Mit oder ohne gefälschte Statistik: Beginnt jetzt Chinas Ära der 7 Prozent?
Sieben Prozent Wachstum sollen Chinas „neue Normalität“ werden: Auf dem Volkskongress in Peking, der seit heute tagt, gab Chinas Premier Li Keqiang die Wirtschaftsziele für 2015 bekannt. 7,4 Prozent BIP-Wachstum wolle man erreichen. Und das auch in den kommenden Jahren.
Beginnt jetzt „7 Prozent“-Ära?
Das neue Wachstumsziel stehe im Einklang mit dem Streben nach einer "moderat wohlhabenden Gesellschaft", der Schaffung von zehn Millionen Arbeitsplätzen und einer angestrebten Arbeitslosenrate von 4,5 Prozent in den Städten. Das ganze soll im Reich der Mitte eine „neue Normalität" einläuten, wie Staatschef Xi Jinping es so schön sagte. Ein Wachstum um die 7 Prozent stellt sich Li Keqiang auch für die kommenden zwanzig Jahre vor. Das Haushaltsdefizit steige im Jahr 2015 von 2,1 auf 2,3 Prozent der Wirtschaftsleistung (wobei westliche Ökonomen schätzen, dass es bis zu 7,5 Prozent betragen könnte).
In die Infrastruktur sollen 2015 wieder 20 Milliarden mehr investiert werden, hier steigt das Budget auf 477 Milliarden Yuan an (rund 68 Milliarden Euro).
Experte: „Viele Zahlen enthalten heiße Luft“
Klingt schön als Theorie. Aber wie sieht die Praxis aus? Das chinesische Wirtschaftsportal „WallstreetCN.com“ zitierte am gestrigen 4. März einen hochrangigen Experten, der an der „Politischen Konsultativkonferenz“ vor dem Volkskongress teilgenommen hatte, wie folgt: „In China enthalten ganz viele Zahlen heiße Luft.“ Wörtlich übersetzt sagte er „Wasser“, aber gemeint ist dasselbe: Die Wirtschaftszahlen sind vielerorts künstlich aufgebläht und im Sinne von Zielvorgaben geschönt. Dong Dasheng muss es wissen, schließlich war er selbst Vize-Leiter des Statistikamts.
Verfälscht seien vor allem die Zahlen zum BIP-Wachstum, die Finanzeinnahmen der Lokalregierungen, die Zahl der Kreditvergaben und die Statistiken zu Import und Export. Manche Lokalregierungen berichteten Peking mehr Einnahmen als de facto erzielt wurden, auch bei Steuereinnahmen werde nach oben korrigiert – alles nur für ein besseres Image. Dong zitierte überdies die Aussage eines regionalen Beamten, der die aufgeplusterten Zahlen für den abrupten und starken Abfall, der im vergangenen Jahr stattfand, verantwortlich machte.
Falsche Zahlen fördern die Krise
EPOCHTIMES interviewte dazu Gong Shengli, Senior-Forscher für Wirtschaft- und Sozialwissenschaften beim Verlagsnetzwerk Spider.com. Seine Einschätzung lautet: Die Wirtschaftszahlen sind in Wirklichkeit alle gesunken. Doch da Beamte mit Job-Verlust rechnen müssen, sobald sie Minusergebnisse nach oben weiterleiten, würden sie lieber zum Zahlenfälschen übergehen. Dies sei bereits Alltag für viele Vertreter von Lokalregierungen. Sie stünden vor einem „Entweder-Oder“ und entschieden im Zweifelsfall für ihren Posten. Dass gefälschte Zahlen langfristig zu einer Wirtschaftskrise führen, weil die Regierung dadurch falsche Maßnahmen ergreift, übersehen sie dabei geflissentlich.
Chinas Problem sei nun, dass dieses Spielchen nicht erst seit vorgestern, sondern schon seit über 10 Jahren so ginge. Konkret bedeutet das: Sowohl die Zahlen zu Steuereinnahmen als auch zu den Gesamteinnahmen enthalten heiße Luft.
BIP-Zahlen „unzuverlässig“ sagte auch Li
Dass mit Chinas Statistiken irgendetwas nicht stimmt, stellte sich punktuell immer wieder heraus. Die BIP-Zahl des Jahres 2013 zum Beispiel erwies sich bereits als unrealistisch hoch, da hatten nicht mal alle Provinzen ihre Zahlen eingereicht. (Siehe: „Schon jetzt geschmummelt: Chinas neue BIP-Zahlen 2013“)
Im Juni 2014 ließen Chinas Exporte nach Hongkong aufhorchen, weil sie laut chinesischen Angaben um 7,8 Prozent gestiegen, laut Hongkong jedoch um 1,7 Prozent gesunken waren. Eine unerklärliche Differenz, im echten Leben hätte sie eine fehlende Wirtschaftsleistung von 6,4 Milliarden US-Dollar bedeutet.
Selbst der jetzige Premier Li Keqiang ließ sich 2007 gegenüber dem US-amerikanischen Botschafter Clark T. Randt in einem internen Gespräch zu der Bemerkung hinreißen: „Chinas BIP-Zahlen sind künstlich erzeugt und deshalb unzuverlässig.“ Das Zitat des damaligen KP-Provinzchefs von Liaoning kam durch Wikileaks an die Weltöffentlichkeit. (rf /yz)
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