Korruption in Shanghai auf höchster Ebene aufgedeckt

Ein weiterer Schlag gegen die Jiang-Fraktion in China
Titelbild
Die allgegenwärtige Korruption unter Chinas KP-Funktionären treibt viele Bürger zur Verzweiflung. Im April 2005 waren diese Transparente an einem Wohnhaus in Shanghai zu sehen. Der Text darauf: „Gott, siehst Du nicht die zügellos um sich greifende Korruption der Funktionäre im Bezirk Putuo?“ (Foto: Getty Images)
Von 29. September 2006

In Shanghai rollen immer  mehr Köpfe im Strudel eines großen Korruptionsskandals. Der dritte am 27. September, als Sun Luyi, Stellvertretender KP-Sekretär von Shanghai und Leiter des Stadtrates, seiner Ämter enthoben und zu „einer Aussage zu festgelegter Zeit und an festgelegtem Ort“ verdonnert wurde. Auch sein Fall gehört in das Umfeld des Skandals um Chen Liangyu, Qin Yu und die 3,2 Milliarden Yuan (umgerechnet etwa 320 Millionen Euro) veruntreuten Versicherungsgelder aus der Sozialkasse der Stadt Shanghai. Nach ersten Entdeckungen am 23. August, die zur Amtsenthebung von Qin Yu, Verwaltungsleiter des Bezirks Baoshan in Shanghai, führten, wurden 100 Ermittler aus Peking nach Shanghai beordert, um im Shanghaier Korruptionssumpf tabula rasa zu machen.

Ausgangspunkt Shanghai

Die politische Karriere des Sun Luyi vollzog sich zeitlich parallel zu dem Aufstieg des ehemaligen Staatspräsidenten Jiang Zemin, der vor seinem Amt als Staatspräsident schon als Bürgermeister von Shanghai in dieser Stadt seine politischen Weichen stellen konnte. Jiang war 1989 maßgeblich verantwortlich für die militärische Niederschlagung der studentischen Demokratie-Bewegung und das Blutbad auf dem Platz des Himmlischen Friedens in Peking. Unter anderem aufgrund dieser „Verdienste“ löste er noch 1989 Zhao Ziyang im Amt des Staatspräsidenten ab. Zhao Ziyang, beliebt in weiten Kreisen der Bevölkerung, hatte eine eher verständnisvolle Haltung den studentischen Forderungen gegenüber gezeigt. Er wurde  nach seiner Absetzung und bis zu seinem Tod im vergangenen Jahr unter Hausarrest gestellt.

Die KP- Karriere des Sun Luyi

Sun Luyi, Jahrgang 1953, studierte Maschinenbau an der Technischen Universität Shanghai, machte seinen Bachelor in Soziologie und ging dann 1990 im Rahmen eines wissenschaftlichen Austauschs in die USA. Nach seiner Rückkehr wurde er 1992 stellvertretender Präsident der TU Shanghai, 1997 stellvertretender Präsident der Shanghaier Hochschule für Verwaltung, 1998 Stellvertretender Leiter der Personalabteilung der KP Shanghai und Direktor des Amtes für Personalverwaltung. Im Februar 2004, in dem selben Jahr, in dem Jiang Zemin mit seinem Rücktritt als Direktor der Militärkommission sein letztes politisches Amt abgab, kam Sun Luyi noch in die machtvolle Position des stellvertretenden KP-Sekretärs von Shanghai und wurde Leiter des Stadtrates in der chinesischen Wirtschaftsmetropole.

Ist Korruptionsbekämpfung nur ein Vorwand?

Vermutlich werden noch weitere Köpfe in Shanghai rollen. Ob das tatsächliche Anliegen der Regierung die Bekämpfung von Korruption oder nur die elegante Beseitigung politischer Gegner ist, wird sich daran messen lassen, ob diese Kampagne auch dort umgesetzt wird, wo Präsident Hu Jintao und Premier Wen Jiabao ihre eigene politische Hausmacht haben, zum Beispiel in Peking. 

Medienzensur pur

Am 26. September jedenfalls erlässt das Propagandaministerium der KP eine dringende Mitteilung an alle Medien: Die Berichterstattung in den chinesischen Medien über den Fall Chen Liangyu hat sich streng nach den Meldungen von Xinhua zu richten. Ungenehmigte Kommentare, die zu Empörung in der Bevölkerung führen könnten, dürfen nicht veröffentlicht werden. Alle Medien müssen die Berichterstattungslinien der Partei einhalten. Und noch präziser heißt es in einer Mitteilung des Pressebüros des Staatsrates: „Nicht als erste Schlagzeile nehmen, kann als zweite oder dritte Schlagzeile verwendet werden.“ Auch ein Forum darüber könne eröffnet werden, aber wenn in den Beiträgen Konfliktpotential in Beziehung zu Regierungsstellen oder Parteifunktionären erkennbar werde, seien sie sofort zu löschen. Medienzensur pur.



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