Leerer Stuhl und Standing Ovations für Hu Jia im Europaparlament
Während der Verleihung des Sacharow-Preises an den inhaftierten chinesischen Menschenrechtler Hu Jia, dessen Abwesenheit im Straßburger Parlament durch einen leeren Stuhl versinnbildlicht wurde, übermittelte die Frau Hu Jias eine bewegende Video-Botschaft. Sie erinnerte daran, dass chinesische Bürgerrechtler sowie deren Familien für ihr Engagement oft einen hohen Preis zahlten. Sie kündigte an, den Sacharow-Preis für eine Stiftung zugunsten der Angehörigen von Bürgerrechtlern zu nutzen.
Hu Jias 25jährige Frau Zeng Jinyan, die als Cyber-Dissidentin gilt und unter Hausarrest steht, berichtete, dass es ihr von den Gefängniswärtern verboten worden war, mit Hu Jia über den Sacharow-Preis zu sprechen: „Wir wurden beide davor gewarnt, über seine Auszeichnung mit dem Sacharow-Preis zu sprechen“. Das teilte das Europaparlament heute in Straßburg mit.
Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering nannte den Tag der Preisverleihung „einen Tag, an dem wir uns ein Grundanliegen der Europäischen Union in Erinnerung rufen: Den Einsatz für Frieden, Fortschritt und Menschenrechte“. Andrej Sacharow zitierend fügte er hinzu: „Es ist unmöglich, eines dieser Ziele zu erreichen, wenn man sich über die beiden anderen hinwegsetzt“.
Hoffen auf Wandel und Freiheit
Auf die erzwungene Abwesenheit Hu Jias eingehend, sagte Pöttering: „ Als 1988 der Preis zum ersten Mal verliehen wurde, war der Preisträger, Nelson Mandela, im Gefängnis. Im selben Jahr stand hier auch ein leerer Stuhl für Andrej Sacharow. Und heute steht hier ein leerer Stuhl für Hu Jia. Damals wie heute ehrten und ehren wir diese Menschen trotz ihrer erzwungenen Abwesenheit für ihr heldenhaftes Engagement.“
Bevor eine Video-Botschaft von Hu Jias Ehefrau eingespielt wurde, die vom Plenarsaal mit Standing Ovations gewürdigt wurde, sagte der Parlamentspräsident: „Der Träger des Sacharow-Preises 2008, Hu Jia, wurde als Vertreter der zum Schweigen gebrachten Stimmen in China und Tibet nominiert, doch heute werden wir eine dieser Stimmen hören. Ich bin sicher, dass wir eines Tages auch Hu Jia selbst hier im Plenarsaal des Europäischen Parlaments hören werden können.“
Bürgerrechtler zahlen einen hohen Preis
Die 25jährige Zeng Jinyan übermittelte Reaktionen ihres Mannes auf die Preisvergabe, wie sie ihr von seiner Mutter zugetragen worden seien: „Vielleicht [sagte Hu Jia] dachte das Parlament an meine Arbeit zu AIDS und für den Umweltschutz, denn was ich für die Menschenrechte getan habe, ist alles andere als ausreichend und ich muss meine Anstrengungen verdoppeln“.
Zeng erinnerte daran, dass ihr Mann einer von vielen Chinesen ist, die auf Grund ihrer Überzeugungen inhaftiert sind. „Nicht nur die Bürgerrechtler selbst, auch ihre Angehörigen werden durch die Polizei schikaniert, verlieren ihren Arbeitsplatz oder leben unter Hausarrest. Und schlimmer noch, einige wurden vor Gericht gestellt und verurteilt“, fügte sie hinzu.
Hu Jia habe „oft gesagt, dass er gerne ein Netzwerk zur Unterstützung der Familien ins Leben rufen würde – um die Familien moralisch zu unterstützen, um den Druck, unter dem sie stehen, erträglicher zu machen“, sagte sie. Sie werde daher „die 50.000 Euro Preisgeld als Startkapital nutzen, um eine Stiftung für die Unterstützung der Familien von Menschenrechtlern zu gründen“, so Zeng.
Chronist des wahren Chinas
Bis 2004 habe sich Hu Jias Engagement auf Umweltfragen und AIDS konzentriert, berichtete seine Frau. „Von 2004 an verweigerte die Polizei ihm die Bewegungsfreiheit und er hatte keine andere Wahl, als sich von zuhause aus der Menschenrechtsbewegung anzuschließen, Artikel zu schreiben und Berichte zu veröffentlichen“.
„In all diesen Jahren war es das wichtigste und das interessanteste, dass er nicht aufgehört hat, konsequent die Wahrheit auszusprechen. Er hörte nie auf, über das zu reden, was er beobachtete. Er hörte nie auf, die Realität Stück für Stück zu beschreiben – zu beschreiben, was die chinesischen Medien nicht aussprechen können“, so Zeng.
Zuversicht für ein demokratischeres China
Hu Jia habe die Zuversicht nicht verloren. „Er sagte, dass China seiner Meinung nach sich in einer der offensten Phasen seiner Geschichte befindet… ob die Regierung dies will oder nicht… China bewegt sich mit großer Geschwindigkeit auf eine offene und demokratische Gesellschaft zu“, zitierte sie Hu Jia. „Wir sind voller Hoffnung, dass wir bald die Ankunft eines offenen Chinas begrüßen können.“
Hans-Gert Pöttering fügt im Anschluss an die Botschaft hinzu: „Wir äußern uns zu den Menschenrechten als Freunde des chinesischen Volkes und sind uns sehr wohl bewusst, wie viel wir gemeinsam für den Frieden und den Fortschritt in der Welt unternehmen können.“
Elena Bonner, die Witwe von Namensgeber Andrej Sacharow, erinnerte an den Appell ihres Mannes, dass Menschen stets ihrem Gewissen folgen sollten.
Sie fragte die Abgeordneten, ob sie alle genug getan hätten, „um Hu Jia, seine Frau und ihr Kind vor dem Staat zu schützen, mit dem sie Beziehungen pflegen wollen“.
Bonner hinterfragte außerdem kritisch, ob die Positionen des Europäischen Parlaments zu Menschenrechtsfragen stets Prinzipienfestigkeit bewiesen hätten. (red.)
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