Chinas 3 Billionen ausländische Devisen-Reserven: Segen oder Fluch?
Für die angenommene Unbezwingbarkeit der chinesischen Wirtschaft wird oft als Grund angeführt, dass die Bank of China (PBOC) ausländische Währungen im Wert von drei Billionen US-Dollar (3.000.000.000.000 $) akkumuliert hat: Theoretisch sollte dieses riesige Vermögen China vor ökonomischen Katastrophen schützen. Jedoch glauben viele Experten daheim und im Ausland, dass China mit diesem Vermögen auf verlorenem Posten stehen könnte.
Mit Beginn der neuen Wirtschaftspolitik Anfang der 90er-Jahre baute China, laut Daten des Finanzministeriums, seinen Besitz an amerikanischen Staatsverschuldungspapieren von 200 Millionen Dollar im Jahr 1989 auf 1,7 Billionen Dollar im November 2012 aus. Doch die US-Staatsschulden sollen nur ein Drittel der 3.3 Billionen Dollar in ausländischen Guthaben ausmachen, die die PBOC in ihren Büchern führt. Laut chinesischen Staatsmedien wurden 70 Prozent (oder 2.3 Billionen) in US-Dollar angelegt. Dies beinhaltet neben den Staatsschulden auch Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und Stammaktien der USA.
Der Rest wurde hauptsächlich in Euro (20-30 Prozent), Pfund Sterling und japanischen Yen (0-10 Prozent) angelegt. Die Zentralbank sammelte diese Vermögenswerte während der 90er- und 2000er-Jahre, als auf einen Dollar 8.28 Renminbi (oder Yuan) der chinesischen Währung kamen und China riesige Handelsüberschüsse mit den USA erwirtschaftete.
Das bedeutete, immer wenn Importeure aus den USA chinesische Exporteure für ihre Produkte bezahlen wollten, konnten sie nicht die chinesische Währung, die sie auf dem offenen Markt benötigten, kaufen. Stattdessen druckte die PBOC Yuan im Tausch für Dollar, um den Wechselkurs stabil und die Exporte wettbewerbsfähig zu halten.
Zunächst funktionierte diese Politik sehr gut. Wegen der Dollar-Bindung blieben die chinesischen Exporte auf dem Weltmarkt billig und das Wirtschaftswachstum war stabil. Gleichzeitig sammelte China die sichersten und liquidesten Vermögenswerte der Welt: US-Staatspapiere. Solange diese Wertpapiere im Besitz der PBOC sind, werden sie von der internen Staatsverwaltung für Devisen administriert. Diese wenig bekannte Vertretung taucht immer dann auf dem Radar der Weltwirtschaft auf, wenn zum Beispiel die problembehafteten Staatsvermögen in Griechenland zum Verkauf stehen.
Abwertung und Inflationsrisiken
In einem aktuellen Bericht der Renmin Ribao, oder People’s Daily, dem staatlichen Sprachrohr der Kommunistischen Partei, betont der Ökonom Xiang Songzuo, dass die Währungsreserven zwar in den Büchern gut aussehen, aber nicht, wenn man die Erträge nach der Inflation betrachtet: „Chinas US-Schuldverschreibungen und Vermögenswerte erleiden täglich riesige Verluste. Der Buchwert ändert sich nicht wesentlich, aber die reale Kaufkraft ist stark abgesunken und fällt kontinuierlich weiter. Vielleicht sind in zehn Jahren unsere 3.3 Billionen US-Dollar nur noch 300 Milliarden Dollar wert.“
Xia Bin, Direktor des Instituts für Wirtschaftsforschung des Zentrums für Forschung und Entwicklung des Staatsrats, äußerte ebenfalls, dass China wegen des langfristigen Wertverlusts des Dollars um die US-Schatzpapiere besorgt sei. Sie fürchten, dass, wenn der Wechselkurs des Dollars weiter sinken würde, dies eine Bedrohung für Chinas Reserven an ausländischen Devisen darstellen würde.
Betrachtet man allein den Wechselkurs, so hat China seit 2005 bereits ein Viertel seines Dollar-Vermögens eingebüßt, denn der Yuan sank in dieser Zeit von geschätzten 8.27 pro Dollar auf 6.22 pro Dollar ab. Laut Daten, die von der Global Financial Data Inc. zusammengestellt wurden, ist dies teilweise durch die starke Performance der 10 Jahre laufenden US-Staatsanleihen ausgeglichen, die im Zeitraum zwischen 2005 und 2010 eine Rendite von 35 Prozent erzielen konnten.
Geld drucken
In den letzten Jahren beschleunigten die USA und Europa ihre Programme der geldpolitischen Lockerungen, um ihre Wirtschaft und Finanzsysteme anzukurbeln. Die USA hatte bereits QE1, QE2 und QE3 („quantitative easing”) implementiert, drei Runden der „quantitativen Lockerung“, die auch als „Politik des Gelddruckens“ bezeichnet werden. Die Zentralbank kauft Vermögenswerte und Hypothekenpapiere auf, indem sie Geld druckt und in die Finanzsysteme pumpt.
Diese Programme führen normalerweise zu einer Wertminderung der Währung, wodurch ein Druck auf den Wechselkurs zwischen Renminbi und US-Dollar ausgeübt wird. Sie verstärken außerdem die Inflation, was die tatsächlichen Renditen aus festverzinslichen Wertpapieren wie Staatspapieren schädigt.
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Im Dezember 2012 begann die Fed, die Zentralbank der USA, damit, jeden Monat Staatsanleihen mit längerer Laufzeit, in Höhe von 45 Milliarden Dollar, einzukaufen. Gleichzeitig werden, wie in QE3 vorgesehen, monatlich fortlaufend, über Hypotheken gesicherte Wertpapiere, im Wert von 40 Milliarden Dollar hinzufügt. Insgesamt wird die Zentralbank somit 85 Milliarden Dollar monatlich in die Wirtschaft pumpen und erst dann aufhören, wenn die Arbeitslosenrate unter 6,5 Prozent gefallen ist, oder die Inflation problematisch wird.
Ähnlich verkündete die Europäische Zentralbank ein vollständiges Zahlungsverkehr-Programm (OMT), mit dem es Staatsverschuldungspapiere einkaufen wird. Das soll in ein bis drei Jahren fertiggestellt sein, aber nur, wenn Mitgliedsländer diesem Programm unter bestimmten Umständen beitreten werden. Dabei gibt es keine zeitlichen und quantitativen Beschränkungen für Einkäufe innerhalb des Programms. Bis jetzt hat noch kein Mitgliedsland die Beihilfe beantragt.
Probleme hüben wie drüben
Unter Betrachtung der Renditen aus den Staatsanleihen in den letzten Jahrzehnten, könnte China theoretisch einfach diese Vermögen verkaufen und ordentlich Profit machen. In der Praxis stellt sich die Sachlage aber als wesentlich komplexer heraus.
Die meisten Analysten glauben, dass solch riesige Geldmengen nicht bewegt werden können, ohne große Wellen auf dem Markt zu schlagen. Als erstes muss China durch die Reduzierung seiner ausländischen Devisen seine Yuan zurück erwerben, die es vorher in Umlauf gebracht hat. Das wird zu einem Anstieg des Yuan im Verhältnis zum Dollar führen, was die Verluste schon allein über den Wechselkurs steigen lassen wird. Außerdem wird durch das Hochpushen des Yuan die PBOC Druck auf die bereits strauchelnden chinesischen Exporteure ausüben.
Zweitens, während China im letzten Jahrzehnt die Nachfrage nach Anleihen unterstützte, um deren Preisentwicklung zu beeinflussen, führte das Dumping bei einer großen Menge von Staatsanleihen zu einer Reduzierung der Preise. Das beeinträchtigt den Rest der unverkauften Bestände. Die Anhäufung von Gold durch Hong Kong ist ein Zeichen dafür, dass der Zentralbank bekannt ist, dass sie ihre Vermögen diversifizieren muss, aber es kann nur eine bestimmte Menge Geld in einer bestimmten Zeit bewegt werden.
Politische Wurzeln
Experten glauben, dass die Wurzel des Dilemmas der chinesischen ausländischen Devisenreserven die dahinterstehende Politik durch das chinesische Regime ist.
Dr. Frank Tian Xie, ein Professor der Business School der Universität von South Carolina Aiken sagt, dass China keine so großen Reserven an ausländischen Devisen benötigt. Die Devisen, die durch Chinas Exporte generiert werden, könnten für das Volk bereitgestellt werden, um Wohlstand im privaten Sektor aufzubauen. Ein höherer Yuan-Kurs bedeutet auch, dass China günstiger Güter importieren kann, wodurch die Inflationsrate reduziert wird.
Eine hohe Inflation und eine Vielzahl anderer Gesetze, die den Ansatz der Regierung unterfüttern, mit Devisen zu wirtschaften, wirken sich jedoch am stärksten auf die Unter- und die Mittelklasse aus. Keine guten Aussichten für die erwünschte „Stabilität“.
Artikel auf Englisch: China’s $3 Trillion in Foreign Reserves: A Blessing or Curse?
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