Stau auf der Seidenstraße: Coronavirus trübt Verhältnis zwischen Italien und China
In Italien droht die Ausbreitung des Coronavirus das Land in die Rezession zu stürzen. Dass der Großteil der bis dato nachgewiesenen mehr als 15.000 Infektionsfälle das massentourismusaffine Norditalien betrifft, trübt die Konjunkturerwartungen deutlich ein. Immerhin sind mehrere dieser Regionen mittlerweile von Notstandsmaßnahmen betroffen. Aber auch die Wirtschaftsbeziehungen in Ländern außerhalb der EU sind belastet – insbesondere jene zu China.
Dass Italien derzeit sehr hoch bei der Anzahl der Infektionen mit dem Coronavirus liegt, ist auch eine Konsequenz der in den vergangenen Jahren immer enger gewordenen Beziehungen zwischen Rom und Peking.
Diese hatte das damals noch regierende Bündnis aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung erst vor einem Jahr auf eine höhere Stufe gehoben. Damals vereinbarte Italien mit dem festlandchinesischen Regime seinen Beitritt zum Projekt der sogenannten „Neuen Seidenstraße“.
Handelsvolumen von bis zu 20 Milliarden Euro ins Auge gefasst
Wie Machthaber Xi Jinping bei seinem Italienbesuch vom 22. bis 24. März 2019 mit der Regierung in Rom auch in einer fünfseitigen Grundsatzerklärung („Memorandum of Understanding“) festschrieb, wurde Italien als erstes westliches G7-Land damit Teil des umstrittenen Projekts, das nach Darstellung Pekings der Verbesserung der Infrastruktur und der Veranlassung von Investitionen dienen soll. Kritiker hingegen sehen die „Neue Seidenstraße“ als ein strategisches globales Machtinstrument Pekings, das vor allem darauf setzt, Partnerländer in Schuldenfallen zu locken.
Neben der Grundsatzerklärung unterzeichneten die Regierungen auch 19 bilaterale Abkommen auf Behördenebene und zehn zwischen Unternehmen. Wie die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ berichtet, umfasste das Auftragsvolumen, um das es damals ging, vorerst 2,5 Milliarden Euro. In weiterer Folge sollte es aber noch auf bis zu 20 Milliarden Euro anwachsen.
Mit großem Pathos tönte Xi in einem Beitrag für den „Corriere della Sera“, dass die neue Nähe zwischen beiden Ländern im Geiste des venezianischen Händlers Marco Polo wachse, den seine Fahrten bereits im 13. Jahrhundert bis in den fernen Osten Asiens geführt hatten.
Für Italien, das mit den Schuldengrenzen der Eurozone zu kämpfen hat und dadurch potenziell anfällig für politischen Druck aus Brüssel, Berlin oder Paris war, stellte die Nähe zu China – neben der Russland-affinen Politik Matteo Salvinis – eine willkommene Alternative zur Abhängigkeit von westlichen Partnern dar.
Chinas Textilindustrie entdeckte Italien für sich
Mittlerweile jedoch ist seit dem 31. Januar keine direkte Flugverbindung mehr zwischen beiden Ländern vorhanden, und vorerst soll die Maßnahme bis Ende April in Kraft bleiben. Der Schritt Roms hatte für böses Blut im bilateralen Verhältnis gesorgt.
Die Infektionszahlen blieben auch trotz dieser Maßnahme hoch. Andererseits soll das Virus direkt aus China auch nach Italien gekommen sein. Der erste festgestellte Patient in Italien, ein 38-Jähriger aus dem hoch Corona-belasteten und mittlerweile zum Sperrgebiet erklärten Codogno, habe sich bei einem Freund infiziert, der kurz zuvor von einer Reise auf das chinesische Festland zurückgekehrt war.
Auch unabhängig von der Person Salvinis, der Lega Nord oder der kurzlebigen Koalition mit der Fünf-Sterne-Bewegung, pflegt China bereits seit längerer Zeit vor allem in den Norden Italiens umfangreiche Wirtschaftsbeziehungen – und dabei vor allem in die Lombardei.
Italien exportiert landwirtschaftliche Güter nach China und kauft Industrieprodukte ein. Außerdem hat sich Chinas Textilindustrie zunehmend nach Italien verlagert. Die tragenden Akteure sollen nicht selten die Möglichkeiten der „Seidenstraße“ genutzt haben, um undurchsichtige Strukturen zu etablieren. Darunter sind Sweat Shops, in denen illegale Einwanderer arbeiten, und Geschäftsmodelle bis hin zur Produktpiraterie.
Anfeindungen gegen Einwanderer, Touristen aus China bleiben aus
Chinesische Touristen besuchen zudem in Massen Venedig, und das zu einer Jahreszeit, in der europäische Gäste die Stadt eher meiden.
Nun bleiben die Besuche aus. Die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt zudem von Rom-Reisen chinesischer Gäste, die für März gebucht und nun zu 90 Prozent storniert worden wären. Auch die offiziell mindestens 300.000 Personen umfassende chinesische Einwanderercommunity in Italien klagt über eine angespannte wirtschaftliche Lage – und zunehmende Anfeindungen.
Auch auf Regierungsebene hat sich das Verhältnis abgekühlt. In Peking nimmt man nicht nur an der rigiden Politik mit Blick auf die Direktflüge Anstoß. Auch Vorkommnisse wie eine Zuschaltung von Joshua Wong, einem der Sprecher der Demokratiebewegung in Hongkong, während einer Veranstaltung von Parlamentariern in Rom, sind China ein Dorn im Auge.
Peking protestierte damals gegen diese Dialogpolitik – das Außenministerium in Rom sprach postwendend von einer „respektlosen Einmischung“.
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Im Jahr 2013 stellte die KP China offiziell den Plan für die „Neue Seidenstraße“ und die „Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts“, kurz: „One Belt, One Road“ (OBOR), vor. Das chinesische Regime investiert darüber Milliarden und Abermilliarden US-Dollar weltweit und sehr gezielt in den Bau kritischer Infrastrukturen wie Brücken, Eisenbahnen, Häfen und die Energieerzeugung in Dutzenden von Ländern.
Das eigentliche Ziel der „Neuen Seidenstraße“ ist, mit den wirtschaftlichen Mitteln als Wegbereiter die Kontrolle über die finanziellen und politischen Lebensadern anderer Länder zu erlangen und sie in ihrer globalen Strategie in Kolonien der KP China zu verwandeln. Zu den Begleiterscheinungen gehört der Import aller bösartigen Aspekte des Kommunismus: Korruption, Schulden und totalitäre Repression.
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