Der Kampf vor dem 17. Parteitag in China

Chinas Präsident Hu Jintao übernimmt auch realpolitisch die Macht von Jiang Zemin
Titelbild
Ein Petitionierender schreibt eine Bittschrift im „Petitionsdorf“ in Peking. Auf der Wand hinter ihm steht: um ein Zimmer zu mieten, gehen Sie bitte hier weiter. (Foto: DJY)
Von 4. Oktober 2007

Ein ganz besonderes Dorf in der Innenstadt Pekings, nicht weit entfernt vom Südbahnhof, und genau zwischen den beiden Petitionsbüros der Zentralregierung gelegen, wird bald verschwinden. Eine Entscheidung, dass dieses Dorf vor dem 17. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas, der am 15. Oktober anfangen sollte, vollständig abgerissen werden soll, wurde kürzlich von der Pekinger Regierung getroffen. Das Dorf hat wegen seinen speziellen Einwohnern einen Spitzenamen: „Petitionsdorf“. In diesem Dorf gibt es seit der Kulturrevolution eine Menge billiger Hotels, die traditionell Petitionierende aus dem ganzen Land als Gäste aufnehmen.

Herr Wang kam am 19. September aus seiner Heimat, der Provinz Henan, nach Peking. So wie die meisten Petitionierenden fragte er nach Übernachtungsmöglichkeit im „Petitionsdorf“. Obwohl es schon sehr spät war, wollte ihn kein Hotel mehr annehmen. „Die Polizei hat allen Hotelbesitzern mitgeteilt, dass sie selber die Verantwortung tragen müssen, wenn sie den Petitionssuchenden Hotelzimmer vermieten“, sagte Wang enttäuscht im Gespräch mit Radio Free Asia. Die Menschenmassen, die wegen des Verlusts ihres Zuhauses zur Petition nach Peking kommen, finden schließlich auch in Peking kein zuhause.

Wie viele andere Petitionssuchende auch, war Herr Wang auf dem Weg in Richtung des Amtssitzes von Premierminister Wen Jiabao, um sich an ihn mit seinem Gesuch zu wenden. Herr Wang legte noch Hoffnung auf ihn. Jedoch seien Petitionierende unerwünscht und unbeliebt, besonders vor dem Parteitag. Viele können gar nicht an dem Haus ankommen, da sie unterwegs schon von den Polizisten, die überall an den Kreuzungen stationiert sind, angehalten und in die Polizeiwagen geladen werden. Laut Wang wurden innerhalb von zwei Tagen mindestens 17 Polizeiwagen voll mit Petitionssuchende in ihre Heimat zurückgeschickt.

Informationen des „Hongkonger Informationszentrums für Chinas Menschenrechte und Demokratie“ (www.hkhkhk.com) zufolge hat der Ausschuss für Politik und Recht des Zentralkomitees der KPCh vor kurzem eine Arbeitsanweisung erlassen, dass die regionalen Ausschüsse für Politik und Recht Maßnahmen ergreifen sollen. Die Anweisung besagt, dass die Petitionierenden daran gehindert werden sollen, nach Peking zu fahren und jene, die nach Peking gegangen sind, von dort in ihre Heimat zurück gebracht werden sollen. Nach diesem Erlass sind in den Medien immer häufiger die Nachrichten über Verurteilungen oder Umerziehung durch Arbeit von Petitionierenden zu lesen.

Laut neuesten Informationen der chinesischen Tianwang-Organisation wurde eine Sonderaktion gegen die Petitionierenden, in der rund 30 Büsse und 300 Polizisten eingesetzt sind, am 28. September gestartet. Es wurden tausende Menschen festgenommen und sofort in ihre Heimat zurückgeschickt.

Ein Machtkampf findet vor dem Parteitag sein Ende

Am 20. September berichtete das staatlich kontrollierte Xinhua-Net, das Zentralkomitee der KP Chinas habe in den vergangenen Tagen die Entscheidung getroffen, dass Ling Jihua die Stelle von Wang Gang übernehme und der neue Direktor der Geschäftsstelle des Zentralkomitees der KPCh sein werde.

Dieser Stellenwechsel kurz vor dem Parteitag wird von den politische Analytikern, die die politische Lage der KPCh gut kennen, als ein entscheidender Sieg des jetzigen Staats- und Parteichefs Hu Jintao im Machtkampf mit seinem Vorgänger Jiang Zemin angesehen. Wang Gang war ab der Jiang Zemin-Ära der Direktor der Geschäftsstelle des Zentralkomitees der KPCh. Er gehörte zu den Gefolgsleuten von Jiang Zemin. Im Gegenteil folgt Ling Jihua dem jetzigen Parteichef Hu schon seit der Zeit, als Hu noch der erste Sekretär des Jugendverband des Zentralkomitees war. Im Jahr 1992 wurde er von Hu als sein Büroleiter eingesetzt, sofort nachdem Hu Mitglied des Politbüros geworden war. Ling ist einer der engsten Vertrauten von Hu.

Den Analytikern zufolge ist die Stelle des Direktors der Geschäftsstelle des Zentralkomitees eine Schlüsselstelle, die sich direkt an Entscheidungsprozessen der Zentralregierung beteiligt und für die Sicherheit der führenden Persönlichkeiten der Zentralregierung zuständig ist. Genau die Tatsache, dass Wang Gang so lange auf dieser Stelle geblieben ist, spiegle die Wichtigkeit dieser Stelle und die bisherige Macht von Jiang in der Politik Chinas wider.

Obwohl Hu schon vor vier Jahr im 16. Parteitag die höchste politische Machtstelle Chinas von der Hand von Jiang übernommen hat, hat er aber nicht die tatsächliche Macht. Unter den neun ständigen Mitgliedern des Politbüros nach dem 16. Parteitag gehören fünf zu den Gefolgsleuten Jiang Zemins. Auch zahlreiche Provinzgouverneure stammen aus dem Jiang-Kreis. Die Machtposition Jiangs im Militär war auch stärker als jene von Hu. Die Machtbündnisse von Jiang werden in China als Jiang-Bande und Shanghai-Bande bezeichnet, weil Jiang ursprünglich aus Shanghai stammt.

Ein Ende des Machtkampfs zwischen Hu und der Shanghai-Bande zeichnet sich auch durch einen Blutwechsel im Militär ab, der in den wichtigsten großen Militärbezirken wie Peking, Nanjing-, Guangzhou-, Laizhou-, Chengdu-, Shenyang- und Jinan und in den militärischen Universitäten und Akademien stattgefunden hat. „Hu hat seine Macht im Militär vor dem 17. Parteitag endlich befestigt“, so die Hongkonger Morgenpost „Lianhe Zaobao“.

Mitglieder der Shanghai-Bande wurden verurteilt

In einem Ermittlungsverfahren gegen den KP-Generalsekretär von Shanghai, Chen Liangyu, stellte sich heraus, dass immer mehr Mitglieder der Shanghai-Bande in den Korruptionsskandal um Chen verwickelt waren. Chen Liangyu spielte eine wichtigste Rolle in der Shanghai-Bande und wurde wegen Korruptionsverdachts letzten September angezeigt und festgenommen. Vor Kurzem wurde aufgrund der Korruption eine lebenslange Haftstrafe für den ehemaligen Sekretär von Chen Liangyu, Wang Guoxiong, der auch stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Shanghaier Strom- und Gasunternehmens Han Guozhang war, verhängt. Der Direktor der Shanghaier Sozialversicherung, Zhu Junyi, der Direktor des Stadtrates von Shanghai, Sun Luyi, und der Abteilungsleiter der Behörde für Verwaltung von Boden und Wohnungen, Zhu Wenjin, wurden jeweils zu Freiheitsstrafen von 18, 15 und 15 Jahren verurteilt.
Beobachtern zufolge möchte Hu durch diese schweren Strafen gegen die Mitglieder der Shanghai-Bande den weiteren Mitgliedern zeigen, dass die Gruppe rund um Jiang vollständig ihre Machtposition verloren hat.

Jiang Zemin`s Sohn wird aus der Liste des 17. Parteitages gestrichen

Eine weitere interessante Tatsache ist,. dass der Name des Sohns von Jiang Zemin, Jiang Mianhen, nicht mehr auf der offiziell veröffentlichten Liste der Vertreter des 17. Parteitages zu finden ist. Einem Bericht des Hongkonger Magazins „Kaifang“ zufolge ist Jiang Mianhen in den Korruptskandal von Chen Liangyu in Shanghai involviert. Es werden ständig Gerüchte verbreitet, dass ihm verboten wurde, ins Ausland zu reisen, und auch eine innerparteiliche Disziplinarstrafe über ihn verhängt wurde.

Theorie von Hu wird in die Parteisatzung verankert

Über den Personenwechsel hinaus gibt es noch eine weitere zu beachtende Nachricht, nämlich, dass während des 17. Parteitages die Lehre von Hu Jintao „Entwicklung durch Wissenschaft“ in die Parteisatzung hinzugefügt wird. Epoch Times-Politikkommentator Si Matai sieht diese Sache als besonders pikant im Machtkampf zwischen Hu und Jiang an. In der Vergangenheit habe Jiang oft mit seiner Lehre der „drei Vertretungen“, versucht, Hu zu unterdrücken. Mit dem 17. Parteitag sehe es so aus, als ob Hu auch auf dem Kriegsfeld der Theorien den endgültigen Sieg gewinnen könnte.

(Text erschienen in The Epoch TImes Deutschland Nr. 7, Seite 5)



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