Was ist toxischer in China: eingelegtes Fleisch oder Chrom(VI)?

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In manchen Regionen in China ist der Zustand der Umwelt katastrophal.Foto: AFP/Getty Images
Von 3. Juni 2012

 

Die glänzenden Wirtschaftszahlen, für die sich China gerne von der ganzen Welt bewundern lässt, werden von umweltbewussten Chinesen als reiner Hohn empfunden und das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als „schwarzes BIP“ bezeichnet. Grund dafür ist, dass die Umweltverschmutzungen, die vergleichbar der Zeit der industriellen Revolution, die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft begleitet, Zerstörungen anrichtet, die sich vielleicht nie wieder beseitigen lassen. Wie katastrophal der Zustand der Umwelt ist und wie verantwortungslos die chinesische Regierung mit solchen Probleme umgeht, spiegelt sich teilweise im Fall der Chrom-Verschmutzung am Perlfluss wieder.

Ironischerweise wird dieser Fall in China von manchen als deutlicher Fortschritt im Umweltschutz betrachtet. Die amtliche Nachrichtagentur Xinhua berichtete am 23. Mai, dass dieser Fall ein Präzedenzfall in China sei, da zum allerersten Mal eine bürgerliche Umweltschutzorganisation erfolgreich wegen Umweltproblemen Klage erhoben habe. Xinhua erklärte weiter, dass dieser Fall dadurch positiv zur Gesetzesentwicklung beigetragen habe. Das mag so sein, jedoch zeigt die Meldung von Xinhua eher den traurigen Rückstand der Gesetzesentwicklung in China. Noch unverständlicher ist jedoch die Meldung vom 2. Juni auf finance.ifeng.com, dass ernsthaft über die Wiedereröffnung des Chemieunternehmens, das das ganze Unheil angerichtet hat, diskutiert werde.

Wer ist auf jeden Fall schuld, die LKW-Fahrer…

Die ganze Geschichte begann im Juli 2011. In der Nähe der Stadt Qujing in der Provinz Yunnan starben einige Schäfer an vergiftetem Wasser. Später wurde klar, dass das Chemieunternehmen Luliang chromhaltige Abfälle einfach auf dem Erdboden und an den Ufern des Nanpan-Flusses deponiert hat, und zwar nach Berichten von ccvic.com 17 Jahre lang und mehr als 5000 Tonnen. Es handle sich dabei um äußerst giftige Chrom(VI)-Verbindungen, die über die Atemwege in den Körper gelangen und die DNS schädigen können. Aufgrund dieses Resorptionsweges besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für Lungenkrebs. Das Dorf Xinglong am Fluss Nanpan trägt den traurigen Beinamen „Todesdorf“, da jedes Jahr sechs bis sieben Bewohner an Krebserkrankungen starben. Das ist aber nicht alles. Der Nanpan-Fluss fließt weiter im vielarmigen Flussgeflecht des Perlflusses im Südwesten von China durch ein Einzugsgebiet von fast 410.000 km², in dem etwa 80 Millionen Menschen wohnen. Nach etwa 2400 km erreicht er in einem Ästuar bei Macao das Südchinesische Meer. Das tatsächliche Ausmaß dieser Umweltkatastrophe ist also nicht abzuschätzen.

Auf Fragen an die Lokalregierung, warum sie viele Jahre lang blind gewesen sei und nicht gehandelt habe, lautete die Stellungnahme, dass man von nichts gewusst hätte und ebenfalls Opfer sei. Die Umweltbehörde belegte das Chemieunternehmen Luliang zunächst mit einer Geldstrafe von 300.000 Yuan (etwa 30.000 Euro), ließ aber die Produktion weiterlaufen. Im August 2011, nachdem dieser Fall im Internet bekannt geworden war und der Druck der öffentlichen Meinung zunahm, wurde das Unternehmen geschlossen, vorläufig.  Die Umweltbehörde untersuchte die Wasserqualität des Nanpan-Flusses und erklärte, dass das Wasser nicht belastet sei. Danach wurden Schuldige festgelegt: die LKW-Fahrer, die diese Abfälle transportiert hatten.

Am 15. Mai 2012 verkündete das Gericht der Stadt Qujing ein Urteil. Sieben Angehörige des Chemieunternehmens, darunter drei LKW-Fahrer, wurden mit bis zu vier Jahren Haft und 50.000 Yuan (etwa 5000 Euro) bestraft. Die drei LKW-Fahrer erhielten dabei die höchsten Strafen. Time-Weekly wies darauf hin, dass neben zwei Bürgerinitiativen auch Vertreter der Umweltbehörde als Kläger vor Gericht erschienen seien. Es habe Kritik gegeben, dass die Umweltbehörde in Verdacht stehe, mit dem Chemieunternehmen Luliang zusammengearbeitet zu haben. Daher sei es problematisch, dass sie als Kläger auftrete. Ein Verantwortlicher einer Bürgerinitiative erklärte, dass sie mit der Umweltbehörde zusammenarbeiten mussten, weil sich viele Untersuchungsergebnisse und Unterlagen in den Händen dieser Behörde befinden.

Das Essen ist mörderisch…

Es scheint, dass dieser Fall somit abgeschlossen ist und kurz danach geht es wieder ums Geld. Nach Berichten von finance.ifeng.com vom 2. Juni werde ernsthaft über eine Wiedereröffnung des Chemieunternehmens Luliang nachgedacht. Im Vorfeld berichtete Time-Weekly.com Ende Mai, der Luliang Manager Zhu Qiaoguo habe sich beschwert, dass seine Firma seit der Schließung große finanzielle Einbußen erlitten und viele Mitarbeiter verloren habe. Außerdem habe er gesagt, dass sie Opfer von Betrügern geworden seien. Er ließ dabei offen, ob mit dieser „Gaunerbande“ die verurteilten LKW-Fahrer und Sachbearbeiter seiner Firma gemeint seien.

Er meinte, dass es in China erst seit 2005 Regelungen über die Behandlung von chromhaltigen Abfällen gebe und dass sich vor dieser Zeit keiner um solchen Abfall gekümmert habe. Über das „Todesdorf“ meinte Zhu, dass Chrom in vielen Gegenständen im Alltagsleben existiere. Viele Menschen würden sich nicht mit Chemie auskennen und bekämen daher Angst. Er führte die große Zahl an Krebserkrankungen auf die ungesunde Ernährung der Dorfbewohner mit eingelegtem Fleisch und Gemüse zurück und wies einen Zusammenhang mit seinem Unternehmen von sich. Deshalb sollen die Regierung und das Unternehmen zusammen daran arbeiten, diese Informationen zu propagieren.

Wenn man heute im chinesischen Internet den Suchbegriff „Luliang Chemieunternehmen“ eingibt, findet man immer noch die Erklärung: „Das Chemieunternehmen Luliang ist […] ein großer Chromsalz-Produzent in China. Die Bonität dieses Unternehmens ist national mit AAA geratet und es besitzt das Qualitätszertifikat ISO9000.“

 



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