Von Ein-Mann-Aktion zur Demokratiebewegung: Chinesen machen nicht mehr mit

„Nieder mit der Kommunistischen Partei“, „Nieder mit Xi Jinping“, skandierten Demonstranten in Shanghai. Die Wut der Bürger richtet sich längst nicht mehr nur gegen die extrem rigiden Corona-Maßnahmen der chinesischen Regierung. Sie wehren sich gegen die Unterdrückung und die repressive Politik der KP Chinas.
Protest gegen Chinas Null-COVID
Menschen versammeln sich am 28. November 2022 auf dem Campus der University of California Berkeley, in Kalifornien, um gegen die von der chinesischen Regierung verfolgte Null-COVID-Politik zu protestieren.Foto: JOSH EDELSON/AFP via Getty Images
Von 1. Dezember 2022


Es sind die größten Proteste in China seit der Demokratiebewegung im Jahr 1989. Die strikte Null-COVID-Politik der kommunistischen Regierung mit rigorosen Lockdowns und ständigen Massentests hätten das Fass zum Überlaufen gebracht. Die eigentliche Wurzel der Wut liege aber viel tiefer, sagen China-Analysten.

Schriftstellerin Sheng Xue in Kanada erklärte gegenüber der chinesischsprachigen Epoch Times: Das Volk habe inzwischen erkannt, was ihnen das autoritäre System der Kommunistischen Partei Chinas (KPC) gebracht hat – nämlich Leid. „Jetzt stehen die Menschen auf und rebellieren“, sagte sie.

Es gebe aber einen entscheidenden Unterschied zu der Protestbewegung im Jahr 1989, die am 4. Juni in einem Massaker auf dem Tian’anmen-Platz in Peking geendet ist. Damals hatten viele Menschen noch „Hoffnung für Chinas Reformen“, so Sheng Xue. Man glaubte, die chinesische Politik könnte sich noch in Richtung eines Rechtsstaats entwickeln. Diese Hoffnung bestehe nun nicht mehr.

Ein-Mann-Protest gab den Startschuss

In den letzten Tagen fanden in mindestens zehn Städten in ganz China Protestmärsche statt. Studenten an mehr als 50 Universitäten im ganzen Land haben die sogenannte „Weißpapier-Revolution“ gestartet. Als Symbol des Widerstands hielten sie weiße Blätter über ihre Köpfe – eine ironische Antwort auf die Zensur der kommunistischen Regierung. In Shanghai forderten Demonstranten das Ende der KP Chinas. „Nieder mit der Kommunistischen Partei!“, „Nieder mit Xi Jinping!“, skandierten einige Menschen.

Auch die inzwischen bekannt gewordenen Protest-Slogans auf der Sitong-Brücke in Peking finden bei den Protestierenden großen Anklang: „Keine Corona-Tests, wir wollen Freiheit“, rief die Menge. Im Oktober, nur wenige Tage vor dem Parteitag der KP Chinas am 16. Oktober, hatte ein einzelner Demonstrant zwei Transparente an einer Schnellstraßenbrücke im Zentrum Pekings aufgehängt. Darauf kritisierte er Staatschef Xi Jinping sowie seine Null-COVID-Politik.

Viele sehen den Ein-Mann-Protest als Auftakt für die jüngsten Protestwellen gegen die kommunistische Regierung. „Als Peng Zaizhou vor über einem Monat mit seinem Protest begann, war er nur eine Person, aber sein Slogan hatte die Herzen der Menschen eindeutig erobert“, sagte der politische Kommentator und China-Experte Heng He in den USA. Das Schicksal und der Aufenthaltsort des „Bridge Man“ ist seit der Aktion ungewiss.

„Hoffnungen beraubt“

Für weitere Spannungen sorgten in der vergangenen Woche Aufstände in der größten iPhone-Fabrik in Zhengzhou. Wütend über die strikten Corona-Maßnahmen sowie nicht eingehaltene Lohnversprechungen wehrten sich die Angestellten. Videos auf sozialen Plattformen zeigen, wie Hunderte Menschen Absperrungen niederrissen oder Überwachungskameras und Fenster mit Stöcken einschlugen.

Das Unternehmen versprach daraufhin, den angekündigten Lohn auszubezahlen. Der Erfolg der Foxconn-Arbeiter hätte die Menschen in China ermutigt, auf die Straße zu gehen, analysierte der in den USA ansässige Politik-Kommentator Tang Jingyuan.

Tang sieht noch einen weiteren wichtigen Faktor für die derzeitige landesweite Eskalation: Im November wurde in mehreren Städten ein neues Gesetz zur „Optimierung der Seuchenprävention“ veröffentlicht. Darin wurden Lockerungen von Corona-Maßnahmen festgelegt. Doch nur eine Woche später kündigte die nordchinesische Stadt Shijiazhuang erneut Massentests für alle Beschäftigten an und signalisierte damit, dass das neue Gesetz nur Schein ist. Den Menschen wurden jegliche Hoffnungen geraubt, erklärte Tang.

Doch unabhängig davon, ob die kommunistische Regierung ihre Corona-Restriktionen lockert oder nicht, der China-Analyst glaubt, dass es für einen Teil der Bevölkerung um mehr geht. Ihre Wut richtet sich gegen die Unterdrückung ihrer Rechte und gegen die repressive Politik der KP Chinas.

Düstere Zeiten für die KP Chinas

Der Politik-Kommentator und China-Experte Heng He sieht düstere Zeiten auf die KPC zukommen. Das kommunistische Regime sei nicht mehr in der Lage, die tiefverwurzelten Spannungen innerhalb der chinesischen Gesellschaft zu lösen. An der Oberfläche sehe es so aus, als sei das Regime unter Staatschef Xi Jinping das Problem, sagte Heng He. In Wirklichkeit waren die Grundsteine für die innenpolitischen Konflikte und die Unzufriedenheit bereits seit dem Tian’anmen-Massaker gelegt worden.

Aufgrund der florierenden Wirtschaft konnte die KPC die blutige Niederschlagung der Studentenbewegung zu dem Zeitpunkt schnell unter den Teppich kehren. Das sehe jetzt anders aus, erklärte der China-Experte. Die chinesische Wirtschaft befände sich in einer „Abwärtsspirale“. Außerdem konzentrieren sich die derzeitigen Proteste nicht nur an einem Ort, sondern haben sich landesweit ausgebreitet.

Das Regime werde gewiss auch dieses Mal versuchen, die Proteste mit Gewalt zu unterdrücken, sagte Heng He. Solange die sozialen Spannungen innerhalb des Landes aber nicht gelöst sind, werden „die Unzufriedenheit und der Ruf nach Veränderung nur noch lauter“.

Dieser Artikel erschien im Original auf www.epochtimes.com (deutsche Bearbeitung dl)



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