Gewaltige Umwälzungen im nahen Universum

Röntgenteleskop der NASA, Chandra X-Ray Observatory, entdeckt mögliche Kollision
Titelbild
Ein heißer, über 200 Millionen Lichtjahre langer Gasbogen durchzieht die Zentralgalaxie 3C438. (NASA/CXC/U NORTH CAROLINA/G. CECIL/GETTY IMAGES)

In einer nahen Galaxienanhäufung scheint sich ein gewaltiger Umbruch abzuspielen. Betrachtet man die Region rund um die Galaxie 3C438 mit einem Teleskop im sichtbaren Bereich, erkennt man eine gewaltige bogenförmige leuchtende Struktur. Wissenschaftler bezeichnen diese Entdeckung des Röntgenteleskops der NASA, Chandra X-Ray Observatory, als eines der dramatischsten aller bisher gesichteten Ereignisse.

Der helle Lichtbogen aus extrem heißem Gas dehnt sich ähnlich einer gewaltigen Wetterfront über dem Galaxienhaufen aus. Er hat eine Länge von über zwei Millionen Lichtjahren und das Gas ist 170 Millionen Grad Celsius heiß. Diese extremen Werte, so die Astronomen, machen den Galaxienhaufen zu einem Riesen unter Riesen.

„Die ganze Erscheinung, in Verbindung mit der hohen Temperatur, lässt auf ein außergewöhnlich dramatisches Ereignis im nahen Universum schließen“, sagt Dr. Ralf Kraft, Leiter des internationalen Forscherteams vom Harvard-Smithsonian Centre für Astrophysik. „Wir wissen nicht, wie das verursacht wurde.“

Zwei mögliche Theorien werden diskutiert, eine Kollision zwischen zwei gewaltigen Galaxien im Bereich von Geschwindigkeiten von sechs Millionen Kilometern pro Stunde oder ein Ausbruch aus einem supermassiven schwarzen Loch in der Zentralgalaxie 3C438.

Die Kollisionstheorie ist im Moment noch der Favorit. „Auch wenn es sich dann um eine extreme Kollision handeln muss, eine der kraftvollsten, die je gesehen wurden, glauben wir, dass genau das stattgefunden hat“, sagt Teammitglied Dr. Martin Hardcastle von der Universität Hertfordshire in Großbritannien. Wie die Wissenschaftler berichten, seien aber mehr Untersuchungen nötig, da die bisherigen Ergebnisse mit den für die Kollisionstheorie prognostizierten nicht komplett übereinstimmen.

Die Alternative, der Ausbruch aus einem schwarzen Loch, basiert auf der Idee, dass Materie, wenn sie von einem supermassiven schwarzen Loch verschluckt wird, einzelne Bruchstücke in gebündelten sogenannten Jets nach außen stößt, die dabei das umgebende Gas erhitzen und zu einem Lichtbogen formen. Dieser Prozess könnte auch für die Aussparung an heißem Gas am Ende des Bogens verantwortlich sein, wie Chandra-Astronomen vorschlagen, was aber eine außergewöhnlich hohe Energie erfordern würde.

Dass in der Zentralgalaxie der Anhäufung ein supermassives schwarzes Loch existiert ist bekannt, aber ob es ihm möglich ist, die erforderliche Energie, die für den Lichtbogen nötig wäre, zu erzeugen, erscheint den Forschern fast unmöglich. Um die Chandra-Daten schlüssig zu erklären, müsste es die
30 Milliarden-fache Masse der Sonne über eine Periode von 200 Millionen Jahre verschluckt haben.

„Diese Werte konnten nie vorher beobachtet werden und sind wahrhaft kaum zu glauben”, schließt Dr. Kraft.

Der beobachtete Galaxienhaufen befindet sich in rund 4,8 Milliarden Lichtjahren von unserer Erde entfernt im Sternbild Schwan. Ein Artikel über die Ereignisse, die schon Ende 2002 gesichtet wurden und jetzt auf der Tagung der Amerikanischen Astronomischen Gesellschaft in Honolulu vorgestellt wurden, soll im Astrophysical Journal erscheinen.



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