Unruhen in Tibet

Blutige Niederschlagung von Protesten – Boykott der Olympischen Spiele gefordert
Titelbild
Demonstration, so sah es noch am letzten Freitag aus, bevor die Panzer der chinesischen Kommunistischen Partei rollten. AP Photo/Free Tibet Campaign, HO)
Von und 20. März 2008

Die Lage in Tibet ist seit dem 14. März angespannt. Chinesische Sicherheitskräfte beherrschen das Straßenbild in der Hauptstadt Lhasa. Polizisten mit Schlagstöcken stehen an Kontrollposten, Schützenpanzer rollen durch die Straßen.

Die Tibet-Inititative München (TIM) ist besorgt darüber, dass auch ausländische Nichtregierungsorganisationen Tibet zum Ablauf des von den chinesischen Behörden ausgesprochenen Ultimatums am Motnag, den 17. März, verlassen mussten: „Wir befürchten, dass die Behörden nach Ablauf des Ultimatums massiv gegen die Zivilbevölkerung vorgehen werden und es zu weiteren Menschenrechtsverletzungen kommt“. Gegen die Demonstranten werde barsch vorgegangen, hatte der von Peking bestellte Vorsitzende der Regierung der autonomen Region Tibet, Champa Phuntsok, bereits am Samstag erklärt. Die tibetische Exilregierung in Indien berichtete von 100 Toten – mehr als zehn Mal so viel wie die amtlichen chinesischen Medien bestätigten, die zehn Tote meldeten. Laut der IGFM soll die Todeszahl bis zum 17. März bereits auf über 300 angestiegen sein.

Wiederholung des Tiananmen-Massakers

In einem Telefongespräch mit der Epoch Times sprach der Neffe des Dalai Lama und Abgeordneter der Exilregierung von Tibet in Taiwan, Khedroob Thondup, von einer unerwartet hohen Anzahl der Toten. Ein Freund von ihm war am 15. März nach Lhasa gefahren. Allein in einem einzigen Geschäft der Stadt habe er 67 Leichname gesehen, um die sich niemand kümmerte. „Die Regierung in Peking lässt Sodaten und Polizei das Feuer eröffnen. Wir machen uns große Sorgen, weil viele Verletzten es nicht wagen, ins Krankenhaus zu gehen. Die Anzahl der Verletzten und Toten ist bestimmt sehr groß“, sagte Khedroob Thondup.

Das kommunistische Regime setzte Panzer ein, es wurde wahllos auf Zivilisten geschossen. Das sei die Wiederholung des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens im Jahre 1989 in Peking, so die Ehefrau von Khedroob Thondup, Meili Zhou, die Vorsitzende der Menschenrechtsorganisation „Taiwan Friends of Tibet“ ist. In den letzten Tagen fanden nicht nur in Lhasa, sondern auch in den chinesischen Provinzen Gansu und Sichuan Proteste von buddhistischen Mönchen statt, die jedoch sofort brutal niedergeschlagen worden seien, sagte Zhou.

„Zur Zeit sind die drei größten Klöster in Lhasa von Soldaten und Polizisten besetzt. In jedem der Klöster befinden sich mehrere tausend Mönche. In den letzten Tagen gab es Mönche, die Selbstverbrennung begangen haben. Die ganze Stadt ist abgesperrt. Die Militärpolizei durchsucht jede Familie“, sagte Zhou.

Patriotische Erziehung im Kloster

„Vor langer Zeit hat das kommunistische Regime angefangen, in den Klöstern in Tibet eine Erziehung zum Patriotismus durchzuführen. Die religiösen Aktivitäten der Mönche wurden stark eingeschränkt. Die Mönche können das nicht mehr weiter ertragen“, erklärte Zhou die Ursache des Protestes.

Der 10. März sei der Jahrestag der Niederschlagung des Aufstandes der tibetischen Bevölkerung gegen die chinesische Herrschaft 1959. Hunderttausende tibetische Menschen waren damals getötet worden. Die diesjährigen Gedenk-
aktivitäten am 10. März in Indien und Nepal wurden von der dortigen Regierung unterdrückt. Mehrere Teilnehmer wurden verletzt. Auch eine Aktion der Rückkehr zur Heimat zu Fuß durch den Himalaya, um gegen die Olympische Spiele in Peking zu protestieren, wurde von der indischen Regierung behindert. „Der Protest wurde von den Mönchen initiiert. Später hatte sich die tibetischen Bevölkerung daran beteiligt“, so Meili Zhou.

Die Behauptung des Regimes in Peking, der Dalai Lama hätte die Proteste hinter den Kulissen gelenkt, sieht Khedroob Thondup als typische Lüge der Kommunistischen Partei an. Der Protest sei eine Eigeninitiative, betonte er.
„Das Regime kann die Menschen eine Zeit lang unterdrücken, aber die Unterdrückung kann nicht ewig durchgesetzt werden. Die Sehnsucht nach Freiheit, der eigenen Religion, Kultur kann nicht gestoppt werden“, sagte Meili Zhou.
Internationale Aufforderung

UN-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour forderte Peking auf, den Demonstranten ihr Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu gewähren und keine „exzessive Gewalt“ anzuwenden. Eine Sprecherin von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon erklärte, dieser verfolge die Situation aufmerksam.

Bundeskanzlerin Angela Merkel rief angesichts der schweren Unruhen zu Gewaltverzicht und Dialog auf. „Gewalt – egal von welcher Seite – führt zu keiner Lösung der offenen Fragen“, erklärte Merkel. Sie forderte China zum Dialog mit dem religiösen Führer der Tibeter, dem Dalai Lama, auf. Dieser äußerte sich besorgt und rief die chinesische Regierung und seine Landsleute auf, keine Gewalt anzuwenden.

Diskussion über Boykott der Olympischen Spiele

Mehrere ausländische Journalisten wurden unterdessen aus den tibetischen Teilen der Provinzen Gansu und Qinghai ausgewiesen, unter ihnen auch Reporter der Nachrichtenagentur AP. Die Polizei begründete die Entscheidung mit der Sicherheit der Journalisten.
Unterdessen sprach der Sportpolitiker der Grünen, Winfried Hermann, von einem möglichen Boykott der Olympischen Spiele in Peking als Konsequenz aus den blutigen Ereignissen. Sollte es zu einem Bürgerkrieg kommen, müsse über eine Absage der Olympischen Spiele nachgedacht werden, sagte Hermann der „Berliner Zeitung“. Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Andreas Schockenhoff, sprach sich jedoch gegen einen solchen Schritt aus. „Von einem solchen Boykott haben die Menschen in Tibet keinerlei Nutzen“, sagte Schockenhoff.



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