US-Studie: Tabakunternehmen erhöhten jahrelang Nikotinanteil

Von 5. April 2007

Über die letzten sieben Jahre hinweg wurde der Nikotinanteil bei bekannten Markenzigaretten immer wieder erhöht, ohne dass Warnungen diesbezüglich an die Konsumenten gegangen wären. Zu diesem Ergebnis kam eine unabhängige US-Studie. Nikotin, der Stoff der hauptsächlich für die Erzeugung der Sucht nach Zigaretten verantwortlich ist, soll demnach klammheimlich um 11 Prozent angehoben worden sein.

“Zigaretten sind fein abgestimmte, Drogen liefernde Bauteile zur Aufrechterhaltung einer Tabakpandemie“, sagt Dr. Howard Koh, der Leiter der Abteilung für öffentliche Gesundheitspflege an der Harvard School of Public Health (HSPH) in einer Pressemitteilung. „Informationen über diese Produkte bleiben sogar in Geheimnisse gehüllt, die vor der Öffentlichkeit vorborgen werden.“

Ein Forscherteam an der HSPH betrieb die Studie auf Basis von Informationen, die vom Massachusetts Department of Public Health über Zigarettenunternehmen von 1997 bis 2005 zur Verfügung gestellt wurden. Der Report beinhaltet Messdaten über Nikotinmengen und Zusammensetzungen der Zigaretteninhaltsstoffe im Verhältnis zum Nikotinanteil.

Für den Leiter des Programms und Professor für die Praxis der öffentlichen Gesundheitspflege, Gregory Connolly, führen die Ergebnisse der Studie zu der ernsthaften Frage, inwieweit die Tabakindustrie ihr Streben, den Raucher abhängig zu machen, nach dem Unterzeichnen des Master Settlement Agreement von 1998, überhaupt geändert habe. US-Bundesstaaten hatten in den 1990er Jahren mehrere Schadenersatzprozesse gegen die Tabakindustrie geführt und sich 1998 im so genannten Master Settlement Agreement geeinigt, den Klägern während 25 Jahren mehr als 200 Milliarden Dollar Schadenersatz zu zahlen. Im Gegenzug hatten die Bundesstaaten auf die Einreichung weiterer Klagen verzichtet.

„Unsere Analysen zeigen, dass die Firmen seit dem Settlement die Droge Nikotin in ihren Zigaretten fast unmerklich Jahr für Jahr erhöht haben, ohne irgendeine Warnung an die Konsumenten auszusprechen, „ sagt Connolly.

Die Entdeckung von 11 Prozent mehr Nikotin bestärke dem Gedanken, die Tabakunternehmen hätten die Befähigung, Suchtmittel einfach erhöhen zu dürfen: „Das unterstreicht den Bedarf an ständiger Beaufsichtigung der Nikotinmengenzuführung in Produkten, die von einer nicht regulierten Industrie hergestellt werden.“

In einer Klage gegen Philip Morris USA – vertreibt unter anderen die Marken Alpine, Benson and Hedges und Marlboro – schrieb die Richterin Gladys Kessler, dass Tabakunternehmen „den Nikotinanteil zur Erzeugung und Aufrechterhaltung von Sucht kontrollieren können und dies auch tun.” Kessler weiter: „Um das Ziel zu erreichen, dass der Kunde süchtig bleibt, fließen Selektion und Kombination in das Design der Zigaretten mit ein.“

Dr. Koh fordert eine gesetzliche Regelung, die Firmen verpflichtet, die Zusammensetzung ihrer Zigaretten offen zu legen. „Wenn jetzt eine Regelung in Kraft treten könnte, dass die Tabakindustrie kritische Informationen über Nikotin und Produktzusammensetzung herausgeben muss, dann könnte die nächste Generation vor der Tragödie, eine starke Sucht zu entwickeln, bewahrt bleiben,“ sagt Koh.



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