Geheimes aus dem Reich der Mitte
Die Kommunistische Partei Chinas ist nervös. Oder ist es „nur“ ein Machtkampf vor dem absolut wichtigen 20. Nationalkongress der KP Chinas im Herbst? Anzeichen zufolge gibt es ein Problem auf höchsten Ebenen, Gerüchte kommen auf, ein Informationskrieg hat begonnen.
Internationale Medien rätseln, ob Premierminister Li Keqiang die Macht teilweise übernommen hat. Li sollte die Wirtschaft führen, doch wer auch immer in der Regierung Aufgaben übernimmt, untersteht der Kommunistischen Partei. Wenn die KP etwas festlegt, muss sich die Regierung beugen.
Hat Xi Jinping ein zerebrales Aneurysma?
Es ist die Rede davon, dass Xi Jinping eine gefährliche Hirnerkrankung habe, wie der politische Kommentator der chinesischsprachigen Epoch Times, Tang Jingyuan, analysierte. Berichten zufolge hatte Xi Jinping ein zerebrales Aneurysma und wurde Ende letzten Jahres ins Krankenhaus gebracht. Aus verschiedenen Gründen weigerte sich Xi Jinping, der mittlerweile 68 Jahre alt ist, sich einer Gehirnoperation zu unterziehen. Er setzt stattdessen auf eine Behandlung mit traditioneller chinesischer Medizin.
Ein Aneurysma im Gehirn gilt als „Zeitbombe“ und ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die sich bildet, wenn die Wand eines Blutgefäßes an Festigkeit verliert, sich weitet oder einreißt. Die Überlebenswahrscheinlichkeit ist gering, oft sind Lähmungen die Folge.
Die britische „Daily Mail“ und „The Sun“ griffen am 14. bzw. 13. Mai das Thema auf. Sie schrieben, dass einige Beobachtungen wie seine auffällige Abwesenheit bei den Olympischen Winterspielen dafür sprächen. Bei Besuchen in Italien und Frankreich im März 2019 fiel ein deutliches Hinken auf, er brauchte Hilfe, um sich hinzusetzen. Als Xi im Oktober 2020 eine Rede in Shenzhen hielt, wurde seine sehr langsame Rede und Husten bemerkt.
Ob wahr oder falsch – vor dem 20. Nationalkongress ist allein der Verdacht ein Schlag für Xi Jinping. Ein Staatspräsident, von dem befürchtet wird, dass er während einer Rede oder einem Besuch ein medizinischer Notfallpatient werden könnte, hat kaum Chancen auf eine Wiederwahl.
Staatstreue chinesische Medien schieben den Premierminister in den Vordergrund
Wenn die Informationen wahr sind, kommt Xi Jinping nicht umhin, Nachfolger zu ernennen. Seine Macht wird eingeschränkt. Um bisher Extremsituationen zu vermeiden, wurde Premierminister Li Keqiang als vorübergehender Nachfolger eingesetzt. In den Medien spielte er allerdings keine Rolle – bis jetzt.
Am 14. Mai platzierten die Einheitsfrontmedien wie „Xinhua“, „People’s Daily“ und „Guangming Daily“ den vollständigen Text einer Rede Li Keqiangs vor dem Staatsrat auf auffälligen Seiten. Damit stellen die kommunistischen Medien ihn über oder an die Stelle Xi Jinpings. Diese Rede, gehalten am 25. April, dreht sich um die Wirtschaft und um eine „Stabilisierung des wirtschaftlichen Fundaments“.
Li Keqiang listete darin auf, dass die Wirtschaft im Januar und Februar recht stabil war, sich jedoch im März und April die relevanten Wirtschaftsindikatoren abschwächten. Für eine große Anzahl von mittleren, kleinen und Kleinstunternehmen sei die Situation tragisch, niederschmetternd, „jeder Tag wie drei Herbste“.
Durch die Blume kritisierte er Xi Jinpings Null-COVID-Politik. Die „wirtschaftliche Arbeit“ sei die „zentrale Arbeit der Regierungsführung der Partei und des Landes“. Die „Förderung der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung“ sei die grundlegende Verantwortung der Regierungen auf allen Ebenen, nicht die Null-COVID-Politik.
Das „Wall Street Journal“ widmete Li Keqiang am 11. Mai einen Artikel. Li helfe als zweitmächtigste politische Persönlichkeit, „Chinas autoritären Führer zu drängen, einige Maßnahmen zurückzunehmen“. Unter Lis Einfluss sei das Vorgehen gegen Big Tech sowie die Kreditvergabe im Immobilienbereich gelockert wurden. Zudem konnten einige Unternehmen die Produktion trotz Lockdowns wieder aufnehmen.
In den Medien war Li vor dem Jahr 2021 „praktisch nicht existent“, zitiert das „Wall Street Journal“ Prof. Bei, Politikwissenschaftler am Claremont McKenna College in Kalifornien ist. Jetzt sehe der Premier „von Tag zu Tag besser aus“. Gleichzeitig verschwand Xi Jinping von den Titelseiten chinesischer Medien.
Einige wirtschaftliche Daten, die zeigen, wie massiv sich die Abriegelung von Shanghai und andern Städten auswirken, sickerten – möglicherweise gezielt – durch die Zensur. Premierminister Li Keqiang hat offensichtlich einen Teil der wirtschaftlichen Entscheidungsmacht wiedererlangt. Seine Bedeutung bleibt jedoch auf die Wirtschaft beschränkt.
Shanghai und die Nachfolger-Debatte
Langsam positionieren die chinesischen Medien mögliche Nachfolger. Li Keqiang unterstützt zwei Kandidaten, Hu Chunhua und Wang Yang. Xi Jinping plädierte für den aktuellen Parteivorsitzenden von Shanghai, Li Qiang.
Das stärkste Anzeichen für Autoritätsveränderungen Xi Jinpings liefert die Null-COVID-Politik in Shanghai. Die zweimonatige Schließung der Stadt, die hohen wirtschaftlichen Kosten und die Kosten für den Lebensunterhalt der Menschen zwangen den Staatschef, über ein Ende der Abriegelung nachzudenken. Chinaexperten der Epoch Times sagen, dass Xi mit den Abriegelungen seine Gegner unter Kontrolle bekommen wollte, es gehörte zu seiner Säuberungspolitik. Zugespitzt durch Sabotage der lokalen Behörden und Übertreibung der Maßnahmen sei das Vorhaben auf ihn zurückgefallen.
Nicht nur im Inland wird seine Shanghai-Politik stark angezweifelt. Im Ausland fiel ihm WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus mit dem Messer in den Rücken – die „Null-Fälle-Politik“ sei unhaltbar. Was für ein Machtverlust.
Wenige Tage später, am 17. Mai, erklärte der stellvertretende Bürgermeister von Shanghai, Zong Ming, dass die nächsten Schritte in „drei Phasen“ mit dem 21. Mai und dem 31. Mai als Grenzen erfolgen sollen. Die Stadt soll schrittweise freigegeben werden. Ab dem 1. Juni soll – sofern das Management der Epidemieprävention und -kontrolle funktionieren – die normale Produktions- und Lebensordnung der Metropole wiederhergestellt werden.
Ökonomisch verlor Xi einen Teil seiner Dominanz, politisch behielt er seine Autorität: Das Null-Fälle-Modell wird als praxiserprobte „Wahrheit“ hochgejubelt, die sogenannte „normalisierte Prävention und Steuerung“ als kreative Weiterentwicklung verstanden. Auch hier gibt es einen Hintersinn: Xi muss für Li Qiang eine politische Leistung erbringen, damit jener die Schlüsselposition des Premierministers besetzen könnte.
Gegenoffensive von Xi innerhalb der KPC
Xi wehrt sich auch auf anderem Wege. Am 15. Mai veröffentlichte die Zentralregierung, vertreten vom höchsten Vertrauten Xis, fünf neue Regeln für pensionierte Parteikader. Sie sollen: nicht willkürlich über die Zentralregierung diskutieren, keine negativen politischen Äußerungen verbreiten, sich nicht an illegalen sozialen Organisationen beteiligen, den Worten der Partei folgen und strenge Einschränkungen für Reisen ins Ausland befolgen.
Selbst wenn Li Keqiang die Macht nicht vollständig übernommen hat, stellt die Opposition innerhalb der Partei tatsächlich eine große Herausforderung für Xi Jinping dar. Der Premierminister hat im Moment keine militärische Macht, diese liegt bei Xi. Und die Leitung der KPC-Militärkommission steht zu Xi. Es wird vermutet, dass der Wirbel um Li Keqiang eher als ein Abwehrmanöver der verborgenen Kräfte im Hintergrund entfacht wird. Diese befinden sich in der Jiang-Zemin-Fraktion der Partei, des vorherigen Parteichefs.
Parallelen zu 1989 – Deutsche Politik zieht Japan vor
Aus der Ferne gesehen erinnert die Lage an das Ende der DDR: alles wird versucht, um das unausweichliche Ende der Partei hinauszuzögern. Alte Seilschaften wollen retten, was sie noch retten können.
Im Gegensatz zu seinen Vorgängern besuchte Bundeskanzler Olaf Scholz als erstes asiatisches Land Japan – nicht China. Am 28. April sagte Scholz auf einer Pressekonferenz mit dem japanischen Premierminister Fumio Kishida, dass sie „Partner der Werte“ seien und gemeinsam Russland sanktionieren würden.
Knapp zwei Wochen nach dem Japan-Besuch sprachen Xi Jinping und Olaf Scholz miteinander. Xi hofft, dass Deutschland die frühere wirtschaftsfreundliche Politik der Ära Merkel gegenüber China fortsetzt. Peking erklärte auch, dass es seinen normalen Wirtschafts- und Handelsaustausch mit Russland weiterführt.
Der deutsche Handel mit China ist untrennbar mit dem Einfluss von Angela Merkel verbunden. Sie machte in ihrer 16-jährigen Regierungszeit China zum größten Handelspartner Deutschlands.
Seit 2019 verfolgt die deutsche Politik jedoch einen konservativeren, vorsichtigeren Ansatz. Tang Shaocheng, Forscher im Bereich der deutsch-chinesischen Beziehungen, erklärt, dass die deutsche Wirtschaft und der Handel verglichen mit dem politischen Wandel Deutschlands hinterherhinkt.
Der Trend, die Zusammenarbeit beider Länder einzuschränken, werde sich fortsetzen und verschärfen. Es wurde erkannt, dass die Regelungen der KP Chinas ausländische Unternehmen immer mehr einschränken. Die Firmen ziehen sich von der Kommunistischen Partei zurück. Tang Shaocheng arbeitet am International Relations Research Center der National Chengchi University in Taiwan.
Auch die Null-COVID-Politik bewirkt ein Umdenken in vielen Unternehmen. Immer mehr ausländische Firmen und Mitarbeiter planen, das Land zu verlassen.
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