Weder Einigung noch Ergebnisse: Warum der Blinken-Besuch in China?

Peking hält weiter an der Taiwan-Frage fest und bereitet sich auf einen Konflikt vor. Doch weshalb stimmte Staatschef Xi Jinping dem Blinken-Besuch zu? Eine Analyse.
US-Außenminister Antony Blinken (l) trifft den chinesischen Außenminister Qin Gang in Peking.
US-Außenminister Antony Blinken (L) trifft den chinesischen Außenminister Qin Gang in Peking.Foto: Leah Millis/Reuters Pool via AP/dpa
Von 19. Juni 2023

Das Treffen zwischen US-Außenminister Antony Blinken und dem chinesischen Außenminister Qin Gang in Peking verlief nach Aussagen beider Länder „offen und konstruktiv“. Allerdings deuten ihre anschließenden Erklärungen darauf hin, dass die Differenzen zwischen den beiden Seiten nicht gelöst wurden. Weder Blinken noch Qin signalisierten Bereitschaft, ihre Positionen aufzugeben.

Während die US-Seite die freie Welt mit einer auf Regeln basierenden internationalen Ordnung betonte, hob die chinesische Seite die Taiwan-Frage hervor.

China-Kommentator Chen Lijian mahnte bereits letzten Donnerstag, 15. Juni, gegenüber Epoch Times, dass die Reise weder eine Einigung noch konkrete Ergebnisse bringen werde. Die Kommunistische Partei Chinas (KPC) sei so aufgebaut, dass alle Entscheidungen allein durch Chinas Staatschef Xi Jinping getroffen würden.

Keine Besserung der Beziehungen in Aussicht

Während Blinken die Wiederaufnahme wichtiger Kommunikationskanäle forderte, um das Risiko von Missverständnissen und Fehlkalkulationen zu verringern, machte Peking die Taiwan-Frage zur Bedingung. Diese liege im „Kerninteresse“ Chinas und sei auch das „größte Risiko“ für die gemeinsamen Beziehungen, so die offizielle Erklärung. Zudem forderte die KPC die USA erneut auf, sich an das Ein-China-Prinzip und die drei gemeinsamen Kommuniqués von China und den USA zu halten.

Bereits am 3. Juni verurteilte US-Verteidigungsminister Austin im Rahmen des „Shangri-La“-Sicherheitsdialogs die mangelnde Bereitschaft der Kommunistischen Partei Chinas, das Krisenmanagement beider Streitkräfte ernst zu nehmen. Die chinesische Führung hatte geplante Gespräche zwischen den Militärstreitkräften und Verteidigungsministerien nach dem Taiwan-Besuch der ehemaligen Repräsentantenhaus-Sprecherin Nancy Pelosi einseitig aufgekündigt.

Blinken hingegen hielt daran fest, dass „die Vereinigten Staaten immer die Interessen und Werte des amerikanischen Volkes verteidigen werden“. Lediglich bei Blinkens Einladung zu einem Gegenbesuch nach Amerika waren sich die Minister einig. Der genaue Zeitpunkt steht jedoch noch nicht fest.

Peking bereitet sich auf militärischen Konflikt vor

Ungeachtet der diplomatischen Beziehungen bereitet sich die KPC bereits auf einen militärischen Konflikt vor. Am 30. Mai wies Xi die Beamten der Nationalen Sicherheitskommission der Partei an, sich „auf den schlimmsten Fall und auf extreme Szenarien einzustellen“.

Xi hatte wiederholt geschworen, Taiwan zurückzuerobern und auch einen Krieg nicht ausgeschlossen. In den letzten Jahren wurde Taiwan zunehmend militärisch von Peking bedrängt. Allein im Jahr 2022 drangen insgesamt 1.727 Militärflugzeuge in Taiwans Luftraum ein. Im Jahr 2021 waren es 960 und im Jahr davor 380. Das berichtete AFP unter Berufung auf Daten des Verteidigungsministeriums der Insel.

Washington unterhält im Rahmen des Taiwan Relations Act enge Beziehungen zur demokratisch regierten Insel. Dieser verpflichtet die USA, Taipeh mit den Mitteln zur Selbstverteidigung auszustatten.

Anfang dieses Monats hatte ein chinesisches Kriegsschiff einen US-Zerstörer bei einer gemeinsamen kanadisch-amerikanischen Segelmission in der Straße von Taiwan abgedrängt. Nur 150 Meter trennten die beiden Schiffe von einer Kollision. Washington bezeichnete das Marinemanöver als „unsicher“, während Peking sein Vorgehen verteidigte und den Ländern vorwarf, absichtlich Risiken zu provozieren.

Analysten: Peking stimmte Treffen nur widerwillig zu

Angesichts des zunehmend aggressiveren Verhaltens des kommunistischen Regimes vermuten Analysten, dass Peking Blinkens Besuch nur wegen der wirtschaftlichen schwierigen Lage des Landes nach der Pandemie zustimmte. Die Jugendarbeitslosigkeit in China ist auf einem Rekordhoch und ausländische Investitionen sind nach dem drakonischen Pandemie-Management der KPC deutlich zurückgegangen.

Sollte sich die KPC mit den USA total zerstreiten oder sogar in einen Konflikt geraten, würden fast alle ausländischen Investoren das Festland verlassen. Und das will die KPC nicht“, sagte China-Kommentator Li Linyi gegenüber Epoch Times.

Frederic Rocafort, ein auf geistiges Eigentum spezialisierter Anwalt und ehemaliger US-Diplomat, sieht das ähnlich. Bei dem Besuch ginge es nur darum, dass die bilateralen Beziehungen „nicht aus den Fugen geraten“, sagte er am Freitag gegenüber NTD. Chinas anhaltender Diebstahl von geistigem Eigentum sei ebenfalls einer der Gründe für die Kluft zwischen den beiden Ländern.

„Am häufigsten hören wir von größeren Unternehmen, in denen Spitzentechnologie gestohlen wird. Aber es trifft auch viel, viel kleinere Unternehmen“, so Rocafort. Die chinesischen Behörden würden sich einer Vielzahl an Maßnahmen bedienen. Allerdings erfolge nicht jeder Diebstahl durch einen staatlichen Akteur.

Die Untätigkeit der Regierung und das korrumpierte Umfeld der Behörden schafften auch günstige Bedingungen für private Akteure, das geistige Eigentum ausländischer Unternehmen zu stehlen.

Erst im November 2022 wurde ein chinesischer kommunistischer Geheimdienstoffizier zu 20 Jahren Haft verurteilt, weil er Spione angeworben und sensible US-Luftfahrttechnologie für China gestohlen hatte.

Die Kommission „The Theft of American Intellectual Property“ schätzte den Schaden für die US-Wirtschaft im Jahr 2017 (PDF) durch den Diebstahl von geistigem Eigentum durch China jährlich auf 225 bis 600 Milliarden US-Dollar.

Joe Biden und die Klimawandel-Lobby

Alex Gray, ehemaliger Stabschef des Nationalen Sicherheitsrates, hält den Staatsbesuch nach dem Vorfall mit dem chinesischen Spionageballon für unpassend.

„Ich denke, dass die Vereinigten Staaten derzeit von Peking als in schwächerer Position wahrgenommen werden“, sagte er am 16. Juni gegenüber NTD. Er sei besorgt, dass Präsident Biden und Minister Blinken ständig so tun würden, als sei ein Treffen mit Xi Jinping oder mit wem auch immer das Wichtigste auf ihrer Agenda.

Das erscheine so, als würden sie geradezu um „eine Audienz beim Generalsekretär der Kommunistischen Partei [Xi] betteln.“ Er war davon ausgegangen, dass die Enthüllung über Chinas Stützpunkt auf Kuba die Gespräche zwischen den beiden Ländern zunichtemachen würde.

„Die Realität scheint, dass sich die Biden-Regierung der Klimawandel-Lobby in der Demokratischen Partei unterordnet“, sagte Gray. Sie betrachte Peking nicht als strategischen, militärischen oder wirtschaftlichen Gegner, sondern aus der Sicht des Klimawandels als Partner.

US-Klimabeauftragter John Kerry hat wiederholt betont, dass die USA China im Kampf gegen den Klimawandel brauchen. Kritiker bezweifeln jedoch, dass China die Absicht hat, dem Westen in dieser Frage zu helfen.

Bill Gates’ China-Geschäfte

Gray kritisierte auch die Unklarheit von Bill Gates bei seinem China-Besuch. Der Milliardär habe nicht erkannt, dass die nationalen Sicherheitsinteressen der USA nicht mit seinen China-Geschäften vereinbar seien.

„Wenn Sie als vertrauenswürdiger Anbieter für das US-Militär, für die US-Geheimdienste und für die wirtschaftliche Sicherheit der USA tätig sein wollen, müssen Sie sich dafür entscheiden“, sagte er. „Oder Sie machen es wie Microsoft. Wollen Sie als Partner der Kommunistischen Partei Chinas agieren?“

Es ist davon auszugehen, dass Blinkens Besuch den Weg für weitere bilaterale Treffen in den kommenden Monaten ebnen könnte. Darunter mögliche Reisen von US-Finanzministerin Janet Yellen und Handelsministerin Gina Raimondo. Er schafft damit auch Voraussetzungen für künftige Treffen zwischen Xi und Biden am Rande von multilateralen Gipfeltreffen.

Massive Kritik an Blinkens China-Besuch

Mehrere republikanische Abgeordnete äußerten bereits vorab Kritik am Staatsbesuch. So schrieb die Vorsitzende der Republikanischen Konferenz im Repräsentantenhaus, Elise Stefanie, am 16. Juni auf Twitter:

„Anstatt das unverhohlen aggressive Verhalten der Kommunistischen Partei Chinas zu verurteilen, kündigte Minister Blinken an, dass er die fortwährende Untergrabung unserer Souveränität durch die KPC mit einem bevorstehenden offiziellen Besuch legitimieren wird.“

Minister Blinken und die Biden-Regierung sollten umgehend ihr schwaches und verzweifeltes Streben nach einem ‚Tauwetter‘ in den Beziehungen zur KPC aufgeben.“

Senatorin Marsha Blackburn twitterte am 17. Juni, dass die Biden-Regierung China nicht beschwichtigen sollte.

„Xi Jinping hat seine Prioritäten bereits deutlich gemacht: Er will die USA beherrschen. Ein Treffen gibt seiner Partei nur noch mehr Munition, um uns auf der Weltbühne zu blamieren“. Stattdessen sollte sich Präsident Biden auf den Aufbau des Militärs konzentrieren, damit er Pekings Machtstreben etwas entgegensetzen könne.

Wenige Tage vor der Abreise Blinkens nach China nahm der stellvertretende Staatssekretär des Außenministeriums, Daniel Kritenbrink, gegenüber Reportern dazu Stellung: „Wir reisen nicht nach Peking, um einen Durchbruch oder eine Veränderung im gegenseitigen Miteinander zu erreichen. Das ist kein Besuch, bei dem ich eine lange Liste mit Ergebnissen erwarten würde.“

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Repräsentantenhaus, Michael McCaul, forderte Blinken auf, Sanktionen gegen KPC-Funktionäre zu verhängen. Minister Blinken müsse Sanktionen und Exportkontrollen vorantreiben, statt „fruchtlose Gespräche“ zu führen, so der Abgeordnete.

(Mit Material von The Epoch Times und DaJiYuan)



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