Lockdown in Shanghai: Liste der inoffiziellen Todesfälle im Internet veröffentlicht

Von 29. April 2022

Die Shanghaier Behörden gaben in der letzten Woche nur einige Dutzend Todesfälle durch COVID-19 bekannt. Einwohner melden weit höhere Zahlen.  Online veröffentlichen sie Daten von Betroffenen, die aus Mangel an Nahrung, Medikamenten oder durch Selbstmord starben.

Mehr als 140 Todesfälle stehen bis jetzt auf dieser Liste. Es ist ein Bruchteil der tatsächlichen Zahl.

Anfang April sprang eine ältere Frau von einem Gebäude und starb. Berichten zufolge beging sie aus Hunger Selbstmord. Der Ehemann stand weinend neben ihrer Leiche. Durch den Lockdown sitzen viele Einwohner fest und können keine Lebensmittel kaufen. 

Ein weiteres Video vom April zeigt eine Frau, die aus dem Fenster um Hilfe ruft. Ihr Familienmitglied benötigt eine Dialysebehandlung. Die Nachbarn dürfen das Haus nicht verlassen und konnten nicht helfen. Der Verwandte starb. 

Chen Shun-ping, ein ehemaliger Geiger des Sinfonieorchesters Shanghai, erkrankte am 13. April an einer akuten Bauchspeicheldrüsenentzündung. Wegen der Lockdown-Maßnahmen nahmen ihn die Krankenhäuser nicht auf. Angesichts der großen Schmerzen beendete er sein Leben und sprang vom Gebäude.

Viele weitere Vorfälle wurden in den letzten Wochen im Internet veröffentlicht. Ein Experte für China-Angelegenheiten sagt, die Zahl der Todesopfer der Null-COVID-Politik ist weitaus höher als die des Virus.

„Es muss zahlreiche ähnliche Todesfälle auch in anderen Städten geben. Shanghai ist eine besondere Stadt und bekommt mehr Aufmerksamkeit und so wissen wir, was dort passiert ist. Durch die Berichte wissen wir, wie viel Leid die Null-COVID-Politik der KPC den Menschen angetan hat.“ – Li Yuanhua, Ehemaliger Uni-Dozent in China.

Chinesische Internetnutzer haben eine Liste von Todesfällen in Shanghai verfasst. Einige Shanghaier Bürger haben Hashtags mit der Totenliste erstellt. Die Informationen stammen überwiegend aus Social-Media-Posts von Angehörigen, Freunden oder Nachbarn der Verstorbenen. Die Liste blieb nicht lange online. Sie wurde zur Zielscheibe der Zensur.

In einem weiteren Fall starb eine Krankenschwester an einem Asthmaanfall. Das Krankenhaus, in dem sie arbeitete, hatte sich geweigert, sie zu behandeln. 

Ein Beamter der Gesundheitskommission Shanghais, Qian Wenxiong, beging Selbstmord. Er war dem Druck, die Null-COVID-Politik des Landes aufrechtzuerhalten, nicht mehr gewachsen.

Die 98-jährige Mutter des landesweit bekannten Wirtschaftswissenschaftlers Lang Xianping starb am 11. April vor der Tür eines Krankenhauses. Sie wartete vier Stunden auf die Ergebnisse eines COVID-19-Tests. Nur ein negatives Testergebnis erlaubt die Behandlung im Krankenhaus.

Ein ehemaliger Arzt aus Shanghai ist überzeugt, dass die Liste der inoffiziellen Todesfälle nur ein kleiner Teil der tatsächlichen Anzahl ist: Was ist mit den nicht gemeldeten Toten? Einige Einwohner waren in Panik und meldeten die Todesfälle nicht.“ – He An-quan, Ehemaliger Arzt aus Shanghai.

Viele Länder haben gelernt, mit dem Virus zu leben – vor allem, weil die Omikron-Variante eine geringe Sterblichkeitsrate aufweist. China hält an der Null-COVID-Politik fest. Geschäfte werden geschlossen, Bewohner in ihren Häusern eingesperrt und wiederholt Massentests unterzogen.



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