angelegenheit, es ist weltweit dasselbe. Das ist mein Wunsch. Ich möchte nach Hause und in mein Land zurückkehren“, sagt Feng.

Fengs Notlage ist zu einem Sinnbild für den Versuch geworden, chinesische Behörden an ihre Verantwortung zu erinnern, sich an ihre eigenen Gesetze zu halten.

Feng veröffentlichte in China eine Zeitung namens „Korruptions-Wache”, um die Korruption unter Beamten und Gerichten aufzuzeigen, vorzugsweise in seiner Heimatstadt Schanghai. Er brachte sich selbst die Gesetzeskenntnisse bei und half chinesischen Antragsstellern, für ihr Recht zu kämpfen, nachdem sie mit Gewalt aus ihren Häusern vertrieben und ihre Häuser abgerissen wurden. Davor war er als Student Aktivist in der demokratischen Bewegung von 1989, die von den Panzern auf dem Platz des Himmlischen Friedens zermalmt wurde.

Feng behauptet, das Regime hielte ihn absichtlich von China fern um ihn zum Schweigen zu bringen. „Sie hatten keinen rechtmäßigen Grund mich zu verhaften … also wählten sie einen anderen Weg und nötigten mich aus China hinaus. Nachdem sie einen verjagen, hat man keine andere Wahl, als das Land zu verlassen. Vielen Menschen ist das im Laufe der letzten Jahre passiert und sie benutzen immer die gleiche Verfahrensweise. Alles was man machen kann ist, ein wenig Widerstand leisten. Die Methode, die sie verwenden, ist in ihren Augen eine sehr erfolgreiche Methode.“

Feng Zhenghu mit dem Freedom Pioneer Award, mit dem ihn die Pro-Demokratie-Zeitung „Beijing Spring“ mit Sitz in New York, ausgezeichnet hat.Feng Zhenghu mit dem Freedom Pioneer Award, mit dem ihn die Pro-Demokratie-Zeitung „Beijing Spring“ mit Sitz in New York, ausgezeichnet hat.Foto: Cindy Drukier/The Epoch Times

Dies ist also Fengs Widerstand

Fengs Gefangenschaft auf dem Flughafen begann am 4. November 2009, obwohl sein Bestreben nach Hause zurückzukehren schon am 7. Juni begann. Da verweigerten ihm die Behörden von Schanghai das erste Mal die Einreise nach China nach einem zweimonatigen Aufenthalt in Japan. Er versuchte es noch sieben Mal und wurde entweder daran gehindert, das Flugzeug zu besteigen oder sein Land zu betreten. Am 3. November wurde er bei seinem letzten Versuch Richtung China durch die Polizei von Schanghai und die All Nippon Crew wieder in den Flieger zurück gezwungen. Seitdem befindet er sich in beständigem Fegefeuer.

Er hat eine gültige Arbeitserlaubnis und könnte in Japan einreisen, tut es aber nicht. Feng meint, die japanische Regierung sollte auf China Druck ausüben, ihren eigenen Bürger anzuerkennen, das ist aber nicht erfolgt, also ist das auch Teil seiner Widerstands-Botschaft.

„Ich setze keine großen Hoffnungen in die japanische Regierung. Dies passiert nach wie vor und immer noch in Japan“, so Feng. „Selbst wenn ich hier nur zwei Tage aufgehalten worden wäre, hätten sie China irgendetwas mitteilen müssen.“

„Ich glaube, die japanische Regierung will mit China gut Wetter machen“, fügt er hinzu, da viele japanische Reporter ihn deswegen befragt haben.

Die UN-Kommission für Flüchtlinge schlug vor, er sollte sich als Flüchtling eintragen lassen, aber das Angebot lehnte er ab. Feng sucht nicht nach einem warmen Bett, sondern nach Gerechtigkeit.

Aufgrund von Infomaterialien, die er Reisenden anbietet, erzählte der sich verweigernde Flüchtling der UNHCR: „Ich habe mein eigenes Land und China ist mein Heimatland. Ich bin Chinese und ein chinesischer Akademiker. Ich bin meinem Lande verpflichtet … die chinesische Regierung hat nicht nur die Grundrechtcharta der UN verletzt und die internationalen Menschenrechtsverträge, indem sie einem chinesischen Bürger die Einreise nach China verweigert, sondern sie haben auch die chinesische Verfassung und die Gesetze verletzt. Ich weiß sehr wohl, dass ich mich in China größerem Leid aussetze, aber ich möchte immer noch in mein Heimatland zurück.“

Fengs Aufgabe im Terminal 1 des Narita Airports ist es, das chinesische Volk zur aktiven Mitarbeit zu ermutigen, die Probleme in China zu lösen.

„Ich versuche, mich nicht auf das Mitleid der Chinesen zu verlassen. Die Chinesen haben sehr viel gelitten im Laufe der Geschichte. Ich möchte der Welt zeigen, dass wir durchaus in der Lage sind unsere Probleme selbst zu lösen. Ich möchte nicht, dass die Welt den Eindruck bekommt, dass wir eine Last wären, und dass die betreffenden Länder versuchen uns zu helfen, während sie ihre eigenen Probleme zu lösen haben.

„Das chinesische Volk muss sich erheben und seine eigenen Probleme lösen“, so Feng.

Feng bekommt sowohl aus China als auch weltweit Zustimmung. Er ist den ganzen Tag an seinem PC beschäftigt, chinesische Tweets an seine Schar von Twitterkollegen auszusenden und Anrufe entgegenzunehmen.

„Sehr viele Zeitungen, Fernseh- und Radiostationen aus der ganzen Welt interviewen mich. Ich habe eine festgesetzte Zeit, interviewt zu werden“, beschreibt Feng seinen geschäftigen Tagesablauf.

Er hat sich mittlerweile daran gewöhnt, unter dem gleißenden Neonlicht zu schlafen und kann sogar nach sechs Uhr morgens, wenn das Personal eintrifft, in seinem Schlafsack liegen bleiben – der Schlafsack ist eine deutliche Verbesserung zu der Jacke, unter der er sonst schlief. Sein „Arbeitstag“ beginnt um 8 Uhr 30 und endet um Mitternacht.

Einige japanische Flugbegleiter gehen vorbei, grüßen ihn mit einem vergnügten, vertrauten “Ohiyo gozaimasu” – Guten Morgen – wie sie andere Kollegen grüßen würden.

„Um die Mittagszeit mache ich Pause. Ich habe eine Stelle gefunden, wo Sonnenlicht hereinkommt, also nehme ich da ein Sonnenbad”, beschreibt der Dissident, während er auf seinen Händen sitzt, und einen etwas ausgezehrten, aber rationalen und resoluten Eindruck macht.

„Mein Leben hier ist recht normal geworden“, sagte er.

Feng ernährt sich von getrockneter Nahrung, milden Gaben von Unterstützern oder Freunden dieser Unterstützer, die durch den Flughafen gehen. Das Beförderungsentgelt ist auf sein Handgepäck beschränkt. Bisweilen geben ihm taiwanische Flugbegleiter etwas frische Nahrung. Ohne die Möglichkeit zu duschen achtet er sehr auf Sauberkeit.

Aber Feng will nicht auf den Schwierigkeiten eines Lebens auf einer Plastikbank herumreiten. Er sagt, er hätte in China Schlimmeres erlebt, sei verhaftet worden, entführt und gefoltert und in Arbeitslager gesteckt worden.

NTDTV-Video (englisch): Chinese Human Rights Activist Protests at Tokyo Airport

„Das, was Gao [Zhisheng] passiert ist, ist mir auch passiert. Im Gefängnis habe ich eine Menge Elend und Schmerz ertragen müssen. Meine Leidensfähigkeit ist – im Vergleich zu einem gewöhnlichen Menschen – also höher. Ich versuche hier ein normales Leben zu führen.“

Fengs Verweis auf Gao Zhisheng ist erschreckend. Gao ist der chinesische Anwalt für Menschenrechte und Friedensnobelpreisanwärter, der detailliert über ein 50-tägiges Martyrium geschrieben hat, das er in Chinas Gefängnissen ertragen musste. Gao wurde im Februar 2009 erneut von der Polizei entführt und gilt seitdem als vermisst.

Trotz der internationalen Berichterstattung über Fengs Situation und Unterstützung von Gönnern, scheint sich wenig zur Lösung seiner ungewöhnlichen Abschiebung zu tun. Aber Feng ist unerschrocken.

„Meine Gemütsverfassung ist sehr stabil. Vom ersten Tag an hat sich hier nichts verändert. Ich weiß was ich tue, ich weiß was los ist, also betrachte ich das Ganze sehr logisch und sehr rational“, sagt er.

„Ich erzähle anderen nichts davon, wie schwer es ist hier zu leben. Ich will zeigen, dass wir in der Lage sind, selbst unter Druck ruhig und stabil aufrecht zu bleiben. Das gibt anderen ebenso Hoffnung“, ist Fengs Schlusswort.

 

Originalartikel auf Englisch: Life in Japanese Airport Becoming ‚Normal‘ for Chinese Dissident

Foto: Cindy Drukier/The Epoch Times

 



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