China: Immobilien-Entwickler nehmen Reißaus

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Leere Appartement-Häuser spiegeln sich in einem Fenster und sie zeigen das Schulden-Problem bei Immobilien in China.Foto: AFP/Getty Images
Von 15. März 2012

Chinas Immobilien-Entwickler schlagen Alarm: Das Geschäft in den kleinen und mittelgroßen Städten lohnt sich immer weniger. Grund dafür ist die Krise am Immobilien-Markt und die strikte Kredit-Vergabe der chinesischen Zentralregierung. Einige Immobilien-Firmeninhaber haben ihr Heil in der Flucht gesucht, alles an vorhandenem Bargeld mitgenommen und die unfertigen Projekte ebenso hinter sich gelassen wie ihre Schulden.

Auf diese Art und Weise sollen sich allein in der Stadt Changsha an die zehn Immobilien-Firmen aus dem Geschäft „verabschiedet“ haben. Dazu gehören die Immobilien-Entwickler Jiangbin Homes, Zhongyuan Residence, Dongfang Navigator, Zhongyang Residence, Keke Little City, Lipujin Cubic und Xiangjiang 700.

Ist Flucht die neue Form des chinesischen Risiko-Managements von verschuldeten Immobilien?

Nicht viel anders sieht es in den Provinzen Henan, Jiangsu und Zhejiang aus – auch hier haben die Besitzer von Immobilien-Firmen über Nacht mit großen Summen Reißaus genommen.  So ist etwa der Präsident von Yuyang Enterprise in Nanjing mit mehreren Hundert Millionen Yuan an geborgtem Geld über Nacht verschwunden. Chen Fei, ein Millionär und Immobilien-Entwickler in der Provinz Zheijiang verabschiedete sich sang- und klanglos von seinem „Shengli Square“-Projekt – und mit ihm über eine Million Yuan an Geldern [etwa 100.000 Euro].

Der Grund für die scharenweise Flucht der chinesischen Immobilien-Haie: Sie alle hatten Probleme mit ihrer Kapitaldecke. Seitdem die Regierung die Kredit-Vergaberichtlinien im vergangenen Jahr verschärft hat, mussten sie für ihre Firmen das Geld für ihre Projekte bei privaten Investoren auftreiben – nicht selten kam die Finanzierung aus dunklen Kanälen.

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Flucht – die neue Form des chinesischen Kredit-Risiko-Managements

Angesichts des schwindenden Geldangebots und unter der Last hoher Zinsen für privaten Kredit haben die chinesischen Immobilien-Entwickler mit der Flucht vor ihren Kredit-Rückzahlungen eine ganz neue Form des „Kredit-Risiko-Management“ entwickelt.

Shi Wei, ein Finanzplaner bei der Bank of Communications – eine der alteingesessenen Banken Chinas – sagte dieser Zeitung Folgendes: Viele kleine und mittelgroße Immobilien-Entwickler hätten ausreichende Finanzmittel durch Bankkredite auf die Beine stellen können, als der Markt heiß war. Dann kam die strengere Kredit-Vergabe der Regierung und die Immobilien-Entwickler konnten plötzlich nicht mehr genug Geld ausleihen, um ihre Bauprojekte weiter voranzutreiben. Diese Tatsache, gepaart mit fallenden Umsätzen, habe zu einer Finanzierungskrise geführt und die Immobilien-Firmen dazu getrieben, vor ihren Schulden zu fliehen. Shi rechnet mit einem Anhalten dieses Trends – Geld sei weiterhin knapp und immer mehr kleine und mittelgroße Immobilien-Entwickler dürften zusammenbrechen.

„Obwohl die Banken die Finanzkraft hätten, verhindern die Regulierungen, dass Banken Kredite an die kleinen und mittleren Entwickler vergeben. Die großen Entwickler sind nur wenig von den Richtlinien betroffen – entweder haben sie ihre Finanzierung gesichert oder verfügen über ausreichend eigene Ressourcen. Die kleinen und mittleren Entwickler sind am stärksten betroffen“, sagt Shi.

Milliarden an Yuan fällige Kredite – allein im März

Das erste Quartal dieses Jahres dürfte für die chinesischen Immobilien-Firmen ein Quartal intensiver Kredit-Rückzahlung werden. Das geht aus einem Bericht von World Union Properties, einer der größten chinesischen Immobilien-Beratungsfirmen, hervor.

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Forschungsergebnisse von Guotai Junan Securities, eine der größten chinesischen Aktiengesellschaften, zeigen einen Schuldenberg von 175,8 Milliarden Yuan für das Jahr 2012 – wovon noch im März 36,6 Milliarden Yuan an Zahlungen für das erste Quartal fällig werden. Ende des zweiten Quartals werden 36,8 Milliarden Yuan fällig, im dritten Quartal sind es dann 71,6 Milliarden und im vierten 30,9 Milliarden Yuan. Der Schulden-Druck im Immobilien-Sektor spiegelt sich in diesen Zahlen recht dramatisch wider.

Die Fitch Group schreibt in einem Bericht zur  Entwicklung des chinesischen Immobilien-Sektors im Jahr 2012, dass diesen in diesem Jahr noch striktere Richtlinien erwarten – und dass vor allem die kleineren Firmen dadurch unter Druck geraten dürften.

Die Schulden der Provinzregierungen

Shanghai und Wuhu haben bereits versucht, die Richtlinien in der Immobilien-Industrie aufzulockern, aber die Bemühungen wurden abrupt gestoppt. Der Grund dafür könnte sein, dass die Geldknappheit nicht nur den Immobilien-Sektor trifft, sondern auch auf die Provinzregierungen übergreift, da die beiden miteinander verbunden sind.

Die chinesische Zentralregierung setzt nun die Provinzregierungen unter Druck, ihre Bankkredite zurückzuzahlen, die sie während der Finanzkrise im Jahr 2008 bis 2009 aufgenommen haben. Damals hatte die Zentralregierung die Provinzen stark ermutigt, Kredite für Infrastrukturprojekte aufzunehmen und damit das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, berichtet New Tang Dynasty (NTD) Television.

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Während des zurzeit tagenden Nationalen Volkskongresses sagte der chinesische Finanzminister Xie Xuren: „Wir haben den Provinzregierungen befohlen, bei der Rückzahlung ihrer Schulden einen guten Job zu machen. Wenn es um Schulden der Regierung geht, müssen die Provinzregierungen Schulden-Rückzahlungs-Fonds aufstellen und alle ihre fiskalen Ressourcen ausnützen, um ihre Schulden zurückzuzahlen.“

Sollten die mit Schulden überladenen Provinzregierungen zusammenbrechen, werden die chinesischen Banken auf einem Berg von faulen Krediten sitzen, was das Land in die finanzielle Instabilität führen könnte. Analysten zufolge könnten ungefähr 20 Prozent der Kredite – im Wert von dreihundert bis vierhundert Milliarden US-Dollar – faul geworden sein, berichtet NTD.

Der asiatische Wirtschaftsanalyst Jim Walker sagte in der jüngsten Vergangenheit, dass Chinas Wirtschaft bereits in tiefen Schwierigkeiten stecke. Walker sagte der Nachrichtenagentur Reuters: „Unsere Sicht ist, dass sich China bereits in der Mitte einer harten Landung befindet. Der Immobilien-Sektor steckt in tiefen Schwierigkeiten, die Kapitalgüter-Industrie muss in der Kapazität verringert werden und es gibt zurzeit keinen Konsum, der die Wirtschaft wirklich anheizen könnte.“

 



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