Wie Peking dem Regime in Kuba hilft
Am 11. Juli gingen Tausende Kubaner auf die Straße, um gegen das kommunistische Regime zu protestieren. Inmitten der groß angelegten Demonstrationen wurde vielen Kubanern der Internetzugang gekappt, wie aus mehreren Berichten hervorgeht.
Die Beteiligung Chinas wurde zwar nie offiziell bestätigt, aber Untersuchungen haben ergeben, dass sich chinesische Codes in der kubanischen Internet-Infrastruktur verstecken und der Schlüssel, weshalb das Regime überhaupt das Internet blockieren konnte, China war. Chinesische Unternehmen haben nämlich eine wichtige Rolle beim Aufbau der kubanischen Telekommunikationsinfrastruktur gespielt.
In einem Untersuchungsbericht vom „Institute For War & Peace Reporting“ (zu Deutsch: Institut für Kriegs- und Friedensberichterstattung) hieß es im Dezember 2020, dass Etecsa, das einzige Unternehmen, das Internetzugang in Kuba anbietet, drei primäre Anbieter hat: Huawei, TP-Link und ZTE – und sie alle stammen aus China.
In einem weiteren Bericht des Open Observatory of Network Interference (OONI), einer globalen Überwachungsstelle für Internetzensur, wurden Spuren chinesischer Codes sowohl in der Oberfläche als auch in den Schnittstellen der WLAN-Zugangsportale in Kuba gefunden.
„Das Login-Portal von Etesca scheint von chinesischen Entwicklern geschrieben worden zu sein, da der Quellcode Kommentare in chinesischer Sprache enthält“, so der Bericht. Das deutet darauf hin, dass Etesca chinesische Entwickler mit der Implementierung des Portals beauftragt hat.
Die schwedische NGO für Internetsicherheit „Qurium“ meldete im Juni 2020 ebenfalls, dass ein Huawei-Produkt, das zur Web-Filterung eingesetzt wird, in kubanischen Netzwerken zu finden ist. Der HTTP-Header „V2R2C00-IAE/1“ wird mit einer Software von Huawei in Verbindung gebracht, die für Router, Switches und Firewalls eingesetzt wird.
„Qurium“ weist darauf hin, dass die Filterung ohne die Zustimmung oder das Einverständnis der Leser stattfindet. Auch den Grund der Sperrung erfahren sie nicht, ebenso wenig, ob eine solche Sperrung mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen überhaupt vereinbar ist.
Der Internetzugang in Kuba ist seit Langem eingeschränkt. Die Regierung blockiert alle regimekritischen Medien. Die meisten Kubaner hatten bis 2015 keinen Zugang zum Internet. Erst 2018 durften sie das Internet mit mobilen Daten nutzen.
Volkspolizei bildet „Schwarzhelme“ aus
China unterstützt Kuba allerdings nicht nur in der Telekommunikation. Die Repressionen, die das kubanische Regime nach den Protesten einsetzte, rückten eine der Elitetruppen des Innenministeriums ins Rampenlicht: die Nationale Spezialbrigade, auch „Schwarzhelme“ genannt.
Kürzlich aufgetauchte Fotos zeigen, wie die Schwarzhelme von Chinas Bewaffneter Volkspolizei (People’s Armed Police, kurz PAP) ausgebildet wurden. Das Datum, wann die Fotos aufgenommen wurden, ist unbekannt, doch den Ort konnte die spanischsprachige „ADN Cuba“ bestätigen. Die Fotos wurden etwa 25 Kilometer östlich von Havanna in einem Hauptquartier namens „Punkt 0.0“ aufgenommen. „Dieser Ort ist für die Ausbildung paramilitärischer Kräfte bekannt, die in der Vergangenheit in Lateinamerika eingesetzt wurden“, sagte Gelet Martínez Fragela, Reporterin bei „ADN Cuba“.
Auf den Fotos sieht man in Schwarz die Spezialeinheiten des kubanischen Regimes – und in Grün die bewaffnete Volkspolizei des chinesischen Regimes, die zum Militär gehört.
Seit einem Jahr gibt es Spannungen in Kuba. Das Regime hat die antikommunistischen Aufstände praktisch schon erwartet. Reporter vor Ort berichten, dass es ziemlich eindeutig sei, dass sie sich auch mit Trainings und Ausbildungen darauf vorbereitet haben, die Aufstände kontrollieren und niederschlagen zu können.
Die chinesische PAP ist eine paramilitärische Truppe und ein Dienstzweig der Streitkräfte der Volksrepublik China. Die Offiziere und Soldaten der Organisation tragen dunkelolivgrüne Uniformen, die sich von den tannengrünen Uniformen der Volksbefreiungsarmee oder den hellblauen und schwarzen Uniformen der Volkspolizei unterscheiden.
Chinas bewaffnete Polizei ist auf sogenannte „Missionen zur Bewahrung der sozialen Stabilität“ spezialisiert. Während der Proteste in Hongkong im Jahr 2019 soll Peking die bewaffnete Volkspolizei dorthin geschickt haben, um die Demonstranten zu unterdrücken.
Orlando Gutiérrez-Boronat, Sprecher des kubanischen demokratischen Direktorats, erklärte gegenüber „NTD“, dass eine ähnliche Vorgehensweise in Kuba wie in Hongkong zu sehen ist. Die Schwarzhelme werden auch dort nicht tagsüber eingesetzt, sondern in der Nacht. Sie identifizieren die Demonstranten bei den Aktionen und führen dann Hausdurchsuchungen und Razzien durch, um sie aus ihren Häusern zu holen und zu verhaften.
Die Kommunistische Partei Chinas verfügt seit den 1920er-Jahren über eine paramilitärische Einheit, aber die moderne bewaffnete Volkspolizei entstand erst unter Deng Xiaoping in den frühen 1980er-Jahren. Die am 9. August 1980 gegründete Einheit der Schwarzhelme in Kuba besteht aus Beamten, die speziell für die unterschiedlichsten Szenarien und die Bekämpfung von Schwerverbrechen ausgebildet sind.
„Allein die Tatsache, dass sie eingesetzt wurden, um die Proteste vom 11. Juli einzudämmen und zu bestrafen, ist ein Beweis dafür, wie sehr das kubanische Regime Bürgerproteste und friedliche Demonstrationen kriminalisiert“, schreibt „ADN Cuba“.
Das Vorgehen der Spezialeinheit bei den Protesten brachte ihr allerdings Sanktionen des US-Finanzministeriums im Rahmen des Global Magnitsky Act ein, mit dem Täter von schweren Menschenrechtsverletzungen und Korruption weltweit belangt werden können.
Chinas Interessen in Kuba
1960, elf Jahre nach der Gründung der Volksrepublik China, nahm Kuba als erstes lateinamerikanisches Land diplomatische Beziehungen zu China auf. Die politische und wirtschaftliche Bindung beider kommunistischen Regime wurde viele Jahre aufrechterhalten und durch Handel noch weiter verstärkt. Die Kommunistische Partei Chinas bezeichnet Kuba als „guten Bruder, guten Kameraden und guten Freund (“好兄弟、好同志、好朋友”).
Hochrangige Regierungsvertreter aus China haben Kuba seit 1993 insgesamt 22 Mal besucht, und kubanische Regierungsvertreter haben China seit 1995 25 Mal besucht. Bei einem Besuch auf der Insel im Jahr 2014 sagte Parteichef Xi Jinping: „Die beiden Länder gehen Hand in Hand auf dem Weg des Aufbaus des Sozialismus mit seinen eigenen Merkmalen voran und bieten sich gegenseitig Unterstützung in Fragen an, die mit unseren jeweiligen wesentlichen Interessen zusammenhängen“.
Kubas geologische Lage bietet günstige Möglichkeiten, sich strategisch gegen die USA zu stellen. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein amerikanischer Gegner versucht, Kuba als Druckmittel gegen die USA zu nutzen. Der Versuch der Sowjetunion, dort Atomwaffen zu installieren, löste im Oktober 1962 die Kubakrise aus.
Chinas Militärpräsenz in der Karibikregion ist jedoch nicht besonders ausgeprägt, „Reuters“ zufolge hat ein Krankenhausschiff der Volksbefreiungsarmee Kuba im Jahr 2011 besucht. 2015 kamen drei chinesische Kriegsschiffe, angeblich um den 55. Jahrestag der diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern zu feiern und um an einer gemeinsamen Marineübung mit der kubanischen Marine teilzunehmen.
Es gibt keine Anzeichen dafür, dass Peking in Kuba eine ähnliche Rolle spielen will, wie sie die Sowjetunion auf dem Höhepunkt des Kalten Krieges in Havanna gespielt hat. Es gibt auch keine Anzeichen dafür, dass die kubanische Regierung für eine solche Initiative offen wäre.
Die jüngsten innenpolitischen Unruhen in Kuba könnten jedoch die Regierung dazu veranlassen, noch engere Beziehungen zu Peking zu suchen. Eine militärische Beziehung zu China könnte jedoch jegliche Hoffnung auf eine Normalisierung der Beziehungen zu den Vereinigten Staaten zunichtemachen.
Kuba ist Teil der „Neuen Seidenstraße“
China ist nach Kanada der zweitgrößte Handelspartner von Kuba und die wichtigste Quelle für technische Hilfe. Havanna hat sich 2018 während des ersten Auslandsbesuchs von Präsident Miguel Diaz-Canel offiziell der Belt and Road Initiative (BRI, „Neue Seidenstraße“) angeschlossen, was die Handelsbeziehungen weiter verstärkt hat. Zahlreiche chinesische Unternehmen haben in Kuba investiert und die chinesische Regierung hat ein Darlehen in Höhe von 120 Millionen US-Dollar zur Modernisierung der Hafenanlagen in Santiago de Cuba gewährt.
China hat indes zunehmend kubanische Konsumgüter importiert, darunter Zigarren, Rum und Meeresfrüchte. In Bereichen der Cybersicherheit und Biotechnologie arbeiten beide ebenfalls eng zusammen. Im Jahr 2019 rühmten sich die Kubaner mit einem in China hergestellten Zug, der Havanna mit Santiago de Cuba verbindet (über 800 Kilometer lang) – die erste neue Lokomotive in dem Inselstaat seit 40 Jahren.
Chinesische Autos sind heute ebenfalls ein fester Bestandteil des Verkehrs in Havanna – wie die amerikanischen Chevrolets und Fords aus den 1950er-Jahren und den Ladas der Sowjet-Ära, die die Straßen der Insel seit Jahrzehnten beherrschen.
China will auch von Kubas Entwicklung in der Biomedizin profitieren, schreibt „Diálogo Chino“, eine Plattform, die Chinas Beziehungen zu Lateinamerika beleuchtet. Mehrere chinesische Unternehmen, die auf Biopharmazie und erneuerbare Energien spezialisiert sind, haben begonnen, sich in der Sonderentwicklungszone Mariel, einem aufstrebenden Investitionszentrum etwa 40 Kilometer westlich von Havanna, niederzulassen.
„Kuba hat in diesem Bereich Vorteile gegenüber anderen Ländern der Region, und wir wollen die Beziehungen ausbauen“, sagte dazu Ren Zhiwu von der obersten Planungsbehörde in Peking.
Dieser Artikel erschien zuerst in der Epoch Times Wochenzeitung, Ausgabe Nr. 4, 7. August 2021.
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