Freies Fernsehen nach China unterbrochen

Über den Satellitenbetreiber Eutelsat sendet der Fernsehsender NTDTV freie journalistische Inhalte nach China. Seit zwei Wochen ist das Signal unterbrochen. NTDTV vermutet chinesische Einflussnahme dahinter, Eutelsat kann sich nicht zufriedenstellend erklären. Technische Störung bei Eutelsat oder Handel mit dem chinesischen Regime?
Titelbild
Die Moderatoren von NTDTV. (NTDTV)
Von 1. Juli 2008

Seit zwei Wochen ist das Satellitensignal von NTDTV – New Tang Dynasty Television – am Festland Chinas nicht mehr zu empfangen. Der in Amerika ansässige chinesischsprachige Fernsehsender liefert den Chinesen – verbotenermaßen – Nachrichten, die über die staatliche Propaganda hinausgehen. Nach vier Jahren ununterbrochener Ausstrahlung durch die Satelliten des zweitgrößten Satellitenbetreibers in Europa, Eutelsat, können Millionen Haushalte in China NTDTV seither nicht mehr empfangen. Laut Eutelsat ist eine technische Störung die Ursache. Der W5-Satellit habe eine Unregelmäßigkeit in der Energieversorgung aufgewiesen und in Zusammenarbeit mit dem Satelliten-Hersteller Thales Alenia Space habe eine kleinere Anzahl der aktiven Transponder auf dem Satelliten reduziert werden müssen.

Aus dem Mund einer NTDTV-Sprecherin klingt der Sachverhalt anders: NTDTV habe sich bemüht, mit Zuständigen von Eutelsat zu sprechen, die Reaktion sei jedoch „äußerst kühl“ gewesen, sagt NTDTV-Pressesprecherin Kaili Hong. „Wir haben uns bei Experten erkundigt. Eutelsat sollte ohne weiteres in der Lage sein, die Ausstrahlung sofort wieder aufzunehmen“, sagt Hong. Sie habe viele Indizien dafür, dass Eutelsat wegen des dauerhaften Drucks aus Peking die Ausstrahlung von NTDTV kurz vor den Olympischen Spielen absichtlich abgeschaltet habe. „Sie erhoffen sich vermutlich ein gutes Geschäft mit dem chinesischen Regime“, ist Hong erzürnt. Am 16. Juni, nur wenige Stunden vor der Abschaltung der Ausstrahlung, habe der größte Gesellschafter des Eutelsat, die Firma Alcatel, Hersteller der W5-Satelliten, mit dem chinesischen Regime einen Vertrag im Wert von einer Milliarde Dollar abgeschlossen.

Nur eine technische Störung?

„Bis heute hat NTDTV noch keine plausible Erklärung von Eutelsat darüber bekommen, wodurch die Unregelmäßigkeit verursacht wurde und warum nur der Betrieb von NTDTV eingestellt wurde“, sagt Hong. Ein voraussichtliches Datum für die Wiederaufnahme des Betriebs sei auch nicht angegeben worden. Laut Vertrag ist das Satellitenunternehmen verpflichtet, so schnell wie möglich Ersatzkanäle zu finden, wenn ein Transponder abgeschaltet wird.

„NTDTV ist dem Regime zweifellos der größte Dorn im Auge, besonders jetzt kurz vor den Olympischen Spielen. In dieser entscheidenden Zeit haben Millionen von Chinesen ihre Chance zu unabhängigen Informationen verloren, die Schäden, die Eutelsat uns und unseren Zuschauern zugefügt hat, sind immens“, so Hong.

2005 drohte bereits der Abbruch des Vertrags mit Eutelsat

Schon im Jahr 2005 hatte Eutelsat NTDTV gegenüber angekündigt, den Vertrag mit dem Fernsehsender abzubrechen. Die internationale Journalisten-Organisation „International Federation of Journalists“ wies damals darauf hin, dass die chinesische Regierung mit einem Angebot eines Satelliten-Nutzungsvertrags während der Olympischen Spiele Eutelsat aufgefordert hätte, den Vertrag mit NTDTV zu beenden. Die in Frankreich ansässige Organisation „Reporter Ohne Grenzen“ kritisierte Eutelsat, sich von Peking unter Druck setzen zu lassen. Dagegen behauptet Eutelsat, dass die Entscheidung einzig und allein auf wirtschaftlichen Faktoren basiere und man sich nicht dem Druck Pekings beugen würde.

Letztendlich hatte Eutelsat im Jahr 2005 aufgrund der massiven internationalen Kritik den Vertrag mit NTDTV verlängert.

Verstärkte Medienzensur vor den Olympischen Spielen

In der am 16. Juni veröffentlichten Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Abgeordneten zur Menschenrechtslage Chinas vor den Olympischen Spielen heißt es: „Die von nichtstaatlichen Organisationen veröffentlichten Zahlen inhaftierter Journalistinnen und Journalisten sind hoch und zeigen deutlich, dass China nach wie vor kein Land ist, in dem Medienfreiheit herrscht. Kritik an der Zentralregierung bleibt unverändert tabu. Auch sind die Methoden der Medienkontrolle subtiler geworden, neben Anweisungen und Sanktionen umfassen sie zum Beispiel Anreizsysteme für „korrekte “ Berichterstattung.

Zudem würden die Möglichkeiten öffentlicher Meinungsäußerung zyklischen Schwankungen unterliegen; so wird das Umfeld vor politischen Großereignissen wie dem 17.Parteitag oder auch im Vorfeld der Olympischen Spiele repressiver.“

In den vergangenen Monaten berichtete NTDTV intensiv mit eigenen unabhängigen Reportagen über die Niederschlagung des Widerstands der Tibeter, die Proteste beim Olympischen Fackellauf, die Versäumnisse der Regierung vor und nach dem Erdbeben und über Menschenrechtsthemen wie die verstärkte Verhaftungswelle gegen Mitglieder der Glaubensgemeinschaft Falun Gong vor den Olympischen Spielen. All diese Themen gelten in China als politisch hoch sensibel und stehen unter strenger Berichterstattungskontrolle.



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