Peking reagiert mit Prügel, Haft, Zensur – BBC-Reporter festgenommen und misshandelt

Die Proteste in China gegen die Null-COVID-Politik des KP-Regimes gehen weiter. Sie richten sich mittlerweile auch gegen Machthaber Xi Jinping. Peking reagiert mit Festnahmen und Zensur.
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Menschen protestieren am 27. November auf einer Straße in Shanghai gegen die chinesische Null-COVID-Politik.Foto: HECTOR RETAMAL/AFP via Getty Images
Von 28. November 2022


Die Proteste gegen die Zero-COVID-Politik des KP-Regimes und deren verheerende Folgen weiten sich aus. In der Hauptstadt Peking, in Shanghai und in mehreren Millionenstädten gingen trotz hohen persönlichen Risikos Hunderte Menschen auf die Straße. Dabei ging es den Demonstranten zunehmend nicht mehr nur um den Corona-Kurs der Führung in Peking. Es wurden auch Rufe laut, die sich gegen die Kommunistische Partei und Machthaber Xi Jinping selbst richteten.

Noch in den frühen Nachtstunden ging ein Großaufgebot der Polizei in der Hauptstadt Peking gegen Hunderte protestierende Menschen nahe dem Diplomatenviertel vor.

Ausländische Journalisten auch betroffen

Auch an Hochschulen soll es zunehmend zu Protesten kommen. Beobachter sprechen von der größten Protestbewegung im KP-Machtbereich seit Jahrzehnten – sieht man von der Situation in der Sonderverwaltungszone Hongkong ab. Viele sprechen bereits von einer „Bewegung der weißen Blätter“, weil die Demonstranten unbeschriebene Din-A4 Blätter hochhalten. Damit protestieren sie gegen die Zensur. Die Protestteilnehmer riefen Parolen wie „Hebt den Lockdown auf“ und „Wir wollen keine Corona-Tests, wir wollen Freiheit.“

Die Führung reagiert mit einer Nachrichtensperre, rigider Zensur von sozialen Medien und Hunderten Festnahmen. Wie „BBC“ berichtet, sollen Polizeibeamte in Shanghai dessen akkreditierten Reporter Ed Lawrence festgenommen und im Gewahrsam misshandelt haben. Ein Sprecher des Mediums erklärte:

Die „BBC“ ist extrem besorgt über die Behandlung unseres Journalisten Ed Lawrence. Dieser wurde festgenommen und in Handschellen gelegt, während er über die Proteste in Shanghai berichtete.“

Beamte hätten ihn bei der Festnahme geschlagen und getreten. Erst nach Stunden habe man ihn wieder freigelassen. Das Regime erklärt dazu, man habe den Reporter lediglich festgenommen, um ihn „vor einer Ansteckung mit Corona zu schützen.“

Der Club der Auslandskorrespondenten in China (FCCC) kritisiert die chinesische Polizei wegen ihres harten Vorgehens. „Journalisten mehrerer Medien wurden von der Polizei körperlich bedrängt, während sie über die Unruhen berichteten“, teilte der FCCC am Montag mit.

Menschen sterben – an den Folgen der Corona-Maßnahmen

Am vergangenen Donnerstag. dem 24.11.2022, starben bei einem Wohnhausbrand in Ürümqi zehn Menschen. Dies hatte bereits in der Uiguren-Provinz Xinjiang für Proteste gesorgt, weil viele Bürger vor Ort die Corona-Maßnahmen dafür mitverantwortlich machen. Abriegelungen, Ausgangssperren und stehengelassene Autos in engen Gassen hätten auch in diesem Fall dazu beigetragen, dass Rettungsmannschaften nicht rechtzeitig zum Einsatzort kamen.

Die Regime-Medien erklärten hingegen, die Betroffenen hätten ihre Häuser jederzeit verlassen können. Anderslautende Kommentare in sozialen Medien oder Suchbegriffe wie „Urumqi Road“ unterlagen ebenso der Zensur wie Videos über die Lage vor Ort.

Allerdings war Ürümqi nicht der einzige Schauplatz einer Tragödie dieser Art. Anfang des Monats gab eine Familie in Zhengzhou an, ihr Baby sei gestorben, weil der Krankenwagen wegen der Corona-Beschränkungen zu spät eingetroffen sei.

Bereits im September verstarben 65 Menschen während eines Erdbebens der Stärke 6,6 in Chengdu. Das Regime verwehrte den Betroffenen aufgrund der Corona-Maßnahmen die Flucht aus ihren Häusern. In Guizhou starben 27 Personen beim Unglück eines Busses, der diese in ein Quarantänezentrum bringen sollte. Im Oktober verstarb ein 14-jähriges Mädchen in Henan. Es stand unter Quarantäne, bekam im Isolationszentrum Fieber und erfuhr keine adäquate Behandlung.

Null-COVID-Politik legt die Volkswirtschaft lahm

Schwache Börsen in China und Hongkong haben am Montag die Risikobereitschaft am deutschen Aktienmarkt etwas gedämpft. Im frühen Handel gab der Dax um 0,24 Prozent auf 14.505,96 Punkte nach.

Schon im April klagten Menschen in Shanghai während des Lockdowns ihrer Stadt über einen Mangel an verfügbaren Lebensmitteln. Außerdem lebten insbesondere ältere Menschen in Quarantänezentren unter häufig unzumutbaren Bedingungen.

Das Regime versucht, die Ausbreitung des Virus durch permanente Tests, Ausgangssperren, Zwangsquarantäne und permanente Überwachung in den Griff zu bekommen. Dazu dienen Corona-Apps und Instrumente zur Kontaktnachverfolgung. Mit dieser Politik legt die Führung zunehmend das gesamte Land lahm.

Vor allem unter jungen Menschen steigt die Arbeitslosigkeit. Familien und Unternehmen halten sich mit Konsumausgaben und Investitionen zurück, was eine Verlangsamung des Wirtschaftswachstums begünstigt. Dabei erlebt das Land ohnehin eine Immobilienkrise und sogar die Produktionen von Tesla oder Apple leiden unter den Restriktionen. Gleichzeitig gibt es nicht einmal eine Immunisierungsstrategie.

Die Entwicklung in China könnte nicht nur die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt lähmen, sondern auch die Weltwirtschaft beeinträchtigen, die stark von dem Land abhängig ist.

Mit Spambots und Zensur gegen Proteste in sozialen Medien

Das Regime riegelt bereits bei wenigen Infektionen ganze Wohnblöcke und Wohnanlagen ab. In Peking sind seit Wochen zahlreiche Geschäfte, Restaurants und Schulen geschlossen. Derzeit ist Schätzungen zufolge bereits ein Fünftel der Volkswirtschaft in China von Lockdowns betroffen – und damit mehrere Hundert Millionen Menschen.

Diese begannen erst in sozialen Medien, ihrem Ärger Luft zu machen. In Peking und anderen Städten rissen aufgebrachte Bewohner Absperrungen nieder. Videos von Protesten machten auf Weibo oder WeChat die Runde.

Die Führung reagiert neben Verhaftungen mit verschärfter Social-Media-Zensur. Videos verschwinden wegen „nicht konformer und sensibler Inhalte“. Suchbegriffe wie „Urumqi Road“ oder „Liangma Bridge“ (das Diplomatenviertel)  – dort hatten sich in Peking bis zu 400 Menschen zum Protest versammelt – gelten als unzulässig.

Eine weitere Strategie, um Protest in sozialen Medien zu unterbinden, ist die Überschwemmung der Kommentarspalten mit Erotik-Bots. Wie die „Bild“ berichtet, gebe es eine Vielzahl an Spambots, die über Jahre hinweg inaktiv gewesen wären. Erst mit Aufkommen der Protestwelle hätten sie wieder Aktivitäten entfaltet. Ihr Zweck: Indem sie Threads und Chats mit anstößigen Angeboten oder sinnfreien Inhalten fluten, sollen sie den Informationsaustausch unterbinden.

Partei hat „die Wut des Volkes unterschätzt“

Am Montagmorgen veröffentlichte das Regimeblatt „People’s Daily“ einen Kommentar, in dem es vor „Lähmung“ und „Kampfmüdigkeit“ im Kampf gegen die Corona-Pandemie warnte. Zu einem Kurswechsel rief es jedoch nicht auf.

Alfred Wu Muluan, ein chinesischer Politikexperte von der Universität Singapur, bestätigt gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass der Unmut breite Bevölkerungsschichten erfasst habe. Die Menschen hätten jetzt „einen Siedepunkt erreicht, weil es keine klare Richtung gibt, um die Null-COVID-Politik zu beenden“. Die Partei habe „die Wut des Volkes unterschätzt.“

Der stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff sagte der „Deutschen Presse-Agentur“:

Ich glaube schon lange, dass die Null-Covid-Politik der Kommunistischen Partei Chinas zum Scheitern verurteilt ist. Der Druck in der Bevölkerung steigt wie in einem Dampfkessel und bricht sich nun erstmals Bahn.“

Die Verbindung von Corona-Protesten mit Forderungen nach Freiheit und Demokratie im Hochschulwesen habe „eine neue Qualität“. In Politbüro und Zentralkomitee der Kommunistischen Partei Chinas könne das nur als Bedrohung des eigenen totalen Herrschaftsanspruchs gewertet werden, sagte Lambsdorff.

Man muss daher eine sehr harte Reaktion des Regimes befürchten. Die Proteste stehen noch ganz am Anfang. Es wäre naiv, zu glauben, dass sie in diesem Stadium bereits zu fundamentalen Veränderungen führen könnten.“

(Mit Material von dpa und AFP)



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