Chinas Umwelt-Katastrophe – ohne Umkehr keine Rettung

Titelbild
Eine Frau sammelt Proben des roten verschmutzten Wassers, das aus einem Abwasserkanal in den Fluss Jian in Luoyang fließt, in der nordchinesischen Provinz Henan. Im Jahr 2011Foto: STR / AFP / Getty Images
Von 10. August 2014

Chinas Umwelt wurde so gründlich durch städtische und industrielle Entwicklung angegriffen, dass die Verschmutzung von Luft, Wasser und Boden alarmierende Ausmaße erreicht hat. „Es hat eine Stufe und eine Beschleunigung erreicht, die die Welt noch nicht gesehen hat“, so Jennifer Turner, Direktorin des China Environment Forum am Woodrow Wilson Center in Washington, D.C.. Was wissen wir? Was kann getan werden?

Airpocalypse“ durch Feinstaub

Pekings Luftverschmutzung hat ein Niveau erreicht, das im Januar 2013 so dramatisch hoch lag, dass ein neues Wort, „airpocalypse“, wurde für sie geprägt wurde. Das Wort ist seitdem benutzt worden, um auf die alarmierende Luftverschmutzung in Peking und anderen chinesischen Städten zu verweisen.

Pekings PM2.5 Ebene reichte im Januar 2013 über 500-mal über das zulässige Maß hinaus,  mit einem wiederkehrenden hohen Index im Jahr 2014. Der Smog erstickte die Stadt und sie erlebte eine Sicht so gering, dass sie Schulen und Fabriken schließen ließ.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) misst PM2.5, das sind Partikel kleiner als 2,5 Mikrometer im Durchmesser (Feinstaaub), als Gesundheitsindikator, da sie in den Blutstrom eindringen und in die Lunge gelangen können, was zu Atemwegserkrankungen, Lungenkrebs und verschiedenen anderen Beschwerden führen kann. Sichere Werte von PM2.5 sind 10 Mikrogramm pro Kubikmeter jährlich, und 25 Mikrogramm pro Kubikmeter über einen Zeitraum von 24 Stunden, der sogenannte PM2.5-Index 12 und 25.

Peking „kaum geeignet“, um dort zu leben

Ein Forschungsbericht, von der Shanghai Akademie der Sozialwissenschaften im Februar 2013 veröffentlicht, setzt Peking auf den zweitschlimmsten Platz im Wohnumfeld unter 40 Großstädten der Welt, laut der Daily Mail. Die Studie betrachtet Peking als „kaum geeignet“, um dort zu leben, aufgrund seiner schweren Luftverschmutzung.

Smog ist besonders gravierend in nord-chinesischen Städten in der Wintersaison, wenn die Heizung mit Kohle zur weiteren Luftverschmutzung beiträgt. Im Oktober 2013 hatte die Nordstadt von Harbin den Rekord beim PM2.5-Index von 1000, mit Sichtweiten reduziert auf unter 50 Meter, nach Daten der China Environmental Protection Agency.

Chinas ungezügelte und kohleabhängige Entwicklung gilt als direkte Ursache der Luftverschmutzung. China verbraucht die Hälfte der Kohle in der Welt, sie wird verwendet, um die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft buchstäblich anzuheizen.
Die Luftverschmutzung hat schon jetzt großen Schaden für die menschliche Gesundheit verursacht. Basierend auf einer „2010 Global Burden of Disease“-Studie im Dezember 2013, die bei The Lancet, einer britischen medizinischen Fachzeitschrift, veröffentlicht wurde, führte die Luftverschmutzung zu 1,2 Millionen vorzeitigen Todesfällen in China im Jahr 2010, was etwa 40 Prozent der globalen Gesamtmenge ist.

Durch die Luftverschmutzung ist die Lebenserwartung im Norden Chinas um 5,5 Jahre reduziert,  nach einer Studie von Forschern aus China, Israel und den Vereinigten Staaten, die in den Proceedings der National Academy of Sciences im letzten Jahr gemacht und veröffentlicht wurde.

Chinas „airpocalypse“ würgt nicht nur die chinesischen Städte, sondern wirkt sich auch auf andere Länder aus durch den Ferntransport von Luftschadstoffen. Etwa 40-60 Prozent der Feinstaubbelastung in Japan kommt aus China, sagte Hiroshi Tanimoto Japans National Institute for Environmental Studies der New York Times. Die Wirkung auf Korea ist noch größer. Schadstoffe haben auch den Pazifik überquert und beeinflussen den westlichen Teil der Vereinigten Staaten.

Chinas „airpocalypse“ geht Hand in Hand mit Chinas Rang als Top-Emittent von Treibhausgasen, ein Antreiber des globalen Klimawandels und der Bedrohung durch die globale Erwärmung.

Noch schlimmer: Wasser „zu gefährlich, es zu berühren“

Wenn die Luftverschmutzung auch schon schlimm genug ist, so ist die Wasserverschmutzung ein noch schlimmeres Problem und noch schwieriger zu lösen, sagte ein Bericht von The Economist.

„Es gibt große Teile der städtischen Wasserversorgung, bei denen es nicht nur zu gefährlich ist, davon zu trinken – es ist zu gefährlich, sie zu berühren“, sagte John Parker, Globalisierungs Redakteur beim The Economist, in einem Video-Interview. „Man kann auch nicht darin  waschen.“

Daten der chinesischen Regierung im Jahr 2011 zeigen, dass über die Hälfte von Chinas großen Seen und Stauseen für den menschlichen Gebrauch zu sehr verunreinigt ist. Grundwasser, das ein Drittel von Chinas Wasserressourcen ausmacht, leidet an ähnlicher Verschmutzung. Von den mehr als 4.700 Stationen für Grundwasserqualitätsprüfung, zeigten etwa 60 Prozent „relativ schlecht“ oder schlimmere Verschmutzung. Die Hälfte der ländlichen Bevölkerung hat kein sauberes Trinkwasser.

Chemische, pharmazeutische, und Kraftwerke speien Schadstoffe in Gewässer, sie erschaffen dort tote Zonen, wohin sie fließen. Ein bemerkenswertes Beispiel ist der zentralchinesische Huai-Fluss, von Elizabeth Economy schon 2004 in ihrem bekannten Buch über Chinas Umwelt für tot erklärt, „The River Runs Black“.

Während Chinas Luftverschmutzung zur „airpocalypse“ führt,  hat die Wasserverschmutzung zu Vorfällen beigetragen, die die internationale Aufmerksamkeit erregt haben. Im Jahr 2007 litt der Tai-See an einem schweren Teppich von Blaualgen, die Krebs auslösend sind, und seine grauenhaften Bilder zirkulierten im Web.

Der Vorfall von dem durch einen Chemieunfall kontaminierten Songhua Fluss im Nordosten Chinas und die Vertuschung durch die Regierung im Jahr 2006 wurde allgemein kritisiert. Viele weitere Zwischenfälle gehen jedoch unter und werden nicht berichtet.

Einige Fälle von Wasserverschmutzung können leider surreal sein. Städtische Wasserstraßen der östlichen Stadt Wenzhou waren von Chemikalien so sehr belastet, dass sie eine brennende Zigarette unter Feuer setzte, wie in die Daily Mail in diesem Jahr berichtete.  Dies ist nicht das erste Mal, dass ein Fluss in Flammen stand, und andere Bilder der Wasserverschmutzung zeigen Wasser, das sich wandelt in schwarz oder rot oder orange, oder es ist mit Algen oder toten Fischen bedeckt.

Ein Bericht über ChinaDialogue zeigt an, dass im Jahr 2012 mehr als die Hälfte der chinesischen Städte Wasser von „schlechter“ oder sehr schlechter Qualität hatten. Ma Jun, eine Umweltschützerin, die eine in Peking ansässige grüne NGO leitet, sagte ChinaDialogue, „Die Bekämpfung der Wasserverschmutzung ist so ernst und noch würdiger einer Herausforderung für die Behörden als die Bekämpfung der Luftverschmutzung … Wasserverschmutzung stellt eine größere Gefahr für die Gesundheit von rund 300 Millionen Menschen dar, die in ländlichen Gebieten leben.“

Verschmutzte Böden und Nahrung

China Daily, eine englischsprachige Zeitung, die vom chinesischen Regime herausgegeben wird, ließ sogar in einem Editorial angeben: „Boden, der mit Schwermetallen kontaminiert ist, untergräbt die Grundlage der Lebensmittelsicherheit des Landes und ist zu einer drohenden Gefährdung der öffentlichen Gesundheit geworden.“

Fast ein Fünftel von Chinas Ackerland ist verschmutzt, laut Chinas Ministerium für Umweltschutz und dem Ministerium für Land Ressourcen. Chemikalien wie Cadmium, Nickel, Arsen, Blei und Quecksilber vergiften den Boden, wenn sie im Wasser, das zur Bewässerung verwendet wird, auf das Land ausgebracht werden.

„Krebsdörfer“ in China und Cadmium im Reis

Anfang dieses Jahres hat das Ministerium für Umweltschutz eingeräumt, dass es 450 durch Umweltverschmutzung bedingte „Krebsdörfer“ in China gibt. Zuvor hatte die Bodenverschmutzung und ihre Bedrohung für Gesundheit und Lebensmittel nur begrenzte Aufmerksamkeit der Medien erhalten und das chinesische Regime hielt Daten über Bodenverschmutzung als „Staatsgeheimnis“ unter Verschluss.

Die Änderung wurde teilweise durch einen aktuellen Skandal von Cadmium im Reis ins Rollen gebracht. Der Hunan-Reis hat großen Schrecken verbreitet. Laut dem chinesischen Wirtschaftsmagazin Caijing wurden in der Stadt Guangzhou bei einer Inspektion von lokalen Restaurants übermäßig hohe Cadmium Spuren in 44,4 Prozent vom Reis und in Reisprodukten gefunden. Die meisten Reis-Lieferungen kamen aus der Provinz Hunan.

Nach dem New Century Magazine Caixin hatten Forscher von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und anderen Institutionen auf Cadmiumverschmutzung im Jahr 2009 hingewiesen, als sie 100 Reisfelder in der Nähe von Bergwerken in ganzen Provinz Hunan untersucht hatten, und festgestellt haben, dass 65 Prozent der Proben die Cadmium-Sicherheitsgrenze überschritten. Der kontaminierte Reis kam auf den lokalen und nationalen Markt.

Auf der WHO-Website heißt es, „Cadmium übt toxische Wirkungen aus auf die Niere, das Skelett und die Atemwege.“ Das Schwermetall wird aus Bergwerken und chemischen Fabriken in Hunan gewonnen.

Auch unter Beobachtung sind Hunans neue Krebsdörfer, eins von ihnen ist Shuanqiao. China Youth berichtet, dass 26 Personen in Shuanqiao an Cadmium-Vergiftung starben. Bodenproben zeigten, dass der Cadmiumgehalt 300-mal den zulässigen Wert überstieg, und 509 seiner 2.888 Dorfbewohner wurden positiv auf Cadmiumvergiftung getestet. Die Chemikalien kamen von der Xianghe Chemiefabrik, über deren Verschmutzung sich die  Dorfbewohner etwa seit 2006 beklagt haben. Dieses Beispiel ist nur die Spitze des Eisbergs der chemischen Vergiftung in China.

Besorgniserregend “Krieg gegen Verschmutzung”

Angesichts der katastrophalen Umweltverschmutzung ist die chinesische Regierung aufmerksam geworden. Ministerpräsident Li Keqiang verkündete Anfang dieses Jahres vor dem Nationalen Volkskongress: „Wir werden der Verschmutzung den Krieg erklären.“ Li sagte: „Smog beeinflusst größere Teile von China, und die Umweltbelastung hat sich zu einem großen Problem entwickelt, das Rotlicht der Natur ist eine Warnung vor dem Modell der ineffizienten und blinden Entwicklung.“

Die chinesische Regierung hat Pläne zur Sanierung der Umwelt. Im September 2013 startete die Regierung einen 280.000.000.000-Dollar-Plan zur Sanierung der Luft, und zu Beginn dieses Jahres wurde eine Investition von 300 Milliarden Dollar angekündigt, um die Wasserverschmutzung zu bekämpfen. Experten bezweifeln jedoch, ob sich durch diese Investitionen die Situation ändern wird.

Besorgniserregend ist die anhaltende Haltung des Regimes von einem „Krieg gegen die Natur“, wodurch sich die Investitionen der Vergangenheit in ihrer Wirkung in der Umwelt als begrenzt erwiesen haben. In Maos „Krieg gegen die Natur“, wurde durch drakonische Maßnahmen in der Landwirtschaft das Geflecht des ländlichen Ökosystems zerstört. Das Post-Mao Streben nach wirtschaftlicher Entwicklung übertrumpft die Vergangenheit noch mit einem beispiellosen bei der Trend Verunreinigung von Luft, Wasser und Boden von industriellem und städtischem Wachstum.

Wo blieb die "Harmonie zwischen Mensch und Himmel" ?

China-Experten meinen, dass die Wurzel der Umweltprobleme in China bei der Top-down-Kontrolle durch die Kommunistische Partei liegt, die in Korruption und fehlender politischer Verantwortlichkeit und Rechtsstaatlichkeit gefangen bleibt. Wirtschaftliche Anreize für die Beamten haben sie veranlasst, weiterhin die Verschmutzung unbeachtet zu lassen. Während einige umweltschädliche Fabriken geschlossen wurden, schossen andere empor.

„Umweltprobleme sind eines der wichtigsten Ergebnisse des Ein-Parteien-Staates mit einer korrupten, nicht-humanen Regierung“, sagte Ahkok Wong, ein Universitätsdozent in Hong Kong, dem ROAR Magazine.

Umweltverschmutzung ist zunehmend zur Quelle der Unzufriedenheit und der Proteste in China geworden. In den 1990er-Jahren wiesen Proteste auf dem Land in China bereits auf den durch Umweltverschmutzung bedingten Landverlust hin. Seit den 2000er-Jahren gab es groß angelegte Proteste in Städten, in denen Bürgerinnen und Bürger umweltschädliche Fabriken und Anlagen ablehnten. Laut einer Pew-Umfrage entfielen Umweltfragen auf die Hälfte der Proteste im Jahr 2013 in China.

Bei dem vorliegenden Mangel an grundlegenden Veränderungen im politischen System ist es schwer, wichtige Verbesserungen für die Umwelt vorherzusehen.

Als Mao den traditionellen chinesischen Glauben an die Harmonie zwischen Mensch und Himmel ausgelöscht hatte, und während das post-Mao kommunistische Regime weiterhin die wirtschaftliche Entwicklung gegenüber der Umwelt begünstigt, ist die moralische Grundlage des chinesischen Volkes auch erodiert, sowohl beim Anwachsen von Korruption als auch bei der Missachtung für andere und die Umwelt.

Ohne einen Umbau des moralischen Systems wird die Umwelt in China weiter leiden, zusammen mit dem chinesischen Volk.

Hong Jiang ist Associate Professor und Vorsitzende der Abteilung Geographie an der Universität von Hawaii in Manoa. Sie ist spezialisiert auf Chinas Umwelt und Kultur.



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