„Tiananmen war tragische Fehlentscheidung“

Burkhardt Müller-Sönksen MdB, FDP, Mitglied im Ausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe erinnert sich für die Epoch Times an seine Gedanken am 4. Juni 1989.
Titelbild
Studentenanführer Liu Gang von der Universität Peking. Als „Konterrevolutionär“ zu sechs Jahren Haft verurteilt, wurde befreit und konnte 1996 in die USA entkommen, wo er an der New Yorker Columbia University studierte. (AFP)
Epoch Times3. Juni 2009

Epoch Times: Am 4. Juni 1989 rollten Panzer über den Platz des Himmlischen Friedens in Peking und beendeten mit einem Blutbad die Studentenproteste für ein demokratisches China. Erinnern Sie sich, wann und wie Sie diese Nachrichten bekommen haben?

Müller-Sönksen: Ich erinnere mich noch sehr gut an die Bilder im Fernsehen und die mutigen Studenten, die waffenlos vor einem Panzer nicht zurückgeschreckt sind. Ich habe damals gedacht, dass wie beim Prager Frühling nun intellektuell in China, jedenfalls in Peking, eine Bewegung hin zu einer offenen demokratischen Gesellschaft entsteht.

Epoch Times: Und welche Gedanken und Gefühle das Ereignis in Ihnen geweckt hat?

Müller-Sönksen: Die Bilder danach waren einfach nur schrecklich, China im Rückschritt zum Mittelalter. Ich habe aber gleichwohl die Hoffnung gehabt, dass sich die Studenten in der Zeit darauf eine Versammlungsfreiheit erkämpfen. Der Platz des Himmlischen Friedens ist für mich seit dieser Zeit ein Synonym für Demonstrationsfreiheit.

Epoch Times: Hat die pro-demokratische Studentenbewegung gegen die kommunistische Alleinherrschaft in China Ihrer Meinung nach auch eine Rolle bei den Demokratiebewegungen in Osteuropa gespielt?

Müller-Sönksen: Ja, das sehe ich so von der Grundstruktur einer aufgeklärten Gesellschaft, die durch offene zensurfreie Kommunikation ständig bemüht ist, die Sache des Staates („res publica“) in einem freiheitlichen Dialog zu optimieren. Da passen Einheitspartei, Pressezensur und Beschränkung der Versammlungsfreiheit nicht ins Bild.

Lin Zhaorong war einer von sieben Studenten, die nach dem 4. Juni exekutiert wurden. (AFP)
Lin Zhaorong war einer von sieben Studenten, die nach dem 4. Juni exekutiert wurden. (AFP)

Epoch Times: Wie beurteilen Sie das bis heute zu beobachtende Schweigen der chinesischen Machthaber und die Unterdrückung jeglicher Aufarbeitung zu diesem Thema?

Müller-Sönksen: Nach meiner Meinung ist die kommunistische Einheitspartei Chinas z.Zt. selbst nicht in der Lage, den inneren Zustand offen, selbstkritisch zu diskutieren. Dieses wird vielmehr im eigenen Kader als „Hochverrat“ behandelt.

Das Spiel bezeichne ich als „Kritik-Mikado“, wer seine Partei als erster kritisiert, hat seine Parteikarriere verloren. Erst wenn die damals verantwortlichen Politikkader nicht mehr leben, wird man sich wohl an diese tragischen Fehlentscheidungen heranwagen und diese Politik, ähnlich wie die Zerstörung der Tempel in Tibet während der Kulturrevolution, als Fehler bezeichnen.



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