Wikipedia-Gründer Jimmy Wales: „ Die Freiheit wird siegen“

Einer, der sich Chinas Meinungsdiktatur nicht beugt
Titelbild
Jimmy Wales, Gründer von Wikipedia, am 9. März 2006 auf der Sun Microsystems Education Konferenz im Hotel Waldorf Astoria in New York. (Foto: Mario Tama/Getty Images)
Von 12. November 2006

Auf den ersten Blick mag Wikipedia wie eines der vielen anderen Erfolgsunternehmen in der Internetwelt erscheinen. Aber sein Gründer sagt, da gibt es einen Unterschied: Diese Webseite wird sich nicht der chinesischen Zensur beugen. The Epoch Times sprach mit dem Gründer Jimmy Wales.

Wikipedia, eine beliebte Online-Enzyklopädie, ist den Alexa-Rankings zufolge eine der 20 meistbesuchten Seiten im Internet.
Seit ihrem Start im Januar 2001, als Gegenstück zu der nun erloschenen Nupedia, nahm der Inhalt der Webseite schnell zu. Auf der Grundlage des „Wiki-Systems“ kann jeder seinen eigenenText oder Ergänzung eingeben. Das riesige Volumen der freien Information, das auf dieser Seite zu finden ist, macht sie zunehmend beliebter.

Als Wikipedia auch die Aufmerksamkeit der chinesischen Zensurbehörden auf sich zog, war deren prompte Antwort: Webseite blockieren. Aber wo sich zuvor schon mehrere Internet-Giganten der Zensur der chinesischen kommunistischen Partei gebeugt haben, kam Wikipedia nicht ins Wanken. Im August stellte Wikipedia-Gründer Jimmy Wales öffentlich klar, dass „Zensur nicht der Philosophie von Wikipedia entspricht“ und dass „wir in der Kultur eine Position einnehmen, von der ich mir wünsche, Google würde sie auch aufgreifen.“

Don’t be Evil

Google war Anfang des Jahres unter Beschuss geraten wegen seiner Ankündigung, es werde seine chinesische Webseite der Zensur von Chinas KP-beherrschten Behörden unterwerfen. Von Kritikern war zu hören, Google habe gegen seinen eigenen corporate design-Slogan verstoßen: „Don´t be Evil.“

Der Kommentar von Wiki-Gründer Wales kam zu einer Zeit, als Wikipedia von Peking schon zehn Monate lang gesperrt war. Schließlich, am 10. Oktober, fast ein Jahr nach Beginn der Blockade, wurde die englischsprachige Wikipedia-Seite ohne Ankündigung stillschweigend wieder freigeschaltet, wie vermutet wird, aufgrund des Drucks von Wissenschaftlern und Forschern, die befürchten, diese Blockade könnte negative Folgen für die Forschung haben. Die chinesischsprachige Version bleibt aber weiterhin blockiert.

The Epoch Times sprach mit Wales, einem Mann, den das Time Magazine kürzlich eine der 100 einflussreichsten Persönlichkeiten auf der Welt nannte.

Das Interview im Wortlaut:

The Epoch Times: Google, Yahoo und Microsoft haben alle vor der Forderung der chinesischen Kommunistischen Partei nach Selbstzensierung kapituliert. Welche Richtung wird Wikipedia Ihrer Meinung nach in der Zukunft einschlagen?

Jimmy Wales: Solange ich es verhindern kann, wird Wikipedia diesen Weg in der Zukunft nicht gehen. Das würde unsere Gemeinde von leidenschaftlichen Usern nie tolerieren.
Ich stehe ein für eine wichtige und ethische Frage: Die persönlichen Rechte.

ET: Die großen internatinalen Industrieunternehmen erklären, es sei besser, mit ein wenig Selbstzensierung zu arbeiten und vertreten die Position, das bringe die freie Meinungsäußerung wenigstens ein Stück weiter und das sei besser, als gar keine freie Meinungsäußerung in China zu haben. Wie denken Sie darüber?

JW: Ich denke, dieses Argument kann manchmal sinnvoll sein, aber es kann leicht zu einer Entschuldigung werden. Wir hatten es mit der gleichen Fragestellung bei der Apartheid in Südafrika zu tun… ist es besser sich produktiv einzusetzen oder sich der Kooperation generell zu verweigern?
Der entscheidende Punkt dabei ist, dass die Öffentlichkeit den Firmen, die sich darauf eingelassen haben, sagen sollte: Beweist uns mal, dass ihr dort etwas Gutes tut; wir werden das nicht akzeptieren, wenn es nur als Entschuldigung dient, um Geschäfte zu machen.

ET: Was hätte ihrer Meinung nach passieren können, wenn Wikipedia mehr ein wirtschaftliches als ein non-profit-Unternehmen wäre? Glauben Sie, Selbstzensur wäre auch bei Wikipedia eingetreten, wenn das Ergebnis den Zugang zu einem neuen Wirtschaftsmarkt ermöglicht hätte?

JW: Nicht, solange ich damit verknüpft bin. Auch meine gewinnorientierte Firma Wikia wird nicht mit Zensoren zusammenarbeiten. Dies ist mein persönlicher ethischer Standpunkt.

ET: Glauben Sie, dass die chinesische Kommunistische Partei mit ihren Mitteln Wikipedia-Beiträge manipulieren könnte, um sie in einem schlechten Licht erscheinen zu lassen? Wie würden Sie das stoppen?

JW: Das ist wirklich kein Problem. Wir haben eine starke Gemeinschaft, die fest von Neutralität, Transparenz und Offenheit überzeugt ist. Die chinesische Regierung kann gerne ihren Beitrag für Wikipedia leisten… zu den gleichen Bedingungen wie alle anderen auch.

ET: Mehrere Epoch Times-Reporter wurden in China verhaftet, weil sie die wahre Natur des kommunistischen Regimes und die Menschenrechtsverletzungen in diesem Land enthüllt haben, und das gerade zu einem Zeitpunkt, als Peking die Kontrolle über andere Medien verschärfte. Glauben Sie, dass wir bald einen neuen Wind in China erleben werden?

JW: Ja, ich glaube, dass die Freiheit am Ende siegen wird, weil dann auch die Moral praktiziert wird. Und die chinesische Regierung wird am Ende erkennen, dass sie mit ihrer wilden und unmöglichen Politik der Zensierung sowohl dem eigenen Volk und als auch sich selbst schadet.



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