Eine Festland-Chinesin verklagt Yahoo in USA

Vorwurf: Beihilfe zu Folter in China
Titelbild
Yu Ling vor dem U.S. Distriktgericht Nordkalifornien (Foto: Ma Youzhi/The Epoch Times)
Von 23. April 2007

Am 7. März kam die Pekinger Chinesin Yu Ling in Washington an. Sie hoffte, die amerikanische Internetfirma Yahoo verklagen zu können. Yu ist der festen Überzeugung, dass Yahoo der chinesischen Justizbehörde private Emaildaten übermittelte und dies zu der Verurteilung ihres Mannes geführt habe. In mehreren Seiten des 14-seitigen Urteils des chinesischen Gerichtes wurden die von Yahoo gelieferten Daten zitiert. Ihr Mann, Wang Xiaoning, ein Internetschriftsteller und Andersdenkender, wurde im September 2003 wegen einiger Artikel, die im Internet verbreitet wurden, zu zehn Jahren Haft verurteilt. Der Vorwurf lautete „Anstiftung zum Umsturz der Staatsmacht“. Er sitzt seither in einem Pekinger Gefängnis und ist fortlaufender Folter und Misshandlung ausgesetzt.

Eine Radiosendung machte Hoffnung

„Nach der Festnahme meines Mannes fühlte ich mich hoffnungslos. Ich wusste nicht, an welche Behörde ich mich wenden und wer mir helfen könnte. Außerdem sagten sie mir jeden Tag, ich sollte mit niemandem reden, das sei vorteilhaft sowohl für mich als auch für meinen Mann.“, so Frau Yu gegenüber BBC. Um ihre Arbeitsstelle und die Zukunft ihres Sohnes nicht zu gefährden, hielt sie sich an die Forderung und schwieg. Eines Tag hörte sie eine Radiosendung und änderte ihre Meinung. „Als der Anwalt mir das Urteil übergab, sah ich, dass Yahoo Beweise geliefert hatte. Dann hörte ich eines Tages im Radio, wie ein Mann erklärte, er werde Yahoo verklagen, wenn Leute wegen Yahoo bestraft werden. Da dachte ich sofort, dass ich mit ihm zusammen Yahoo verklagen sollte.“, erzählt Yu weiter gegenüber BBC.

Yu Ling hatte von vielen Seiten erfahren, dass es Unternehmen in Amerika nicht erlaubt ist, private Daten bekannt zu geben und dachte, es sollte auch in China nicht erlaubt sein. „Yahoo, eins der weltweit größten Unternehmen, soll die Menschenrechte schützen.“ so Yu im Interview mit BBC. Yu Ling flog nach Washington und fand Hilfe bei Rechtsanwälten.
Zivilrechtliche Schadensersatzklage am 18. April 2007 gestellt

Am 18.4.2007 fuhr Yu Ling mit ihrem Rechtsanwalt Morton Sklar, dem geschäftsführenden Vorsitzenden der World Organization for Human Rights USA, nach San Francisco. Sie reichten dort beim U.S. Distriktgericht Nordkalifornien Klage gegen Yahoo ein. Der Vorwurf: Beihilfe bei Misshandlung und Folter in China. Die Klage beruht auf dem „Alien Tort Claims Act1″ von 1789 und dem „Torture Victims Protection Act2″ von 1992. Diese amerikanischen Gesetze ermöglichen nach Auffassung der Organisation eine zivilrechtliche Schadensersatzklage gegen amerikanische Bürger und amerikanische Organisationen, die im Ausland Beihilfe zu Folter, entwürdigenden Maßnahmen oder Hinrichtungen ohne Gerichtsurteil geleistet haben. Die vorliegende Klage sei die erste in Amerika, die gegen eine amerikanische Firma wegen ihren Handlungen in China gestellt wird.

„Was Yahoo getan hat, führte dazu, dass mein Mann seine Freiheit verloren hat. Heute möchte ich ihnen sagen: Sie haben etwas Falsches getan.“ Yu Ling hatte Tränen in den Augen, als sie das während der Pressekonferenz sagte, die sich an die Einreichung der Klage anschloss. „Ich wünsche mir das Versprechen von Yahoo, mit solchen Vorgehensweisen aufzuhören.“, sagte Yu Ling.

Rechtanwalt Morton Sklar wies darauf hin, dass Yahoo dem kommunistischen Regime immer noch die privaten Daten seiner Kunden gibt. Bei dieser Klage ginge es weniger um Geld, als vielmehr darum, endlich wirksamen Druck auf Yahoo sowie die amerikanischen Firmen ausüben zu können, die sich mit diktatorischen Regimen einlassen. „Yahoo hat dazu beigetragen, dass Einige [Chinesen] im Gefängnis sitzen. Das Unternehmen muss sich nun um Freilassung dieser Menschen bemühen. „, forderte Anwalt Morton Sklar.

Dürftige Erklärung von Yahoo

Yahoo-Sprecher Jim Cullinan nahm zu diesen Vorwürfen Stellung: „Obwohl die Manager bei Yahoo über die Verhaftung chinesischer Bürger erschüttert sind, werden wir unsere Dienstleistungen in China weiter anbieten, weil wir glauben, dass das Internet den Wandel im Land unterstützt.“

Yahoo verteidigte sein Verhalten damit, dass die Firma sich an bestimmte Rechtsvorschriften der VR China zur Offenlegung der Nutzerdaten zu halten habe, um seine Angestellten dort nicht der Gefahr der rechtlichen Verfolgung durch chinesische Behörden auszusetzen.

Dem hält „Reporter ohne Grenzen“ entgegen, dass Yahoo seinen chinesischen Firmensitz in der Sonderverwaltungszone Hongkong habe, auf den die Justiz der VR China keinen Zugriff hat; dass auch die Unterzeichnung des Abkommens mit der Internet Society of China auf freiwilliger Basis erfolge, die Unterzeichnung sei keine „conditio sine qua non“, und die Mithilfe von Yahoo erfolge bei den Ermittlungen chinesischer Behörden aus rein wirtschaftlichen Überlegungen.

Im vorauseilenden Gehorsam

Ähnlich wie Google oder andere Internetplattformen, die in vorauseilendem Gehorsam ihre Angebote zensieren, um ihre eigenen Geschäfte in China nicht zu gefährden, seien Yahoo die Menschenrechte seiner Nutzer wenig wert.

Ein ethischer Codex zum Verhalten von amerikanischen Firmen im Umgang mit Regimen, die die Menschenrechte nicht achten, wird in den USA schon länger diskutiert. Sollte die Klage Erfolg haben, würde das diesen Firmen signalisieren, dass sie nicht nur einen Imageschaden, sondern auch in harter Währung auszudrückenden Schaden zu befürchten hätten.

Das Leid der Familie

„Am 1. September 2002 wurde mein Mann festgenommen. Erst am 15. März 2004 konnte ich ihn zum ersten Mal wieder sehen. Da waren seine Augen starr und glanzlos. Sein Gesicht wirkte wie eine Maske. Er hustete ununterbrochen, seine Haare waren weiß geworden, er sah sehr, sehr alt und schwach aus.“ beschrieb Yu Ling ihren Mann auf der Pressekonferenz.

Yu Ling hat Angst vor Verfolgung, wenn sie nach China zurückkehrt. Sie darf aber keine Angst haben, das weiß sie. Ihr Mann befindet sich noch immer im Gefängnis, ihr Sohn lebt auch in China, beide brauchen ihre Hilfe und Fürsorge. Sie muss nach China zurückfliegen, ihre Augen waren voller Tränen, als sie darüber sprach. …



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