„Diese Partei wird mit Mann und Maus untergehen“

Ein Gespräch mit Dr. jur. Thomas Weyrauch über Menschenrechtsverletzungen in China und die Rolle von Chinas regierender KP.
Titelbild
Dr. Thomas Weyrauch (Foto - DNE)
Epoch Times18. September 2005

Das Buch von Thomas Weyrauch „Gepeinigter Drache – Chinas Menschenrechte im Spätstadium der KP-Herrschaft“ stellten wir in unserer Ausgabe 17 vor. Weyrauch beobachtet seit seinem Aufenthalt in China 1989-1990 mit vertieftem Interesse die politische Entwicklung in dem Land, das ihm noch immer nahe steht. Seine erste Arbeit über die Menschenrechte in China schrieb der Jurist Weyrauch im Jahr 1983 und stellt heute fest, dass sich im Prinzip die Situation nicht geändert hat. Auch die Zielgruppen der Menschenrechtsverletzungen sind nach seinen Beobachtungen weiterhin dieselben: Menschen, die das Machtmonopol der KP in Frage stellen, Demokraten oder ethnische Minderheiten, die Autonomie wünschen, religiöse und spirituelle Gruppen, Gemeinden der evangelischen und katholischen Kirche, Buddhisten und viele andere. Staatliche Verfolgung kann in China jeden treffen.

Dr. Thomas Weyrauch befragt in einem aktuellen Interview von Yiyuan Zhou

Dr. Thomas Weyrauch (Foto - DNE)Dr. Thomas Weyrauch (Foto – DNE)

DNE: Herr Dr. Weyrauch, für Deutsche ist China so weit weg und viele sagen, das hat nichts mit uns zu tun und die Bundesregierung kümmert sich darum. Wie sehen sie dieses Argument?

Weyrauch: Menschenrechtsverletzungen gehen jeden etwas an. „Tian xia wei gong“: Wir sind auf einer Welt und natürlich haben wir auch ein Recht als Deutsche die chinesischen Verhältnisse zu kritisieren. Das leitet sich ab aus dem internationalen Recht, aus dem Völkerrecht, danach sind Völkerrechtsubjekte jeglicher Art berechtigt, andere Völkerrechtssubjekte wegen Menschenrechtsfragen auch zu kritisieren. Dies ist keine Einmischung in innere Angelegenheiten, so wie es China gerne darstellen möchte.

DNE: Wie schätzen sie jetzt die große Anzahl der Menschenrechtsverletzungen in China ein?

Weyrauch: Sicherlich war die Zeit des Maoismus für China die schlimmste Zeit. Es stellt alles in den Schatten, was die chinesische Geschichte an Terror hervorgebracht hat. Aber nicht nur das, es stellt alles in den Schatten, was weltgeschichtlich bis dahin passiert war. Und daher denke ich, wir sollten uns sehr wohl um diese Fragen kümmern und sollten hier auch Kritik üben und auch sehr viel studieren, damit wir auch das Wissen mitbringen, denn die chinesische Regierung bestreitet ja die Menschenrechtsverletzungen.

DNE: Sollte die KP Chinas die gesamte Verantwortung für die Menschenrechtskatastrophe übernehmen?

Weyrauch: Die chinesische Kommunistische Partei ist verantwortlich, sowohl für eine riesige Anzahl von Tötungsdelikten während ihres Machtkampfs vor ihrer Machtübernahme, als auch seit 1949. Wir müssen heute von einer Zahl ausgehen, die für uns als Deutsche kaum fassbar ist, denn sie ist fast deckungsgleich mit den 80 Millionen Einwohnern von Deutschland. Die Kommunistische Partei ist für 70 Millionen und mehr Tote verantwortlich. Hinzu kommen auch Verfehlungen in der Zeit des „Großen Sprungs nach vorn“, als die Kommunistische Partei aus einer falschen Politik heraus große Teile der Bevölkerung einfach verhungern ließ. Jetzt befindet sich die KPC in einer Phase, in der es mit ihr anscheinend schlecht steht. Sie sieht sich 4 Millionen Parteiaustrittserklärungen gegenüber, mit schnell steigender Tendenz, sehr viele Unruhen erschüttern das Land. Es waren letztes Jahr 74.000 größere, sogar gewalttätige Unruhen gegen ihre Herrschaft. Wir müssen das zur Kenntnis nehmen. China ist kein stabilesLand. Stabil wird es erst, wenn diese Form der Herrschaft ein Ende findet. Wenn China ein starkes demokratisches Land wird. Dann können wir sagen, wir haben Stabilität in diesem Land, und ich gönne den Chinesen von Herzen, dass sie die Demokratie erreichen; dass sie die Menschenrechte bekommen. Es ist ein sehr intelligentes Volk. Ich war in China relativ lange und habe erlebt, was die Chinesen leisten können, wenn sie die dazu nötige Freiheit haben und deshalb bin ich der Meinung, wir sollten dieses KP-geführte System nicht stabilisieren, sondern sollten erkennen, dass dieses System krank ist. Es ist möglicherweise todkrank, und wir werden in wenigen Jahren das Ende dieser Herrschaft sehen.

DNE: Wie sehen sie die Zukunft der KP? Sie haben vorhin erwähnt, dass sie später, wenn die Herrschaft nicht mehr existieren wird, vor Gericht gestellt werden soll. Wie sehen sie den Verlauf dieses Prozesses in der Zukunft?

{W}Weyrauch: Zunächst eine Antwort auf diese Frage: Chinas KP hat keine Zukunft, auch nicht als Oppositionspartei in einem demokratischen Staat. Diese Partei wird mit Mann und Maus untergehen. Sie hat keine Zukunft, aber es geht weiter in der Geschichte, es wird aufgearbeitet. Es wurden sehr viele Verbrechen begangen, Verbrechen in Millionenhöhe, und diese Verbrechen müssen gesühnt werden. Und deshalb werden sich chinesische Richter nach heutigem chinesischem Recht mit der Sühne dieser Straftaten befassen. Außerdem haben wir ein internationales Recht das es ermöglicht, chinesische Straftäter auch vor ein ausländisches Gericht zu bringen.

DNE: Wie konnte es die KP Chinas schaffen, während der 55 Jahre ihrer Herrschaft die Menschenrechte innerhalb des Landes so tiefgehend zu missachten und sich gleichzeitig nach außen als Wirtschaftmacht zu etablieren?

Weyrauch: Die KP-Herrschaft ist nicht durch das chinesische Volk entstanden, sondern es war ein militärischer Sieg mit erbeuteten japanischen Waffen, die Stalin an die chinesischen Kommunisten übergeben hat. Dass China in der Zwischenzeit wirtschaftlichen Wohlstand geschaffen hat, ist nicht der Verdienst der chinesischen Kommunisten, sondern das ist der Verdienst des chinesischen Volkes, das trotz der Kommunisten diesen Wohlstand geschaffen hat.

DNE: Sie haben die „Neun Kommentare über die Kommunistische Partei“ gelesen. Wie schätzen sie deren Bedeutung ein und die darauf folgende anhaltende Austrittsbewegung aus der KP Chinas?

Weyrauch: Die Veröffentlichung der „Neun Kommentare“ ist enorm wichtig, als Basis für die Austrittsbewegung. Ohne die „Neun Kommentare“ wäre innerhalb der KP vielleicht nicht so schnell ein Wechsel eingetreten. Die Betroffenen haben ein Schamgefühl entwickelt, auch die Mitglieder der KP. Man hat festgestellt, mit dieser KP, die so blutverschmiert ist, möchten wir nichts zu tun haben. Und deshalb haben sich einige Leute unter großer Gefahr, und das muss betont werden, es ist ja nicht so wie in einer deutschen Partei, in der man leicht austreten kann, sondern sie haben sich unter großer Gefahr von dieser Kommunistischen Partei Chinas entfernt. Das alleine ist eine große persönliche Leistung. Es ist aber auch eine große historische Leistung.

DNE: Herr Dr. Weyrauch, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Kontakt: [email protected]



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