Sanktionen oder Eigentor? China beschränkt Export von Gallium und Germanium für Westen

China und der Westen befinden sich im Krieg um die technologische Vorherrschaft. Sanktionen machen Peking schwer zu schaffen. Nun schlägt das Regime zurück. Was sagen Experten dazu?
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In einem Tagebau im chinesischen Ganxian werden Seltene Erden gefördert.Foto: FEATURECHINA/dpa/dpa
Von 7. Juli 2023

Nachdem die USA den Export von Hochleistungschips an China beschränkt haben, erschwert Peking nun den Export bestimmter für die Chipherstellung wichtiger Rohstoffe. Betroffen sind die seltenen Halbmetalle Germanium und Gallium, die erstmals in Frankreich und Deutschland entdeckt wurden. Experten sehen darin einen Vergeltungsschlag der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) gegen die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten der Chip-Allianz. Doch was sind die Auswirkungen für die hiesige und weltweite Wirtschaft – kurzfristig und langfristig?

„Pekings Reaktion hat vielmehr symbolische Bedeutung und kann tatsächlich sogar nach hinten losgehen“, meint Prof. Su Ziyun, Direktor am Institut für Verteidigungs- und Sicherheitsstudien in Taiwan. „Mit der Reaktion macht die KPC ihre Unzufriedenheit deutlich und sie hat auch Propaganda-Funktion im Land“. Allerdings könnte der Vorstoß der USA und Europas zum „De-Risking“ der Branche beschleunigen, mit der Folge, dass China seine Vormachtstellung im Bereich der seltenen Metalle verliert.

Chinas Beschränkungen kommen nicht ohne Grund. Insbesondere das Ausfuhrverbot von Hightech-Chipmaschinen der Niederlande ab September 2023 hat die KPC empfindlich getroffen. Dutzende Maschinen, die chinesische Unternehmen bei ASML, dem weltweit größten Anbieter von Lithographiesystemen für die Halbleiterindustrie, für mehrere Jahre im Voraus bestellt haben, werden nun wahrscheinlich nicht mehr ausgeliefert. Die westliche Chip-Allianz will verhindern, dass China die Technologie für militärische Zwecke einsetzt.

Auswirkungen für Deutschland

Konkret führt Peking die Ausfuhrkontrollen ab 1. August ein. Ob es noch zu einem vollständigen Exportverbot kommt, beobachtet Bundeskanzler Olaf Scholz aktuell. Dies sei noch nicht sicher. Sollten die Exportbeschränkungen auf das für die Herstellung von Elektrobatterien notwendige Lithium ausgeweitet werden, sieht Wirtschaftsminister Robert Habeck allerdings Probleme für die hiesige Wirtschaft. Die deutsche Industrie fordert eine verstärkte Abkopplung der Abhängigkeit von seltenen Erden aus China, um Schlimmeres zu verhindern.

In der Branche schlägt die Ankündigung bereits Wellen. Nach Angaben von „Spiegel“ haben sich Kunden aus Japan, Europa und den USA bei chinesischen Produzenten gemeldet, um vor dem Stichtag noch so viel Seltene Erden einzukaufen wie möglich. Die Nachfrage hat die Preise kurzfristig in die Höhe getrieben. Aber auch da gibt es Grenzen.

Kein Grund zur „Panik“

John Strand, Gründer der Beratungsfirma Strand Consult, warnt gegenüber „Reuters“ vor Panikreaktionen. Für Gallium und Germanium gebe es Anbieter außerhalb Chinas. Sie fallen als Nebenprodukt in der Kohle- und Aluminiumproduktion an. Zwar trieben die Beschränkungen die Preise kurzfristig in die Höhe. „Aber für den Rest der Welt sind sie keineswegs so schmerzhaft wie die US-Restriktionen der Chipexporte für China“, so Strand.

Christopher Ecclestone, Chef von Hallgarten & Co, wertet Chinas Reaktion mehr als Eigentor: „China nahm wieder einmal einen Stein in die Hand und traf sich damit selbst“, sagte er gegenüber „Bloomberg“. „Für eine kurze Zeit bekommen sie einen guten Preis, aber dann verliert China seine dominante Marktposition“. Das Gleiche sei schon einmal mit anderen Produkten wie Antimon, Wolfram und Seltenen Erden passiert. Sobald China aufhören würde, die Preise auf dem Markt zu unterbieten, würde es sich sofort wieder lohnen, die Produktion seltener Erden in anderen Ländern wieder aufzunehmen.

Diese Ansicht bestätigt auch Chinas Staatsmedium „huanqiu.com“. Obwohl China weltweit in der Produktion von Gallium führt, wagt das Land nicht, die Preise zu erhöhen. Der Hauptgrund dafür sei, dass bei einer Preiserhöhung oder einem Lieferstopp die Kunden auf andere Produktionsländer ausweichen würden.

Welche Wege gibt es aus der Abhängigkeit von China?

Prof. Su Ziyun sieht gute Alternativen, sich von der Abhängigkeit von China zu lösen. Die USA und Europa können seiner Ansicht nach den negativen Auswirkungen von Pekings Exportbeschränkungen mit drei Maßnahmen entgegenwirken. Erstens die Eröffnung neuer Minen, zweitens die Entwicklung neuer Technologien für elektronische Geräte und drittens die Verbesserung der Recyclingtechnologie.

Die Ukraine, die Vereinigten Staaten und Japan verfügen über Minen mit geringen Galliumvorkommen. Da für die Produktion moderner Geräte nur wenig Gallium benötigt würde, würde sich das dennoch lohnen, meint der Experte.

Weiterhin empfiehlt Prof. Su die gleichzeitige Entwicklung neuer Technologien. „Gallium ist derzeit der Hauptbestandteil von Halbleitern, aber es könnte leicht durch Siliziumkarbid ersetzt werden. Das ist die Zukunft der Halbleiterproduktion.“ Würde zudem die Recyclingtechnologie vorangebracht, würde die KPC ihren Einfluss verlieren.

Für Chipprodukte aus dem Westen hat China keinen Ersatz

Peking ergriff zuletzt im Mai Vergeltungsmaßnahmen gegen die USA, als es einheimischen Unternehmen den Kauf von Produkten des US-Speicherchipherstellers Micron Technology untersagte. Laut Prof. Feng Chongyi der University of Technology Sydney ist Chinas Führung aktuell „sehr besorgt“ über die De-Risking-Strategie der Außenwelt, da ihre Wirtschaft stark vom Außenhandel abhängt.

„Die USA haben bereits eine etablierte Politik zur Abkopplung von den kritischsten Rohstoffen für Chips. Vergeltungsmaßnahmen der Kommunistischen Partei Chinas beeinflussen die Produktion nicht mehr. Das ist eine strategische Sicherheitsüberlegung“, sagte Prof. Feng Chongyi gegenüber Epoch Times.

Hingegen träfen die Exportverbote für Spitzenchips und Fotolithografie-Technologie die KP an einem empfindlichen Nerv. „Für diese Produkte gibt es keinen Ersatz. Die Kommunistische Partei Chinas wird nie die Möglichkeit haben, hochpräzise Chips herzustellen“, so Prof. Feng weiter. Die chinesischen Metalle oder Mineralien könnten die USA und andere Länder auch woanders einkaufen. Da sei der Schaden ist nicht so groß.

Es wird erwartet, dass die Vereinigten Staaten und die Niederlande in diesem Sommer den Verkauf von Chip-Herstellungsanlagen an China weiter einschränken werden, um zu verhindern, dass sie von chinesischem Militär verwendet werden.

Wofür wird Germanium und Gallium verwendet?

Germanium ist ein Schlüsselmaterial für die Herstellung von Glasfaserkabeln und wird auch in Hochgeschwindigkeits-Computerchips, Infrarotgeräten, militärischen Anwendungen wie Nachtsichtgeräten und Satellitenbildsensoren verwendet.

Halbleiterscheiben aus Galliumarsenid sind hitzebeständig, können mit höheren Frequenzen arbeiten und sind weniger laut. Sie werden in Radar- und Funkkommunikationsgeräten, Satelliten und LEDs verwendet.

Germanium ist meist ein Nebenprodukt der Zink- und Kohleproduktion. Nach Angaben des europäischen Industrieverbands Critical Raw Materials Alliance (CRMA) produziert China rund 60 Prozent des weltweiten Germaniums, der Rest stammt aus Kanada, Finnland, Russland und den USA.

Zinkerz und Bauxiterz enthalten Spuren von Gallium, dem Metall, das bei der Verarbeitung von Bauxit zu Aluminium entsteht. Nach Angaben der CRMA werden etwa 80 Prozent in China hergestellt. Ursprünglich wurden die beiden Seltenen Erden jedoch zuerst in Deutschland und Frankreich entdeckt.



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