Sturz von Chinas „Sicherheitszar“ Zhou Yongkang – Analysen und Hintergründe

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Dem Sicherheitszar Zhou Yongkang droht die Todesstrafe.Foto: Getty Images

Um 17.59 chinesischer Zeit flimmerte heute die politische Sensations-Nachricht über Sina, die größte chinesische Nachrichtenwebsite. Es wurde berichtet, dass die Disziplinar-Kontroll-Abteilung der Kommunistischen Partei (KPCh) sich entschieden habe, ein Ermittlungsverfahren gegen Zhou Yongkang zu eröffnen.

Zhou ist seit 1978 das erste ehemalige Mitglied vom 7- bis 9-köpfigen Ständigen Ausschuss des Politbüros der Kommunistischen Partei, das sich wegen Korruptionsvorwürfen verantworten muss. Es gab bisher immer eine stillschweigende Übereinkunft, dass amtierende oder ehemalige Mitglieder dieser politischen Machtzentrale nicht für eventuelle Verfehlungen belangt wurden.

Er habe sich „schwerer Verstöße gegen die Parteidisziplin zuschulden kommen lassen“, hieß es außerdem in der offiziellen Erklärung.

Dieser zweite Satz – nach der Erwähnung von Korruption – lässt chinesische Beobachter vermuten, dass endlich auch politische Verfehlungen zur Sprache kommen werden, wie die von ihm kontrollierte jahrelange Verfolgung der spirituellen Bewegung Falun Gong.

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Die Demonstration von Macht und Einfluss

Für Chinesen, die gewöhnt sind, die Vorzeichen politischer Ereignisse zu deuten, fügen sich nun die ungewöhnlichen Luftsperrungen und merkwürdigen Militär-Manöver und weitere Ankündigungen von noch bevorstehenden Militär-Aktionen zusammen. Das hatte offenbar mit diesem politischen Paukenschlag zu tun. Bei jeder größeren politischen Aktion gibt es Vorbereitungen und der ausführende Machthaber muss seine Macht und seinen Einfluss auch sichtbar und spürbar machen.

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In diesem Fall war es eine Vorbereitung für die heutige Bekanntgabe und eine Sicherheitsmaßnahme gegen eventuelle Aufstände und Putsch-Versuche von Zhou’s  und Jiang‘s Clique. Wenn die Trommeln zur Schlacht geschlagen werden, muss die Strategie längst feststehen und ein Chaos vermieden werden.

Der ehemalige Staats- und Parteichef Jiang Zemin ist noch immer der schärfste Gegner des amtierenden chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping: Mit einem Netzwerk aus Gefolgsleuten, das Chinas Militär- und Verwaltungsapparat von oben bis unten durchzieht, schaffte es der einst mächtigste Mann des Riesenstaates in den vergangenen Jahren wiederholt, seinen Nachfolgern wirksam in die Politik zu pfuschen. Das trug ihm und seinen Gefolgsleuten den Namen Jiang-Clique ein.

Der größte Korruptionsfall seit der Gründung der VR China

Zhou ist die Nummer 3 der Jiang Clique. Es gab Gerüchte, dass Zeng Qinghong, die Nummer 2, seit Mitte Juni in Tianjing nahe Peking unter Hausarrest stehe. Übrig bleibt nur noch Jiang Zemin selbst, von dem kürzlich berichtet wurde, dass er in einem Krankenhaus liegt.

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Das Wirtschaftsportal Caijing berichtete, dass Zhou Bin, der Sohn von Zhou Yongkang, schon von der Staatsanwaltschaft der Provinz Hubei festgenommen wurde. Im Dezember 2013 war ein Untersuchungsverfahren gegen ihn eingeleitet worden und er wurde bereits offiziell festgenommen. Der Vorwurf: Illegale Geschäfte in der Energie und Öl-Branche und in weiteren Bereichen.

In dem Bericht steht auch, dass während der Untersuchung gegen Zhou Yongkang ein Vermögen von 900 Milliarden Yuan (108,55 Milliarden Euro) eingefroren wurde, und dass über 300 Personen von den Untersuchungen betroffen seien. Es handelt sich hierbei um Familienmitglieder von Zhou, weitere Verwandte, ehemalige Mitarbeiter und Bekannte.

Das ist der größte Korruptionsfall seit der Gründung der Volksrepublik China.

Chinas Führer waren verschwunden wegen Kampf gegen Ex-Sicherheits-Zar

Eine besonders unheilvolle Rolle spielte Zhou Yongkang als Stasi-Chef. Von 2007 bis 2012 stand er dem „Komitee für Politik und Recht“ vor, jenem Staatsorgan, das in China bis vor kurzem sämtliche innenpolitischen Institutionen als höchste Instanz bündelte. Dem „Komitee“ unterstand alles von der Polizei bis zu Gerichtshöfen, Gefängnissen und Arbeitslagern, was Zhou den Spitznamen „Sicherheits-Zar“ eintrug.

Mit der heute offiziell angeordneten Untersuchung gegen Zhou erklärt sich auch das Verschwinden von Xi und seinen wichtigsten Leuten in den drei Tagen zwischen dem 25. und 28. Juli.

Am 25. war Xi vom Staatsbesuch in Südamerika heimgekehrt. Danach war er aus der chinesischen Medienlandschaft verschwunden. Das ist für chinesische Verhältnisse sehr ungewöhnlich und weckt immer die Gerüchteküche. Erst am 28. war Xi wieder im Fernsehen. Die drei Tage Auszeit hatte er vermutlich genutzt, um sich auf die Schicksalserklärung zum Fall von Zhou Yongkang vorzubereiten.

Davor mussten in allen Ministerien die höheren Ebenen über Geheimkanäle informiert werden. Auch die Medien müssen unter der Kontrolle des Propaganda Ministeriums stehen.



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