Kommunen schlagen Alarm: Mehr Migranten aufgenommen als im Rekordjahr 2015 – „Wir sind am Limit“

Und was hat Deutschland aus der Flüchtlingskrise von 2015 gelernt? Nichts, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann. Deutschlands Kommunen und Gemeinden schlagen Alarm.
Geflüchtete aus der Ukraine sitzen in einer Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Peine in Niedersachsen.
Menschen aus der Ukraine in einer Flüchtlingsunterkunft im Landkreis Peine in Niedersachsen.Foto: Moritz Frankenberg/dpa
Von 24. November 2022


Steigende Flüchtlingszahlen, volle Unterkünfte, fehlende Mittel: Seit Monaten klagen die Kommunen, dass ihre Aufnahmekapazitäten für Flüchtlinge und Migranten praktisch erschöpft seien. Allein im Zeitraum von Januar bis Oktober hat Deutschland mehr Flüchtlinge und Migranten aufgenommen als im Rekordjahr 2015.

Bis zum 8. November haben insgesamt 1,2 Millionen Menschen Asyl in Deutschland beantragt. Dem Bundesinnenministerium zufolge wurden davon rund 1,024 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine registriert. Die anderen Asylbewerber kommen größtenteils aus Syrien, Afghanistan, aus der Türkei und dem Irak.

Ein Vergleich: Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge registrierte im Jahr 2015 rund 890.000 Asylsuchende. Zu der Zeit kamen Hunderttausende Menschen, unter anderem aus Syrien, über Ungarn und Österreich nach Deutschland.

„Wir sind am Limit“

Immer mehr deutsche Städte und Landkreise haben jüngst einen Aufnahmestopp verhängt. Die Kapazitäten seien am Anschlag. So haben kürzlich Erfurt, Gera und der Ilm-Kreis verkündet, keine Flüchtlinge mehr aufnehmen zu können. Darüber berichtet der „MDR“.

„Wir sind am Limit“, beklagte Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein. Es sei eine ethische und moralische Pflicht, die Geflüchteten aufzunehmen, aber den Kommunen müssten auch finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt werden, so Bausewein. Die Stadt fühle sich hier von der Landesregierung allein gelassen. Die Hilfsbereitschaft der Menschen sei groß, aber mittlerweile seien alle am Limit.

Auch Cottbus und Kaiserslautern hissen seit Oktober die weiße Fahne. In Berlin warten bereits knapp 3.000 Flüchtlinge auf eine Unterbringung. Was nütze eine Aufnahme, wenn diese nicht in eine geregelte Unterbringung mündet, hinterfragte Kaiserslauterns Oberbürgermeister Klaus Weichel. „Damit ist niemandem gedient.“

Kritik am neuen Aufnahmeprogramm

Und was hat Deutschland aus der Flüchtlingskrise von 2015 gelernt? Nichts, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann gegenüber der „Neuen Zürcher Zeitung“ (NZZ). Die Bundesregierung „betreibt geradezu vorsätzlich eine verfehlte Aufnahmepolitik“, kritisierte der CSU-Politiker.

Bemängelt wurde insbesondere auch das neue Aufnahmeprogramm der Ampelregierung für rund 40.000 Afghanen. Geplant ist, im Monat ca. 1.000 „besonders gefährdete“ Afghanen mit ihren Familienangehörigen aufzunehmen. Zielgruppe seien afghanische Staatsangehörige, die etwa durch ihren Einsatz für Frauen- und Menschenrechte vom Taliban-Regime bedroht sind.

Die CSU bezeichnete das Programm als „fatales Signal“ angesichts der aktuell höchst angespannten Migrationslage. Und mit Blick auf den Winter erwarten die Städte, dass die Zahl der flüchtenden Menschen weiterwächst.

Zahl illegaler Migration gestiegen

Für viel Sprengstoff sorgte zuletzt auch der Anstieg illegaler Migration. Die Bundespolizei erfasste im laufenden Jahr deutschlandweit über 70.000 Fälle unerlaubter Einreise. Im letzten Jahr waren es noch rund 57.600 Fälle. Die Dunkelziffer dürfte aber weitaus höher liegen.

Innenministerin Nancy Faeser hatte aufgrund dessen im Oktober die Grenzkontrollen zu Österreich verlängert. Da das Nachbarland jedoch keine Zurückweisungen an seinen Grenzen akzeptiert, kann, wer es einmal nach Deutschland geschafft hat, dennoch Asyl beantragen. Jeder Asylsuchende hat nach deutschem und europäischem Recht Anspruch auf die individuelle Prüfung seines Antrags, erklärte der Mediendienst Integration.

Der innenpolitische Sprecher der Unionsbundestagsfraktion Alexander Throm (CDU) nannte die jüngste Zunahme der illegalen Grenzübertritte „dramatisch“. Throm sagte der „Bild am Sonntag“:

Frau Faeser muss endlich handeln, um die Kontrolle nicht zu verlieren.“

Anreize für illegale Migration im Koalitionsvertrag

Selbst innerhalb der Ampel verschärft sich der Ton: Manuel Höferlin, innenpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, forderte einen „Neuanfang in der Migrations- und Integrationspolitik“. Höferlin zu „Bild“: „Straftäter müssen konsequent abgeschoben werden. Auf der anderen Seite möchten wir die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften durch die Einführung eines Punktesystems nach kanadischem Vorbild erleichtern.“

Anreize für die illegale Migration sehen CDU, CSU und AfD im Koalitionsvertrag der Ampelregierung verankert, die nun Schritt für Schritt umgesetzt werden. So soll das sogenannte Chancen-Aufenthaltsrecht zum 1. Januar 2023 in Kraft treten.

Geduldete Ausländer, die mindestens fünf Jahre in Deutschland leben und nicht straffällig geworden sind, können demnach unter bestimmten Voraussetzungen einen langfristigen Aufenthalt erhalten. Innerhalb eines Jahres sollen sie etwa unter Beweis stellen, dass sie ihren eigenen Lebensunterhalt sichern können. Als Geduldete werden Personen bezeichnet, die eigentlich ausreisepflichtig sind.

Abschiebung gestoppt

Davon profitieren aber nicht nur gut integrierte Migranten, wie das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe zeigt. Am 18. November hat das Gericht die Abschiebung eines Gambiers gestoppt. Die Begründung: Der Mann erfülle die Voraussetzungen des Chancenaufenthaltsrechts, weil er seit mehr als fünf Jahren geduldet in Deutschland lebe, erklärte das Gericht in einer Pressemitteilung.

Der Asylantrag des Gambiers wurde schon im Jahr 2017 abgelehnt. Auch die Klage gegen diesen Entscheid wurde zwei Jahre darauf abgewiesen. In den Jahren 2016 und 2017 wurde er jeweils wegen Drogenhandels zu einer Geldstrafe verurteilt. Daraufhin verhängte das Landratsamt Karlsruhe ein auf drei Jahre befristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot gegen ihn. Inzwischen sind die Verurteilungen im Bundeszentralregister getilgt, wie das Gericht mitteilte.

Ein erster Versuch, den Mann abzuschieben, scheiterte im Oktober. Seitdem saß er in Abschiebehaft. Vor Gericht machte er nun geltend, dass seine Straftaten getilgt seien und dass Menschen, die nach der geplanten Neuregelung voraussichtlich eine Bleibeperspektive hätten, nicht abgeschoben werden sollten. Der Mann hat voraussichtlich Anspruch auf die Aufhebung des Aufenthaltsverbots.

(Mit Material von Nachrichtenagenturen)



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