Den Seelen der Opfer vom 4. Juni gewidmet

“Sie töten uns!”, schrieen die Studenten aufgeregt. Viele waren voller Blut am Körper... Jian wird drei Mal ins rechte Bein getroffen. Die Studenten griffen ihn an den Armen und schleppten ihn zum „Denkmal der Volkshelden” in der Mitte des Platzes.
Titelbild
(64memo.com)
Von 4. Juni 2009

Vor zwanzig Jahren, am Abend des 3. Juni erfuhr der 18-jährige Pekinger Sportstudent Zhang Jian auf dem Platz des Himmlischen Friedens, dass die Soldaten bereits über die Schutzmauer, die die Studenten und Pekinger Bürger gebildet hatten, in westlicher Richtung auf den Platz drängten; dabei wurden viele verletzt und totgeschossen.

Jian war Leiter der Ordnerdienstgruppe, die die Studenten zur ersten Hilfe und zur Erhaltung der allgemeinen Ordnung auf dem Tiananmen-Platz gegründet hatten. Eine ihrer wichtigen Aufgabe war, die Soldaten zu hindern, näher an den Tiananmen-Platz zu kommen. Jian konnte nicht sofort glauben, was er gerade gehört hatte, weil er dachte, dass die Lichter in der Ferne von Leuchtkörpern stammten.

Jian lief schnell mit mehr als 200 seiner Ordner an den westlichen Rand des Platzes. Nach wenigen Minuten sahen sie die glänzenden Helme der Soldaten in der Ferne. Sie liefen weiter nach vorne und sahen immer mehr Studenten und Pekinger Bürger, die rückwärts gingen. „Sie töten uns!“, schrieen die Studenten aufgeregt. Viele waren voller Blut am Körper…

„Es war etwa 2:00 Uhr in der Nacht, als ich acht Soldaten mit einem Offizier auf uns zukommen sah. Ich lief ein paar Schritte nach vorne und schrie: Wir sind Studenten und haben keine Waffen. Der Offizier sah mich an und schoss dann ohne Vorwarnung.“ Jian wird drei Mal ins rechte Bein getroffen. Die Studenten griffen ihn an den Armen und schleppten ihn zum „Denkmal der Volkshelden“ in der Mitte des Platzes. Von dort wurde er in das Tonglen-Krankenhaus in Peking gebracht.

20 Jahre später erscheint diese Szene immer wie ein frisches Bild vor den Augen des heute 38-jährigen Politik-Kommentators. Seit seiner Flucht aus China im Jahr 2001 lebt er in Paris im Exil. Die letzte Kugel hat Jian bis zum vergangenen Jahr, 19 Jahre nach dem Blutbad, in seinem Bein gelassen. Damit wollte er sich selbst daran erinnern, die Geschichte nicht zu vergessen.

Er wollte damit auch der Welt beweisen: „Die Soldaten hatten gegen die Studenten das Feuer eröffnet, wie auch immer die Propaganda der Kommunistischen Partei Chinas die Welt belügt und was auch immer die Opportunisten wie Hou Dejian und Liu Xiaobo, zwei der vier bekanntesten damaligen Führer der Studentenbewegung auf dem Tiananmen-Platz, aussagten.“

Zum ersten Mal lernte ich Jian am 20. Mai auf der Jannowitzbrücke in Berlin persönlich kennen. Mit sieben Freunden, davon ein damaliger Freund von ihm aus der Zeit auf dem Tiananmen-Platz, Wang Menglong, und mit der bekannten Paigu-Rockband aus China, kamen sie vor die chinesische Botschaft in Berlin. Seit dem 15. Mai sind sie in über zehn Städten in Frankreich, Italien und Deutschland unterwegs, um der Opfer des 4. Juni-Massakers zu gedenken.

Ich war etwas aufgeregt, obwohl das für eine Journalistin nicht angemessen ist, aber ich fühlte mich dann sofort mit ihnen verbunden, weil ich mich vor 20 Jahren auch aktiv an der Studentenbewegung beteiligt habe. Ich war vom 30. Mai bis 7. Juni 1989 in Peking, um dort an der Bewegung teilzunehmen. Wäre ich in der Nacht auf den Tiananmen-Platz gewesen, was würde mir passiert sein? Vieles hatte ich selber in Peking erlebt. Ich hatte auch fest an das unglaubliche Blutbad geglaubt, obwohl seit dem frühen Morgen des 4. Juni in China nur die Propaganda, die das Ereignis verleugnete, zu hören war. Jians Erinnerung hat mich wieder tief erschüttert.

Vor der chinesischen Botschaft in Berlin (von links): Zhang Jian, Duan Xinjun, Aobo, Wang Menglong und Zeng Lunxing. Auf dem Spruchband steht: Die KPCh geht unter, lassen Sie sich nicht mit ihr zusammen begraben! (Jason Wang/The Epoch Times)
Vor der chinesischen Botschaft in Berlin (von links): Zhang Jian, Duan Xinjun, Aobo, Wang Menglong und Zeng Lunxing. Auf dem Spruchband steht: Die KPCh geht unter, lassen Sie sich nicht mit ihr zusammen begraben! (Jason Wang/The Epoch Times)

„Heute möchten wir auf eine neue Weise, mit Rockmusik, eure apathischen und schmutzigen Seelen erwecken“, rief Wang Menglong ins Mikrofon auf der Jannowitzbrücke. Er war Student an der Theaterhochschule in Peking, heute ist er 42 Jahre alt. Longmeng hielt vor dem Massaker neben anderen Studenten die täglichen Reden auf dem Tiananmen-Platz. „Die ersten Schüsse sind zu hören“, erinnert sich Longmeng. „Um die Studenten zu ängstigen, wurden die Laternen immer wieder ein- und ausgeschaltet. Dann sah ich die Panzer kommen. Sie fuhren auf die Zelte zu, die um einen von den Studenten angefertigten Nachbau der Freiheitsstatue standen, genau da, wo ich auch geschlafen hatte. Die Panzer fuhren über die Zelte hinweg und töteten dabei unzählige Studenten.“
Menglong lebt heute auch in Paris im Exil.

Der größte Platz der Welt, der Platz des Himmlischen Friedens führt Jian und Menglong bis heute zusammen. Mit dem neuen Lied „Tiananmen-Brüder“ drücken sie ihr tiefstes Gedenken aus an alle auf dem Platz gestorbenen Studenten. Vor der chinesischen Botschaft in Berlin sangen sie zusammen …

Tiananmen-Brüder
Den Seelen der Opfer vom 4. Juni gewidmet

Text: Zhang Jian
Musik: Duan Xinjun

„Bruder, wo bist Du
Kannst Du Dich
an unsere festhaltenden Hände erinnern
Wir waren furchtlos
trotz des Sturms oder der brennenden Sonne

Bruder, wo bist Du
In einer Juninacht bist Du gefallen
Wie konnte ich es nicht schaffen
Dich zu wecken

Die gnadenlosen Kugeln konnten unser Ideal nicht durchdringen
Eine freiheitliche Brust ist fester als der Panzer
Unser Eid ist eine ewige Flamme
Unser jugendliches Blut wird niemals austrocknen

Bruder, wo bist Du
Kannst Du Dich an unseren Herzschlag erinnern
Beim Aufschrei im Geschützfeuer
haben sich unsere Herzen vereinigt

Bruder, wo bist Du
Selbst in Tausenden von Jahren
wird Deine heldenhafte Erscheinung
im Jahr 1989 bleiben

Die gnadenlosen Kugeln konnten unser Ideal nicht durchdringen
Eine freiheitliche Brust ist fester als der Panzer
Unser Eid ist eine ewige Flamme
Unser jugendliches Blut wird niemals austrocknen.“

(64memo.com)
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Video: Zhang Jian und seine Tiananmen-Brüder

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