Worauf bei Dienstreisen nach China zu achten ist

"Die Chinesen wissen seit langem, dass Kontrolle nicht die ultimative Macht ist. Einfluss ist viel größer – es bedarf weniger Energie und erlaubt einem viel, viel mehr zu machen“, sagt David Harris, Geheimdienst-Experte aus Kanada
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Das US-Justizministerium hat den chinesischen US-Einwanderer Xuehua Peng wegen Spionage für China angeklagt. Das FBI hat vorab ermittelt. Der Fall gebe einen seltenen Einblick in Chinas heimliche Spionage.Foto: Peter Parks/GettyImages

OTTAWA – Ian Clement sagt, er hätte es besser wissen sollen als er zu den Olympischen Spielen 2008 in Peking als stellvertretender Bürgermeister von London gereist ist. Er ist vom britischen Geheimdienst unterwiesen worden, hat es aber nicht ernst genommen.

„Sie erzählten mir von Venusfallen und warnten mich davor, dass der chinesische Geheimdienst oft Frauen benutzt, die Männer ins Bett locken um Informationen zu bekommen. Ich glaubte nicht mal eine Minute lang, dass ich darauf reinfallen könnte“, gab Clement im Dezember in der Zeitung Mirror zu.

Clement sagte, die attraktive Chinesin, die er bei einer Party getroffen hatte, schmuggelte wahrscheinlich Drogen in sein Getränk. Nachdem er bewusstlos geworden war, ist sie durch sein Zimmer gegangen, und hat Informationen über Londons Operationen und Geschäftsverhandlungen gesammelt.

Natürlich hätte Clement es besser wissen sollen. Nur wenige Wochen vor seiner olympischen Reise ging die Geschichte eines anderen britischen Regierungsbeamten, der in China kalt erwischt worden war, durch die britischen Medien. Dieser Mann, ein Berater des britischen Premierministers, wurde auch zum Opfer einer Venusfalle. Nach einer Nacht mit einer chinesischen Frau fand er sein Blackberry gestohlen, ein Diebstahl, welcher nach Meinung von Sicherheitsexperten den britischen Parlaments-Server in Gefahr gebracht habe.

Ian Clement, Stellvertretender Bürgermeister von London. Er ging dem Geheimdienst in China bei den Olympischen Spielen in die Falle. Hier bei der Eröffnung des London House vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking, China.Ian Clement, Stellvertretender Bürgermeister von London. Er ging dem Geheimdienst in China bei den Olympischen Spielen in die Falle. Hier bei der Eröffnung des London House vor den Olympischen Spielen 2008 in Peking, China.Foto: Paul Gilham/Getty Images

Venusfallen und Abhöraktionen

„Ausländische Beamte sollten immer vorsichtig sein, wenn sie China besuchen. Die Behörden können sie auf bestimmte Weise beeinflussen oder auch in eine Falle führen. Sie sollten immer vorsichtig sein“, so der ehemalige chinesische Diplomat Chen Yonglin.

Vor seinem Überlauf nach Australien war Chen der Konsul für politische Angelegenheiten im chinesischen Konsulat in Sydney. Seine Hauptaufgabe war es, chinesische, politische Regimekritiker in Australien zu beobachten.

Sex und Geld werden oft als Lockmittel eingesetzt, sagt er. Die Venusfalle ist eine bevorzugte Taktik des chinesischen Geheimdienstes, um einen Beamten in einen Sexskandal zu verwickeln. In diesem Fall wird der Beamte von einer schönen, chinesischen Verführerin angesprochen um ihn zu locken. Sie würde dann sein Hotelzimmer durchwühlen, sein Laptop oder Handy durchsuchen oder Videoaufnahmen der Indiskretion als Erpressung benutzen.

Chen sagt, während seiner Amtszeit wurde ein australischer Beamter in China von den Behörden festgenommen, nachdem er beim Sex mit einem Mädchen unter 16 Jahren erwischt worden war. Sie ließen ihn frei, behielten aber Beweise für seine Indiskretion, nachdem er „angeboten hatte für das Regime zu arbeiten, ähnlich einem Agenten“, sagt Chen. „Öffentlich versuchte er für das Regime zu sprechen“, sagt Chen, inklusive, die Haltung des Regimes in den australischen Medien zu befürworten. „[Beamte] sollten auf der Hut vor chinesischen Beamten sein“, warnt Chen. „Sie könnten durch Geld oder das Versprechen bestimmter Vorteile von chinesischen Oberbeamten reingelegt werden. Sie sollten sehr vorsichtig sein während sie die Unterhaltung der chinesischen Regierung genießen“.

Ein weiterer ehemaliger chinesischer Beamter warnte besonders kanadische Beamte während eines Interviews mit der kanadischen Presse 2005. Guangsheng Han machte Schlagzeilen in dem Jahr, als er versuchte, nach Kanada überzulaufen. In Shenyang, einer Stadt mit fast acht Million Einwohnern, verbrachte Han 14 Jahre als Chef des Amtes für Öffentliche Sicherheit und weitere fünf Jahre im Juristischen Büro.

Jetzt erzählte er der Epoch Times, dass das chinesische Regime eifrig dabei ist, Geheiminformation zu sammeln und dass chinesische Hotels – inklusive Hotels im Besitz ausländischer Firmen – mit Geheimagenten besetzt sind. Unachtsame Beamte können erwarten, dass ihr Gepäck insgeheim durchsucht wird und Dokumente kopiert werden.

Warnung vom CSIS

Wie die Briten, ist auch der kanadische Geheimdienst sich den Risiken bewusst und warnt kanadische Beamte, die China besuchen, aber diese Warnungen werden oft ignoriert, sagt der ehemalige Mann vom kanadischen Sicherheits- und Informationsdienst (CSIS) Agent Michel Juneau-Katsuya, der die Asien-Pazifische Abteilung der Agentur geleitet hat. „CSIS gibt auf jeden Fall eine Einsatzbesprechung, aber wir sind nicht sicher, ob auch alle auf unseren Rat hören. Sie sind oft extrem naiv und glauben, dass CSIS [Agenten] zu viele James Bond Filme gesehen haben.“

Juneau-Katsuya sagt, dass der chinesische Geheimdienst wegen der zusätzlichen Sicherheit und Medien- Aufmerksamkeit bei höheren Beamten wie Staatsoberhäuptern wahrscheinlich vorsichtiger sei, dabei werde aber für mittlere oder nachrangige Beamten und ihre Angestellten „ihr ganzes Arsenal an Beobachtung und elektronischer Überwachung eingesetzt“. „Ich bin ganz sicher, dass jeder Einzelne, der dort hin reist, ein was wir das ‚Voll-Ausgestattetes-Zimmer‘ nennen, bekommt“, meint er. „Man kann sicher sein, jedes einzelne Gespräch wird versucht zu überwachen. Sie werden jedem Einzelnen in dieser Abordnung einen Agenten zuordnen ihm zu folgen, um sicher zu stellen, dass sie sich nicht mit den falschen Leute treffen, und wer weiß, vielleicht ein bisschen Schmutz auf dem Weg sammeln.“

Aber neben nützlichen Informationen, suchen chinesische Geheimdienstagenten auch mitspielende Politiker und gut situierte Beamte, die entweder gezwungen, bestochen oder einfach nur verzaubert werden, dem chinesische Regime dabei zu helfen, seine auslandspolitischen Ziele umzusetzen.

Wenn sie ein geeignetes Ziel finden, so Juneau-Katsuya, werden chinesische Diplomaten denjenigen in Kanada aufsuchen um ihn zu werben. „Sie werden definitiv versuchen etwas zu entwickeln was wir ‚Soft Power‘ (‚Sanfte Macht‘) nennen.“

Ziel aller Informationssammlung ist es Einfluss zu gewinnen, sagt er. Die Chinesen wissen seit langem „dass Kontrolle nicht die ultimative Macht ist. Einfluss ist viel großer – es bedarf weniger Energie und erlaubt einem viel, viel mehr zu machen.“

„Freunde“ gewinnen und Politik beeinflussen

David Harris, Terrorismusexperte und ehemaliger Leiter Strategischer Planung für CSIS und jetzt Direktor des „international and terrorist intelligence program“ bei Insignis Strategic Research in Ottawa sagt: „Chinesische Versuche unsere Beamten zu beeinflussen gehen tief und laufen langfristig.“

„Wenn Würdenträger nach China gehen, gibt es sehr viel worüber man sich Sorgen machen kann. Der chinesische Geheimdienst ist berüchtigt dafür, vor nichts zurückzuschrecken wenn es darum geht, Informationen von ausländischen Würdenträgern zu sichern, oder sie den Menschen abzunötigen oder zu erzwingen. Versuche von Erpressung sind nicht unbekannt.“

Harris sagt, Versuche, Beamte und Bürokraten zu beeinflussen, können Jahre später auftauchen, wenn ein jüngerer, spezieller Assistent oder Sekretär zu höherer Position mit Zugang zu empfindlichen Informationen aufgestiegen ist, oder die Möglichkeit hat, andere Agenten in seiner Abteilung anzustellen.

„Es ist extrem wichtig, dass Beamte sich in China sehr umsichtig und diskret verhalten. Man kann sicher sein, alle Besprechungsräume, wo Beamte sich aufhalten, sind für Ton oder Video verkabelt.“ Des Regimes beliebteste und effektivste Methode Informationen zu sammeln, ist durch Schmeichelei, sagt Harris, „und etwas zu etablieren, was wie eine echte und aufrichtige Beziehung aussehen könnte“. Chinesische Geheimdienstagenten sind Meister psychologischer und manipulativer Techniken. Ihre Akten über ausgesuchte Personen gehen Jahrzehnte zurück und sie suchen nach Schwächen, die sie ausnutzen können.

Nationales Interesse

„Die Schwächen reichen von Fragen des Geldes, Schulden, Gier, sexuelle Gewohnheiten und Orientierungen – alles, was eine wunde Stelle darstellt. Und wenn jemand eine Vorliebe fürs Geschäftliche hat, können natürlich Geschäftsangebote in Frage kommen“, sagt Harris.

Der Nutzen kann erheblich sein, sagt er. Zum Beispiel, eine private Anweisung an ein Staatsoberhaupt könnte dem Land eine Rückzugsposition in wichtigen Handelsverhandlungen freigeben. Mit diesem Wissen können die Chinesen ihre Vorteile zum Maximum ausnutzen mit potentiellen Kosten in Milliardenhöhe für die anderen.

Neben dem Gewinn ökonomischer Vorteile hofft das Regime darauf, die Auslandspolitik anderer Länder gegenüber China zu lenken oder bedeutend zu beeinflussen. Manche Bürokraten und andere, die unter chinesischen Einfluss geraten, werden unbewusst zu Agenten des Regimes, sagt er.

Andere können bewusst handeln. „Menschen denken, Bürokratie sei reguliert und diszipliniert, zuverlässig, aber wenn man über einen Generaldirektor, der in der Abordnung mitreist, Einfluss gewinnen kann, dann können politische Optionen zugunsten Chinas in der politischen Entwicklung und bei entscheidungsführenden Schritten der Regierung sehr früh eingeengt werden.“

Dieses Szenario ist äußerst gefährlich, sagt er, wenn jemand Hohes in Regierung oder Bürokratie unter starken chinesischen Einfluss gelangt, wird der entscheidungsführende Prozess eines anderen Staates von innen her kompromittiert. Harris sagt, er habe von Fällen gehört, bei denen politische Entscheidungen unter denen, die nah zu China standen, längst bekannt waren, bevor sie jemals in Kanada beschlossen wurden. Als er um weitere Details gedrängt wurde, war Harris aufgrund von Sicherheitsfragen nicht bereit mehr zu sagen. „Weiter kann ich nicht gehen, aber das ist natürlich nicht überraschend.“

Am Ende sei die einzige dauerhafte Lösung laut Harris und Juneau-Katsuya, dass Beamte und ihre Mitarbeiter sich der Risiken sehr bewusst sind, und das sie die Interessen ihres Landes fest im Sinn behalten.

„Es ist extrem besorgniserregend zu sehen, wie manche ehemaligen Politiker, Diplomaten und andere ihre Schäfchen in China ins Trockene gebracht haben“, sagt Harris.

Wir sollten auch Abordnungen so klein wie möglich halten, um Schwächen zu begrenzen, meint er. Und Vorsicht vor der „Freund Chinas“ Taktik. Er sagt, dass manchmal hoch rangierende chinesische Beamte oder andere gut situierte Menschen so manchen ausländischen Beamten oder Geschäftsmann als „ein Freund Chinas“ bezeichnen, aber dass es „erstaunlich naiv“ wäre, das für bare Münze zu nehmen.

„Wenn so etwas passiert, müssen die Menschen sich nicht geschmeichelt fühlen – sie können sich wahrlich benutzt und manipuliert fühlen … Du hast ein Land dem du Loyalität schuldest in Gesetz und Politik, und du musst entscheiden, welches Land das ist.“

 

Originalartikel auf Englisch: Sex, Spies, and Audiotape: What to Watch Out For on Your Official Trip to China

 

 

 



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