China: Verliert die Weltfabrik ihren Standortvorteil?

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Eine Vielzahl internationaler Unternehmen verlässt derzeit den chinesischen Markt.Foto: Getty Images
Epoch Times3. Oktober 2012

 

Eine Vielzahl internationaler Unternehmen verlässt derzeit den chinesischen Markt. Steigende Personalkosten, der Verlust steuerlicher Vorteile und der steigende Kurs des Yuan gelten als Hauptmotive vieler Unternehmen, sich aus dem chinesischen Markt zurückzuziehen. Der jüngste Konflikt um die Senkaku-Inseln verschlimmert die Situation zusätzlich.

Flucht internationaler Unternehmen aus China

Die britische Zeitung The Guardian berichtete am 18. September, dass sich der britische Luxusartikelhersteller Buberry entschieden habe, seine Handtaschen nicht mehr in China herstellen zu lassen. Buberry gab an, dass die Juli-Bestellung die letzte sei, die die chinesische Firma von ihnen erhalten habe.

Es gebe zwei Gründe für diese Entscheidung. Der eine liege in den langen Arbeitszeiten der Mitarbeiter und der andere seien die problematischen Arbeitsbedingungen.  Buberry mache sich Sorgen, dass die Arbeitssituation in der chinesischen Partnerfirma ihrer Firmenphilosophie nicht entspreche.

Anfang September berichteten südkoreanische Medien, dass 14 koreanische Schmuckhersteller ihre Produktion aus der chinesischen Stadt Qingdao zurück nach Korea verlagern werden. Analysten zufolge seien verschlechterte Investitionsbedingungen in China und attraktive politische Maßnahmen in Südkorea verantwortlich für die Rückzugsentscheidung.

Der deutsche Sportartikelhersteller Adidas traf ebenfalls die Entscheidung, seine chinesischen Produktionsstätten zu schließen. Das Werk in der Stadt Suzhou hat bereits angekündigt, im Oktober zu schließen. Gerüchten zufolge habe Adidas vor, von Oktober bis April nächsten Jahres nacheinander die Verträge mit den chinesischen Partnerfirmen zu kündigen. Wenn diese Gerüchte wahr sind, werden 300 Produktionsstätten und mehr als 300.000 Mitarbeiter davon betroffen sein.

Die US-amerikanische Baumarktkette The Home Depot kündigte am 14. September an, alle sieben Filialen in China schließen zu wollen. Obwohl das Hauptquartier von The Home Depot in China die Absicht geäußert hatte, das Geschäft in China auszubauen, sind viele der Meinung, dass die Schließung der Filialen ein Zeichen für den Rückzug von The Home Depot aus China sei. The Home Depot sind nicht die einzigen. Gerüchten zufolge planen andere internationale Handelsketten wie Carrefour aus Frankreich und Tesco aus Großbritannien ebenfalls, den chinesischen Markt zu verlassen.

Obengenannte Beispiele zeigen nur einen kleinen Teil der internationalen Unternehmen, die in den letzten Monaten begonnen haben, den chinesischen Markt zu verlassen.  Die Flucht internationaler Unternehmen aus China begann bereits im Jahr 2011. Der Getränke-und Lebensmittelkonzern PepsiCo und das Logistikunternehmen DHL haben im Jahr 2011 Teile ihrer Geschäfte in China abgebaut. Nach Angaben der Boston Consulting Group haben zahlreiche amerikanische Unternehmen ab dem Jahr 2011 ihre Produktion aus China wieder in die USA zurückverlagert, darunter beispielsweise Coleman, Sleek Audio, Peerless Industries und Outdoor Greatroom.

Mit dem Rückzug internationaler Unternehmen aus China sank auch das Volumen der direkten ausländischen Investitionen. Seit November 2011 weist das Investitionsvolumen ausländischer Unternehmen in China eine fallende Tendenz auf. Nach Angaben des Handelsministeriums sank die Anzahl neuer ausländischer Unternehmen in China von Januar bis Juli im Vergleich zum Vorjahr um 12,3 Prozent, das Investitionsvolumen sank um 3,6 Prozent.

Der Standort China hat keinen Kostenvorteil mehr

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Steigende Personalkosten, die Abschaffung steuerlicher Vorteile und der steigende Kurs des Yuan werden oft als die Hauptgründe für die Flucht internationaler Unternehmen aus China bezeichnet. Früher wurden Arbeitskräfte in China als günstig eingeschätzt. Aber wegen der Inflation und dem steigenden Yuan hat China diesen Kostenvorteil verloren.

Eine Studie der Boston Consulting Group zeigte, dass die Löhne in China jährlich um 20 Prozent steigen. Von 2005 bis 2010 seien die Löhne der Arbeitskräfte in China um 69 Prozent gestiegen. Im Jahr 2000 habe der Lohn einer chinesischen Arbeitskraft etwa 3 Prozent von dem eines amerikanischen Arbeitnehmers betragen, im Jahr 2005 4 Prozent und im Jahr 2010 9 Prozent. Prognosen zufolge könnte dieser Anteil im Jahr 2015 auf bis zu 17 Prozent steigen.

Statistiken zufolge betrage der derzeitige Monatslohn eines Angestellten in der Textilbranche in Vietnam etwa 60 Euro, in Indien nur 30 Euro, in Bangladesch etwa 35 Euro. Aber in der chinesischen Stadt Guangzhou betrage der Monatslohn zwischen 300 und 350 Euro. In einem technisch fortgeschrittenen Textilunternehmen könne der Monatslohn bis zu 500 Euro betragen.

Der Währungskurs spielt ebenfalls eine Rolle bei der Standortentscheidung. Seit 2005 ist der Wechselkurs von Yuan zu US-Dollar um fast 30 Prozent gestiegen. Außerdem verlieren die ausländischen Unternehmen in China ihre steuerlichen Vorteile. Im Jahr 2008 trat in China ein neues Steuergesetz in Kraft. Mit diesem Gesetz wurde beispielsweise die Regelung gekippt, nach der ein ausländisches Unternehmen in den ersten beiden Jahren nach der Gründung steuerfrei ist und danach für weitere drei Jahre eine Steuervergünstigung von 50 Prozent erhält. Für Unternehmen, die nach dem 16. März 2007 gegründet wurden, gelten diese Vergünstigungen nicht mehr. Bis 2013 werden alle internationalen Unternehmen in China ihre steuerlichen Vorteile verlieren.

Rezession und politische Faktoren

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Die Rezession in China  gilt als weiterer wichtiger Grund für die Schließung internationaler Handelsketten. Dabei spielen auch politische Faktoren eine wichtige Rolle. Beispielsweise übt die chinesische Regierung seit zwei Jahren einen starken Einfluss auf den Immobilienmarkt aus. Infolgedessen mussten viele Baumärkte schließen. Aufgrund sinkender Nachfrage und unzuverlässigen Marktanalysen schrieb The Home Depot in China rote Zahlen und musste daher seine Filialen schließen.

Die Rezession bremste auch den Konsum und das beeinflusste den Einzelhandel. Seit dem vierten Quartal 2011 verlangsamte sich der Umsatzanstieg der Einzelhändler in China deutlich und der Gewinn vieler großer Handelsketten ging zurück. Carrefour und Tesco sind ebenfalls vom schlechten Konsumklima betroffen. Unter Berücksichtigung der Eurokrise könnten die Gerüchte wahr sein, dass diese beiden Supermarktketten den chinesischen Markt verlassen wollen.

Mache internationalen Unternehmen sind ausschließlich aufgrund politischer Faktoren gezwungen, China zu verlassen. Beispielsweise beendete Google seine Geschäfte in China aus eigenem Entschluss. Gründe dafür waren die von der Regierung geforderte Informationszensur und die Angriffe auf ihre Server.

Der aktuelle Konflikt zwischen China und Japan wegen der Senkaku-Inseln verunsicherte viele japanische Unternehmen. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Reuters haben 41 Prozent aller japanischen Unternehmen in China geplant, den chinesischen Markt zu verlassen.

Originalartikel auf Chinesisch: 中国梦碎 外资企业大撤退

 



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