Keine Rechtsstaatlichkeit unter dem kommunistischen Regime in China

Clive M. Ansley, Professor für chinesisches Recht: „Das Recht hat nur die Bedeutung, die die kommunistische Regierung ihm an irgendeinem speziellen Tag gibt.“
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Clive M. Ansley, internationaler Menschenrechtrechtsanwalt und Professor für chinesisches Recht. (Lori Har-El/TheEpoch Times)

Clive Ansley, Professor an der Shanghai Fudam University, eine führende Autorität auf dem Gebiet des chinesischen Rechtssystems, ist der erste ausländische Rechtsanwalt, der in China eine Anwaltskanzlei eröffnete. Als Professor für chinesisches Recht in Kanada und in China und mit einer mehr als vierzigjährigen Erfahrung mit der Beziehung zwischen China und Kanada wurde er von verschiedenen Ländern einschließlich Kanada, den USA und mehreren europäischen Nationen gebeten, sich zum chinesischen Rechtssystem zu äußern. Als freimütiger Kritiker von Menschenrechtsverletzungen in China ist Ansley für Lawyer’s Rights Watch Canada der Beobachter für China. Als Vorwürfe erhoben wurden, dass China Organe von lebenden, für ihre Überzeugung inhaftierten Gefangenen entnehme, vor allem von Falun Gong Praktizierenden, schloss sich Ansley der Koalition zur Untersuchung der Verfolgung von Falun Gong (CIPFG) als Mitvorsitzender ihrer Untergruppe USA-Kanada an.

In einem Interview mit Cathy Liu von der Epoch Times (auf der englischsprachigen online-Version der Epoch Times am 9. Oktober erschienen) kommentiert Ansley das chinesische Rechtssystem, die Vorwürfe des Organraubes und den internationalen Fackellauf für Menschenrechte, der von der CIPFG im Vorfeld der Olympischen Spiele 2008 in Peking ins Leben gerufen wurde. Das Ziel der CIPFG ist, China unter Druck zu setzen, seine Verletzungen der Menschenrechte zu beenden, vor allem die Verfolgung von Falun Gong.

Epoch Times: 2001 hat das Internationale Olympische Komitee Peking die Olympischen Spiele 2008 zugesprochen in der Erwartung, dass die chinesische kommunistische Partei die Lage der Menschenrechte verbessern würde. Hat sie ihr Versprechen gehalten?

Clive Ansley: Es liegt klar auf der Hand, dass sie nicht nur das Versprechen nicht eingehalten hat, sondern dass die Lage der Menschenrechte heute sogar noch schlimmer geworden ist als sie in der Vergangenheit war. Ich denke, dass von Menschenrechten nicht die Rede sein kann, wenn die Menschen keine Redefreiheit haben. Wenn es keine Redefreiheit gibt, wenn man sich der derzeitigen Regierung nicht entgegenstellen kann, man keine Versammlungsfreiheit, keine Religionsfreiheit hat, dann hat man überhaupt keine grundlegenden Menschenrechte.

Und dies ist mein Standpunkt zum Organhandel: Wenn es etwas gibt, das so himmelschreiend bestialisch und roh ist, wie kann man dann überhaupt noch über die Verbesserung der Lage der Menschenrechte diskutieren? David Matas und David Kilgour nennen es in ihrem Bericht „eine neue Art des Bösen“. Sogar bei den Nazis in Deutschland sind nicht so schreckliche Dinge geschehen wie im heutigen China .

ET: Denken Sie, dass es unter dem Kommunismus irgendeine Möglichkeit gibt, die Lage der Menschenrechte zu verbessern?

CA: Solange diese Regierung an der Macht ist, wird es nie wirkliche Achtung vor grundlegenden Menschenrechten geben. Diese Erkenntnis ist wichtig. Aber indem wir sie in eine peinliche Lage bringen, ihnen vielleicht androhen, die Olympischen Spiele abzusetzen, durch zukünftige Wirtschaftsmaßnahmen, vor allem durch Druck, könnten wir sie zwingen, wenigstens die bösartigsten, teuflischsten, und bestialischsten Praktiken zu unterlassen, wie zum Beispiel dieses Töten unschuldiger Menschen um deren Organe zu stehlen. Wenn wir diese Tatsachen aufdecken und weltweit genügend Leute mit unserem Wissen in Schrecken versetzen, können wir vielleicht genügend Druck auf die chinesische Regierung ausüben, so dass sie sagen: „Wir können das nicht mehr so weiter machen“.

Es ist nicht so, dass sie rausgehen und die Lage der Menschenrechte allgemein verbessern werden. Diese Regierung stellt sich den fälligen Verfahren entgegen, widersetzt sich grundlegend der Rechtsstaatlichkeit, widersetzt sich grundlegend deren Umsetzung, oder der Umsetzung irgendeines Systems überhaupt, das irgendwelche Menschenrechte anerkennt. Genauso wie zum Beispiel die Vernichtung der Juden im Nazi-Deutschland. Wir hätten Hitler nicht zu einem Demokraten machen können, wir hätten Adolf Hitler nicht zum Kreuzritter für Menschenrechte machen können. Aber wenn wir richtig und moralisch gehandelt hätten und gewusst hätten, was zu jener Zeit geschah, hätten wir Adolf Hitler sehr wohl vom Töten von sechs Millionen Juden abhalten können.

ET: Wenn Leute sich immer mehr bewusst werden, was in China geschieht, müssen sie eine schwierige Entscheidung treffen zwischen Gewissen und Geld.

CA: Ich bin optimistisch, ich neige dazu, zu denken, dass die grundlegende Natur des Menschen gut ist, und dass der Mensch das Richtige tut. Das ist heutzutage eine Frage der Information. Die meisten einfachen Leute im Westen haben diese Informationen noch nicht zur Kenntnis genommen. Die einfachen Kanadier haben nie von diesen Vorkommnissen gehört, sie haben eine sehr gute Meinung über die Pekinger Regierung, weil die liberale Regierung, die größten Gesellschaften in Kanada und die maßgeblichen Medien ein wunderbares, verherrlichendes Bild von Peking, von China und dem ungeheuren Fortschritt zeichnen. Sie haben sogar den Eindruck, dass die Situation bei den Menschenrechten verbessert wurde. Ich denke nicht, dass die Leute es schwer haben, zwischen Gewissen und Geld zu wählen. Sie hatten nie die Wahl, weil sie die Informationen nicht hatten.

ET: Die CIPFG fordert, die Rechtsanwälte frei zu lassen, die Falun Gong verteidigt haben. Wenn ein Rechtsanwalt strafrechtlich für die Wahl seiner Klienten verfolgt wird, wenn ein Rechtsanwalt nicht selbst entscheiden kann, wen er vertreten will – was ist das für ein Rechtssystem?

CA: Das ist überhaupt kein Rechtssystem. Das Recht hat nur die Bedeutung, die die kommunistische Regierung ihm an irgendeinem speziellen Tag gibt.
Wenn wir jetzt mal das so genannte Justizwesen betrachten und Rechtsanwälte die Mandanten ihrer Wahl verteidigen oder wenn ein Mandant sie ausgewählt hat, ihren Fall zu übernehmen, da gibt es überhaupt keine Verbesserung der Situation. Bei Lawyers Rights Watch Canada bin ich der Beobachter für China. Wir schätzen, dass heute so etwa zwischen hundert und zweihundert chinesische Rechtsanwälte in Gefängnissen sind, nur weil sie gegen die Regierung gesprochen hatten oder unpopuläre Fälle übernahmen.

ET: Welche Bedeutung käme einem Boykott der Olympischen Spiele 2008 zu?

CA: Ganz allgemein sind das Entscheidende dabei die Informationen. Menschen auf der ganzen Welt müssen davon erfahren; sie müssen die Informationen erhalten und es verstehen, bevor sie entsprechend handeln können. Was immer die Taten von Peking aufdecken kann, lohnt sich weiterzuverfolgen. Was die Olympischen Spiele selbst angeht, ist die Beteiligung des Internationalen Olympischen Komitees daran besonders beschämend und abscheulich.

Die Parallelen zum Nazi-Deutschland von 1936 sind ziemlich unheimlich. 1936 waren die Nazis ohne Zweifel die schlimmsten Menschenrechtsbrecher auf der Erde. Dennoch hat das Internationale Olympische Komitee ihnen die Spiele in Berlin für 1936 zuerkannt. Später sagten die Leute: „Wir haben es nicht wirklich gewusst. Wir wussten, dass er viele schlechte Dinge über die Juden sagte. Wir wussten, dass er die Redefreiheit in Deutschland unterdrückte, aber wir hatten keine Ahnung, dass er alle diese Juden in Öfen und Krematorien verschwinden lassen würde und so weiter.

Nun ist das Wissen vorhanden, doch es weiß noch nicht jeder, und wir müssen weiter an seiner Verbreitung arbeiten. Aber grundsätzlich kann die Außenwelt heute über Peking nicht sagen: Als wir ihnen die Olympischen Spiele gaben, wussten wir nicht was sie taten; wussten nicht, was vor sich ging, wussten nichts vom Organraub. Die Informationen sind heraus. Ich denke, die einzige moralisch akzeptable Handlung, die seitens des Olympischen Komitees sogar in dieser späten Phase noch durchgeführt werden könnte, wäre die Olympischen Spiele zu verschieben.

ET: Sagen Sie bitte noch etwas zum internationalen Fackellauf für Menschenrechte

CA: Der Fackellauf ist der Protest gegen die „Blutige – Ernte – Spiele“. So werden die Spiele 2008 in Peking jetzt genannt. Das nebeneinander zu haben ist eine sehr gute Möglichkeit, die Leute dazu zu bringen, mal anzufangen, diese zwei Sachen miteinander zu vergleichen, die nicht zusammen gehören. Die regulären Olympischen Spiele sollten nicht gleichzeitig mit dem Abschlachten von Menschen zum Zweck des Organraubs stattfinden.

(„Blutige Ernte“ ist der Titel eines Berichtes über den rechtswidrigen Organhandel in China, verfasst von dem kanadischen Menschenrechtsanwalt David Matas und dem ehemaligen kanadischen Parlamentarier David Kilgour.)
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