Wei Jingsheng: Wichtiger politischer Umbruch in China

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Wei Jingsheng in Washington, DC.Foto: Shar Adams/The Epoch Times
Von 1. April 2012

WASHINGTON—Im Jahre 1997 wurde der Aktivist Wei Jingsheng, der wegen Demokratiebestrebungen insgesamt 18 Jahren Folter und Haft ertragen musste, plötzlich freigelassen und nach Amerika ausgewiesen. Dies war das Ergebnis von Verhandlungen des damaligen Präsidenten Bill Clinton. Heutzutage ist er der anerkannteste chinesische Aktivist für Menschenrechte und Demokratie, Gewinner von Menschenrechtspreisen und Vorsitzender der Overseas Chinese Democracy Coalition. Er lebt mittlerweile in Washington D.C und sprach mit der The Epoch Times über wichtige politische Umbrüche, die sich zurzeit in China ereignen.

The Epoch Times: Herr Wei, wie bewerten sie die Vorgänge in China nach dem Überlaufversuch des ehemalige Polizeichefs von Chongqing, Wang Lijun, in das U.S. Konsulat, den Rausschmiss des Parteichefs von Chongqing, Bo Xilai und die Ausgrenzung des Chefs des Komitees für Politik und Recht und Ständiges Mitglied des Politbüros, Zhou Yongkang?

Wei Jingsheng: Anfangs war dieser Konflikt innerhalb der KPCh eine alltägliche Angelegenheit, diese Streitigkeiten gibt es ständig. Der Auslöser war diese Person, Wang Lijun, der in das amerikanische Konsulat gerannt ist. Jetzt wurde die ganze Angelegenheit öffentlich und eskalierte sogar noch, womit die Herrschaft der Kommunistischen Partei betroffen war.

The Epoch Times: Gab es einen Putsch oder Druck, um zu verhindern, dass Xi Jinping der nächste Anführer wird?

Wei: Ja. Außerdem wurde die Beziehung zwischen Zhou Yongkang und Xi Jinping schlechter, was das gesamte Gefüge der kommunistischen Führung beeinflusste.

The Epoch Times: Wie verstehen Sie die gegenwärtige Position von Zhou Yongkangs Fraktion?

Wei: Jiang Zemins Fraktion ist bereits ins Hintertreffen geraten. Es gibt einige Leute mit neuen Ideen und einige konservative Leute – sie sind sogar untereinander zersplittert. So ist es selbst innerhalb ihrer Fraktion sehr kompliziert geworden und verschiedene Menschen gehen in verschiedene Richtungen. Wir nennen diese Situation „die Karten neu mischen“.

Es ist sehr kompliziert. Zhou war lange für seine PLAC (Komitee für Politik und Recht) federführend. Unter diesem Komitee ist er der Verantwortliche für die Polizei, die bewaffnete Polizei, die Justiz und auch die Staatsanwaltschaft. Jetzt ist er allerdings in Schwierigkeiten, bzw. er kam sogar schon zuvor in Schwierigkeiten, weil einige Leute nicht mehr willens sind, ihm zu gehorchen. Insbesondere eine Abteilung der starken Militärpolizei hat ihm nicht mehr gehorcht, der Chef dieser Abteilung steht Xi Jinping nahe und ist Zhou natürlich nicht gefolgt. Der offizielle Kommandant der Militärpolizei ist jedoch auf Zhou Yongkangs Seite. Wegen dieser Umstände hat Hu Jintao große Befürchtungen, dass es Aufstände oder einen Putschversuch geben könnte.

The Epoch Times: Ist das das Ende von Zhou Yongkangs Karriere?

Wei: Ja, sie kommt an einen Endpunkt, aber er könnte noch einmal zu einem letzten Schlag ausholen. Deswegen ist Hu Jintao wirklich besorgt, denn falls Zhou einen letzten Schlag macht und es tatsächlich einen Putsch gäbe, wäre das sehr schwierig zu kontrollieren.

The Epoch Times: Welcher Art könnte dieser letzte Schlag Zhou Yongkangs sein?

Wei: Die Chinesen beschreiben das mit „einen Getreidehalm benutzen, um einen Wolf zu verprügeln“. Der Wolf ist sehr verängstigt und alle anderen auch [lacht]. Es ist also sehr schwer vorauszusagen, wie das Endergebnis sein wird. In der Tat weiß niemand genau, wer welche Abteilungen der Armee kontrolliert und es gab Gerüchte, dass Verwandte von Premier Wen Jiabao bereits verhaftet worden sind. Man kann also nicht wissen, was aus dieser verfahrenen Sache letztendlich herauskommt. Allerdings, von unserer Perspektive aus gesehen, egal wer wen schlägt, ist das Chaos in der Kommunistischen Partei eher gut.

Unsere Strategie ist, lasst die Kommunistische Partei ihre internen Kämpfe austragen, dann ist sie geschwächt und bricht von selbst zusammen. Unser Ziel ist die Auflösung der Kommunistischen Partei.

The Epoch Times: Es ist schwierig, Fakten darüber zu bekommen, was in China vor sich geht, wie wichtig sind dann Gerüchte als Informationsquelle?

Wei: In einem Land, in dem korrekte Informationen absichtlich blockiert werden, sind Gerüchte verlässlicher, als überhaupt keine Informationen zu haben. Wie der Spruch „Wenn ich nicht das beste Essen haben kann, werde ich überhaupt nichts essen.“ Dann kann man eben auch verhungern.

The Epoch Times:Was sollen die Chinesen nach einem Ende der KPCh machen?

Wei: Das Ziel der Chinesen ist sehr klar: Wir wollen ein demokratisches System, ähnlich wie die westlichen Länder. Sie sind sich nicht so klar darüber, was Demokratie ist oder wie sie sein sollte. Es ist, als ob sie Äpfel wollten, sie wollen Äpfel essen. Äpfel sehen westlich aus, aber welcher Art und welche Farbe, das ist nicht wirklich wichtig. Nachdem man Äpfel hat, wird man sich klarer darüber, welche Äpfel man bevorzugt, aber gegenwärtig gibt es noch keine Äpfel zu essen.

The Epoch Times: Wie wird sich eine chinesische Demokratie von einer westlichen Demokratie Ihrer Meinung nach unterscheiden?

Wei: Ich denke, eine chinesische Demokratie wird sehr wahrscheinlich die Form wie in den Vereinigten Staaten haben und vielleicht sogar wie England, das eine Basisdemokratie hat.

The Epoch Times: Werden die Menschen traditionelle chinesische Kultur und Werte haben wollen?

Wei: Das werden sie mit Sicherheit. Dafür gibt es chinesische Kultur und Tradition und dann bei einer Basisdemokratie, die Chinesen werden mit Sicherheit ihre eigenen Elemente traditioneller Kultur in dieses System einbringen. Das ist unvermeidlich.

The Epoch Times: Werden die Leute der Kommunistischen Partei zur Rechenschaft gezogen werden? Wird das wichtig sein?

Wei: Mit Sicherheit. Sie werden zur Rechenschaft gezogen werden, aber bis zu welchem Grad, das wird davon abhängen, wie China dann aussehen wird … Unter diesen Umständen werden vielleicht viele vergangene Verbrechen für das Wohl einer stabilen Gesellschaft vergeben. Wenn sich die Kommunistische Partei jetzt aber Reformen verweigert, wird es Aufstände geben und die kommunistischen Beamten, die von den Menschen gehasst werden, werden nicht gut enden.

The Epoch Times: Gibt es in Ihren Augen irgendwelche potentiellen zukünftigen Führungspersonen für China?

Wei: Das kann man jetzt schwer sagen … Alle Chinesen verlangen Demokratie, wer immer diese Person auch sein sollte, es sollte jemand sein, der auf das Volk hört, der dabei hilft, ein demokratisches System zu etablieren. Das ist mit Sicherheit ein Teil davon.

Vor einigen Tagen hatten wir ein großes Treffen, eine globale Konferenz von Führern der Chinesischen Demokratischen Bewegung in Williamsburg, Virginia. Jemand sagte: „Oh, Herr Wei, ihr Charakter ist zu stark, Sie sind nicht als Präsident des zukünftigen China geeignet.“ Jemand anders sagte: „Ich mache mir darüber keine Sorgen. Wenn er nicht passt [Wei], werde ich ihn abwählen.“ (Lacht).

The Epoch Times: Wollen Sie später wieder zurück nach China gehen oder fühlen Sie sich hier wohl?

Wei: Für jeden, der in seine Heimat zurückkehrt, wird das seine beste Zeit sein – im Haus eines anderen zu leben ist niemals so gemütlich.

Das Interview wurde mit Hilfe des Assistenten von Wei Jingsheng, Huang Ciping als Übersetzer, durchgeführt.

Originalartikel auf Englisch: http://www.theepochtimes.com/n2/china-news/wei-jingsheng-political-upheaval-in-china-significant-212982.html

 



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