China wird nichts zur Lösung der Finanzkrise beitragen

Am kommenden Samstag soll der Weltfinanzgipfel auf einen Aufruf des scheidenden US-Präsidenten George W. Bush in Washington stattfinden. Die Führungen der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G-20) wollen gemeinsame Maßnahmen für das Überwinden der Weltfinanzkrise beschließen. Man hofft, dass China als „Wirtschaftswunderland“ eine große Rolle auf dem Weg aus der Krise spielt.
Titelbild
Proteste vor dem Regierungssitz von Dongguan: 7.000 Arbeitlose nach dem Konkurs der größten Spielwarenfabrik der Provinz Guandong. (STR/AFP)
Von 12. November 2008

Innerhalb eines Monats, vom 22. September bis 21. Oktober, hat US-Präsident Bush zwei Mal versucht, mit dem chinesischen Staatschef Hu Jintao zu telefonieren. Bush will Hu überreden, sich an der Rettungsaktion für die Finanzmärkte zu beteiligen. Der britische Premierminister Brown hat  in der Öffentlichkeit den Wunsch geäußert, dass China und einige nahöstliche Erdölländer Kapital in den Internationalen Währungsfond pumpen könnten, um Kredite für die betroffenen Länder anbieten zu können. Der französische Präsident hat bei seinen zwei Chinareisen mit den chinesischen Regierungschefs über die Zusammenarbeit im Krisenmanagement gesprochen.

Doch wieder Entwicklungsland

Außer der Zusage von prinzipieller Unterstützung hat China jedoch bis heute keine konkreten Versprechungen gemacht. Auf dem Europa-Asien-Gipfel in Peking Anfang November hat Hu Jintao wohl den Grundton für die Haltung Chinas festgelegt. Hu sagte, dass China als „ein Entwicklungsland mit 1,3 Milliarden Menschen“ mit dem Aufblühen seiner Wirtschaft den größten Beitrag zur Stabilität der Weltwirtschaft leiste. Diese Haltung haben auch der stellvertretende Premierminister Wang Qishan, der für Chinas Finanzen zuständig ist, der Präsident der Zentralbank Chinas Zhou Xiaochuan und der Finanzminister Xie Xuren in verschiedenen Situationen wiederholt und bestätigt.

Menschen, die die Hoffnung darauf gelegt haben, dass China von seinen 1.900 Milliarden US-Dollar Devisenreserven eine Riesensumme herausgeben wird, um die Finanzkrise zu überbrücken, werden sicherlich enttäuscht werden. Sie sind der Meinung, dass China trotz der Rezession in wichtigen Wirtschaftsländern in den ersten drei Quartalen immer noch ein Wachstum von 9,9 Prozent behalten hat und sowohl der Im- und Export, als auch die Devisenreserven gestiegen sind. Daher sollte China eigentlich keinen Grund haben, kein Kapital für die Rettung der Weltwirtschaft herzugeben.

Doch es gibt sicherlich Gründe, warum die chinesische Führung sich nicht traut, gewisse Versprechungen zu machen. Wohl weil die wirtschaftliche Situation Chinas in Wirklichkeit nicht so blühend ist, wie es ausländische Beobachter  sehen, die das wahre Gesicht Chinas nicht kennen. Die chinesische Führung macht sich große Sorgen um den eventuellen wirtschaftlichen Abschwung, die damit verbundene hohe Arbeitslosigkeit und andere Faktoren der gesellschaftlichen Instabilität.

In Südostchina und der östlichen Küste sind bereits viele Privatunternehmen pleite gegangen, und viel Auslandskapital wurde aus China abgezogen. Die massive Arbeitslosigkeit in den Städten und die überschüssigen Arbeitskräfte auf dem Land haben sich zu einer großen Belastung entwickelt. Der Gewinn der Monopolunternehmen, von denen die chinesische Wirtschaft abhängig ist, ist stark gesunken. Die Auftragseingänge für die Exportwaren fallen beständig. Die Aktien sind seit Oktober auf Talfahrt. Der verloren gegangene Marktwert der Aktien beträgt dabei so viel wie das Bruttoinlandsprodukt Chinas der vergangenen drei Jahre.

Wenn die chinesische Führung in dieser inländischen Situation den Vertrauensverlust der Bürger aufgrund der Wirtschaftsrezession und der Abschläge an der Börse nicht kompensieren kann und stattdessen auf die Devisenreserven zugreifen würde, um die Weltfinanzkrise zu lösen, wäre sie sofort Zielscheibe des Volkes. Die Kritik im chinesischen Volk gegen chinesischen Finanzinstitute, dass sie große Verluste durch  Investition in den USA haben, ist sehr laut. Es wird verlangt, die dabei ausgeübte Korruption und Untreue durch die Verantwortlichen aufzudecken.

Gleichzeitig findet gerade hinter den Kulissen  der Kampf vor dem Wechsel von der dritten auf die vierte Machtgeneration in China statt. Die heutige politische Struktur Chinas ist anders als die in der Zeit von Mao und Deng, in denen ein Mann über alles entscheiden konnte. Heutzutage hat die chinesische Politik eine Oligarchie-Struktur. Jeder Fehler eines Entscheidungsträgers kann zum Verlust der eigenen Macht führen. Das ist eben der Grund, warum keiner der Pekinger Machthaber im Regierungsviertel Zhongnanhai das Risiko eingehen will, große Summe für die Rettung der globalen Finanzmärkte zur Verfügung zu stellen, bevor er die Konsequenzen sicher einschätzen kann.

Zum Autor

Hu Shaojiang ist ein chinesischer Wirtschaftsexperte und ständiger Kommentator für Radio Free Asia. Er lebt zur Zeit in Großbritannien.

 



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