NewsGuard: Selbsternannter Wächter bewertet „glaubwürdigen Journalismus“ willkürlich

Das Medienbewertungsunternehmen NewsGuard hat zwei Ranglisten mit glaubwürdigen und unglaubwürdigen Nachrichtenwebsites mit großer Reichweite für das Jahr 2022 veröffentlicht. Die Epoch Times landet bei den Unglaubwürdigen auf Platz eins. Warum das so ist und was sich hinter NewsGuard verbirgt.
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Das Portal NewsGuard hat seinen „Misinformation Monitor“ für das Jahr 2022 veröffentlicht. Symbolbild.Foto: iStock
Epoch Times30. Januar 2023


Das Medienbewertungsunternehmen NewsGuard hat am 28. Dezember 2022 zwei Listen veröffentlicht, welche die jeweils zehn reichweitenstärksten glaubwürdigen und unglaubwürdigen Nachrichtenwebsites des Jahres 2022 in deutscher Sprache ausweisen. Die deutsche Ausgabe der Epoch Times rangiert dabei auf Platz eins der Unseriösesten. Nur 27,5 von möglichen 100 Punkten vergab das NewsGuard-Team um die Mitarbeiterinnen Roberta Schmid, Leonie Pfaller und Marie Richter, die den Jahresrückblick offenbar gemeinsam verfasst haben.

NewsGuard will herausgefunden haben, dass die Epoch Times die Herausforderungen für glaubwürdigen Journalismus in sechs von neun „unpolitischen“ Bewertungskriterien nicht gemeistert hat. Das geht aus einem „Mediensteckbrief“ vom 20. Dezember 2022 über die Epoch Times hervor, der im Detail nur zahlenden NewsGuard-Kunden zur Verfügung gestellt wird.

Am schwersten wiegen die Vorwürfe, „regelmäßig Falschinformationen veröffentlicht“ zu haben und nicht „verantwortungsbewusst“ recherchiert zu haben. Allein für diese beiden Urteile zog NewsGuard 40 von 100 Bewertungspunkten ab und stützt ihr Jahresupdate dabei auf einen einzigen (!) Artikel aus dem Jahr 2022. Wegen angeblich „irreführender Überschriften“ gab es weitere zehn Punkte Abzug. 

Da die Schwelle zum gerade noch „glaubwürdigen“ Journalismus nach NewsGuard-Vorstellung bei 60 von 100 Punkten liegt („Glaubwürdigkeit und Transparenz mit erheblichen Einschränkungen“), war es danach von vornherein unmöglich, ein positives Gesamturteil zu erreichen. Dafür werden nach Ansicht der Epoch Times hauptsächlich Willkür und subjektives „Ermessen“ als objektive Bewertungskriterien zugrunde gelegt.

Wegen eines einzigen Artikels?

Zurück zum entscheidenden Maßstab „Glaubwürdigkeit“. Für ihre Jahresbilanz 2022 beanstandete NewsGuard bei der Epoch Times nur den Beitrag „Lawrow spricht ukrainischer Regierung demokratische Legitimation ab“ vom 25. Februar 2022 – wegen angeblicher „Falschinformationen“. Andere Artikel mit exakt derselben Schlagzeile waren am selben Tag unter anderem bei „n-tv.de“, „Wallstreet:online“ und „Zeit online“ erschienen.

NewsGuard bemängelte in seinem Mediensteckbrief, dass im Epoch-Times-Artikel ein Zitat des russischen Außenministers Sergei Lawrow auftaucht, das nicht der Realität entspreche – ohne dass die Epoch Times sich von Lawrows Aussage „distanziert“ habe. Gemeint ist das Lawrow-Zitat „Wir sehen keine Möglichkeit, eine Regierung als demokratisch anzuerkennen, die ihr eigenes Volk unterdrückt und Völkermord-Methoden anwendet.“

Exakt dieses Zitat taucht auch in den erwähnten Artikeln von „n-tv.de“, „Wallstreet:online“ und „Zeit online“ auf. Aber nur im „Zeit“-Artikel ist so etwas wie eine Distanzierung zu erkennen, da Lawrows Worte dort als „russische Propaganda“ beziehungsweise „Kriegspropaganda“ bewertet werden. Wohlgemerkt in einem Text, der noch nicht einmal als Meinung oder Kommentar gekennzeichnet ist. Bei „n-tv.de“ und „Wallstreet:online“ beschränkte man sich auf die – wertungsfreie – Übernahme einer Agenturmeldung der dpa, die sich wiederum auf Informationen der Agentur Interfax bezieht. Dass Lawrow sich wie zitiert geäußert hatte, darf von daher als sicher gelten. Epoch Times wird von NewsGuard folglich deshalb für unglaubwürdig eingestuft, weil das „richtige Framing“ fehlte und ohne Wertung zitiert wurde.

Null Punkte trotz erfolgter Ergänzung

Ob es die von Lawrow angesprochenen „Völkermord-Methoden“ im Donbass wirklich gegeben hat, wie es laut NewsGuard etwa der „Internationale Strafgerichtshof, das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ bestreiten, tut dabei überhaupt nichts zur Sache. Fakt ist, dass Lawrow sich entsprechend geäußert hatte. Und nichts anderes steht im Artikel der Epoch Times zu lesen. Aufgrund einer Intervention NewsGuards ergänzte die Epoch Times den Artikel sogar noch um den Satz „Dieser Vorwurf ließ sich nicht unabhängig überprüfen“. Trotzdem vergab NewsGuard auch in seinem Bewertungskriterium „regelmäßige Richtigstellung unterlaufener Fehler“ null Punkte.

Roberta Schmid, die bei NewsGuard unter anderem als „Managing Editor“ firmiert, sieht auch keinen Grund, das zu ändern: Bei NewsGuard betrachte man das Kriterium „Korrektur von Fehlern“ weiterhin „nicht als erfüllt“, schrieb sie der Epoch Times am 18. Januar 2023, „da zahlreiche Artikel mit falschen Behauptungen unkorrigiert auf der Webseite verbleiben und einige Fehler erst nach unserer Nachfrage korrigiert wurden“. Welche „Artikel mit falschen Behauptungen unkorrigiert“ noch bei Epoch Times zu finden sind, darüber schweigt sich Schmid trotz Bitte von der Epoch Times um Konkretisierung aus. Vielmehr widerspricht sich Frau Schmid auch noch, indem sie zunächst behauptet, alle in die Bewertung eingeflossenen Artikel seien im „Mediensteckbrief“ einbezogen, dann jedoch schwammig, unkonkretisiert und unbelegt ihre Behauptung von weiteren „zahlreichen Artikeln“ propagiert.

Eine vergleichbare „Richtigstellung“, die NewsGuard stets von der Epoch Times verlangt und auch erfolgte, fehlt übrigens bei „n-tv.de“, „Wallstreet:online“ und „Zeit online“ in deren Artikeln über Lawrow bis heute. Diese Mitbewerber müssten sich – folgt man der Logik von NewsGuard – anno 2022 also ebenfalls der Verbreitung von „Falschinformationen“ in mindestens einem Fall schuldig gemacht haben. Dementsprechend hätten sie ebenso 40 Punkte Abzug bei diesem Kriterium bekommen und folglich in der NewsGuard-Negativliste auftauchen müssen. Sie sind allerdings weder in der Flop- noch in der Topliste 2022 zu finden.

Auch beim ZDF und beim „Tagesspiegel“ gibt es übrigens Artikel, die das Lawrow-Zitat enthalten. Wie NewsGuard korrekt anmerkt, ist beim „Tagesspiegel“ allerdings von einer „Falschbehauptung“ die Rede, und auch das ZDF nutzt „mehrfach das Wort ,behauptet‘ und liefert zusätzlichen Kontext“. Wie aber passt das zum NewsGuard-Statement gegenüber Epoch Times: „Gemäß unserer internen Richtlinie kommentieren wir gegenüber einer Webseite, die wir bewerten, nicht die Bewertungen anderer Webseiten“? (Quelle: https://www.newsguardtech.com/de/feedback/publisher/epochtimes-de/)

Die Aussage einer Person des öffentlichen Lebens aus einer Agenturmeldung auch inhaltlich ungeprüft zu zitieren, stellt eine übliche Praxis im medialen Alltag dar, da es sich bei Agenturmeldungen um „privilegierte Quellen“ handelt. Doch das Expertenteam von NewsGuard sieht das in unserem Fall offensichtlich anders. Fehlendes Framing führt offenbar nur im Fall der Epoch Times zu „Unglaubwürdigkeit“.

„Ungeheuer“ falsche Behauptungen?

Wie bereits erwähnt, wirft NewsGuard der Epoch Times vor, „regelmäßig Falschinformationen veröffentlicht“ zu haben. Auch hier bat die Epoch Times um eine konkrete Begründung. Darauf ließ uns Roberta Schmid auf Englisch wissen, wie das Kriterium zu verstehen sei: „The site has displayed a pattern of publishing egregiously false claims on a regular and ongoing basis—meaning that a user is likely to encounter such a false claim on any given visit to the site.“ (Zu deutsch: „Die Website hat ein Muster gezeigt, bei dem regelmäßig und fortlaufend ungeheuer falsche Behauptungen veröffentlicht werden – was bedeutet, dass ein Benutzer bei jedem Besuch der Website wahrscheinlich auf eine solche falsche Behauptung stoßen wird.“)

Nun ist also auf einmal sogar von regelmäßigen, fortlaufenden und vor allem „ungeheuer falsche[n] Behauptungen“ die Rede. Dafür, so Schmid, habe NewsGuard „in den Jahren 2021 und 2022 mehrere […] Beispiele gefunden, die zusammen ein Muster der regelmäßigen Veröffentlichung von falschen Behauptungen auf EpochTimes.de zeigen“.

Schmid spielt damit auf drei ältere Epoch-Times-Artikel aus dem Jahr 2021 an, in denen es um den Impfstoff von Pfizer/BioNTech, um Nanopartikel in mRNA-Impfdosen beziehungsweise um Inzidenzwerte ging. Auch in diesen Fällen kann man über die Stichhaltigkeit der Argumente für die NewsGuard-Ankreidungen trefflich streiten – und das wurde in ausführlichen Schriftwechseln mit reichlich sachlichen Gegenargumenten der Epoch Times selbstverständlich auch getan. Zudem überarbeitete die Epoch Times die bemängelten Artikel, sofern sie einen begründeten Handlungsbedarf erkennen konnte.

Doch damit gab sich NewsGuard nicht zufrieden, auch wenn zwei der drei Artikel im eigenen Mediensteckbrief nun „nicht mehr als falsch“ betrachtet werden. Beim dritten fehlt eine solch klare Urteilsrevidierung. Alle drei Artikel werden nach Ansicht von NewsGuard mindestens wegen Titel und Dachzeile noch immer als „irreführend“ eingestuft. Ein durchaus subjektives Kriterium, das nach Meinung der Epoch Times keineswegs ausreicht, um weiter null Punkte zu vergeben. Gab Schmid nicht eben noch zu, dass man sich als Medium „regelmäßig und fortlaufend ungeheuer falsche[r] Behauptungen“ schuldig machen müsse, damit NewsGuard null Punkte vergeben kann?

Zudem würden laut NewsGuard-Kriterien Nutzer „bei jedem Besuch der Webseite wahrscheinlich“ auf „falsche Behauptungen“ stoßen. Folgt man hier dem gesunden Menschenverstand, müssten Leser überwiegend „Falschinformationen“ auf einer Website finden. Hier führt NewsGuard die Bewertung des eigenen Kriteriums nicht nur inhaltlich (wie zuvor beschrieben), sondern auch quantitativ ad absurdum.

Kurz zur Erinnerung: Im Mediensteckbrief sollen laut Schmid ALLE der Bewertung zugrunde gelegten Artikel aufgeführt sein: Das sind ein Artikel aus dem Jahr 2022 und drei Artikel aus dem Jahr 2021. Zum Vergleich: Epoch Times veröffentlicht monatlich derzeit über 500 Artikel. Selbst wenn alle vier Epoch-Times-Artikel in einem Jahr erschienen wären und tatsächlich „Falschinformationen“ enthielten, wären also immer noch 99,93 Prozent der Artikel nicht zu beanstanden. NewsGuard senkt trotzdem den Daumen für das gesamte Epoch-Times-Angebot.

Drei Jahre für einen Jahresrückblick?

Dass NewsGuard nach eigenen Angaben für einen Jahresrückblick überhaupt Artikel aus den beiden vorangegangenen Jahren unter die Lupe nimmt, entbehrt zwar nicht einer gewissen Komik, könnte aber mit Fug und Recht ebenfalls als „irreführend“ bezeichnet werden, weil weder in der Schlagzeile der betreffenden Veröffentlichung („NewsGuards Top Ten im Jahresrückblick 2022“) noch im gesamten Artikeltext irgendetwas über diese merkwürdige Praxis zu finden ist. Im Gegenteil ist dort gleich drei Mal ausschließlich von „diesem Jahr“ oder vom „Jahr 2022“ die Rede.

In einer Wertung für ein Jahresranking Artikel aus den Vorjahren einfließen zu lassen, hält die Epoch Times für keineswegs statthaft. Denn das würde ja bedeuten, dass selbst das seriöseste Medium keine gute Bewertung verdienen würde, wenn es sich irgendwann in der nahen Vergangenheit einmal auch nur einen Fehler geleistet hätte. Die Chance auf Besserung und damit auch auf einen Platz im „guten Ranking“ wäre nach dem Lex NewsGuard für mindestens drei Jahre verwirkt.

Dass es trotz dieser Regel auch noch ausgerechnet der „Spiegel“ im NewsGuard-Ranking 2022 auf Platz eins der seriösesten reichweitenstarken Nachrichtenseiten geschafft hat, erscheint zumindest fragwürdig. Wie war das gleich nochmal mit dem „zweierlei Maß“?

Der Epoch Times nun wegen eines einzigen – zudem völlig korrekten – Artikels über die Äußerungen eines russischen Außenministers die Glaubwürdigkeit in Gänze abzusprechen, hält die Epoch Times für geschäftsschädigend und damit gleichermaßen für einen Angriff auf die unabhängige Presse.

Glaubwürdigkeit oder Klickzahlen – worum geht es wirklich?

Für zumindest potenziell irreführend betrachten wir den Umstand, dass NewsGuard mit seiner Rangliste sehr leicht den Eindruck erwecken könnte, die Epoch Times sei das deutschsprachige Medium mit der geringsten Glaubwürdigkeit. NewsGuard weist zwar ausdrücklich darauf hin, dass die genannten Medien „nach der Anzahl von Online-Interaktionen geordnet [sind], wobei die am meisten verbreitete Webseite an erster Stelle steht“. Es geht also um die stärkste Reichweite, nicht um die stärkste Glaub- oder Unglaubwürdigkeit. Aber NewsGuard verschleiert genau das, indem der Artikel nicht als Reichweitenmonitor, sondern traditionell als „Misinformation Monitor“ veröffentlicht wird. Wie diverse Artikel über das regelmäßige Ranking belegen, fallen selbst Mitbewerber darauf herein – ganz gleich, welchem „Lager“ sie angehören:

Man darf also eindeutig davon ausgehen, dass nicht jeder zuerst die weitschweifigen Erläuterungen NewsGuards durchliest, sondern direkt zu den Listen scrollt, nachdem er mit den Begriffen „Misinformation Monitor“ und „Falschinformationen“ angefüttert wurde. Dann springt ihm als Erstes die Epoch Times ins Auge. Welcher Eindruck bleibt da wohl hängen? Zudem verzichtet NewsGuard darauf, detaillierte Zahlen über die Reichweite, die veröffentlichten Artikel und über die angekreideten Verfehlungen eines Mediums ins Verhältnis zu setzen. Was für mehr Klarheit sorgen könnte. Doch Roberta Schmid hält die „Erklärungen zur Erstellung der Liste“ nach wie vor für „detailliert und transparent“, wie sie uns schrieb.

Menschenrechtsverletzungen an Falun Gong

Zurück zum „Mediensteckbrief“: „Sie [Die Epoch Times] berichtet außerdem häufig über mutmaßliche Menschenrechtsverletzungen an Falun Gong-Praktizierenden in China“, ist da zu lesen. Roberta Schmid versprach Epoch Times in ihrer Mail vom 18. Januar, „das Wort ,mutmaßlich‘ aus diesem Satz [zu] streichen“. Sie habe nicht zum Ausdruck bringen wollen, „dass wir [NewsGuard] die Existenz der Verfolgung von Falun Gong-Praktizierenden in China anzweifeln“. Dieser Eindruck könnte aber sehr wohl entstanden sein. Weiter räumt Schmid ein, „dass wir [NewsGuard] die betreffenden Behauptungen oder Artikel [über Falun Gong] nicht unabhängig überprüft haben“.

Diese Praxis aber verlangt NewsGuard stets von anderen Medien, wenn diese eine gute Bewertung erzielen wollen. Siehe Lawrow-Artikel: Da genügte es NewsGuard ja nicht, dass Epoch Times dessen Zitat korrekt wiedergegeben hatte. Nach den Maßstäben von NewsGuard  hätte Epoch Times auch eine Distanzierung bringen müssen beziehungsweise hätte das Lawrow-Zitat jedenfalls „nicht unwidersprochen oder ohne den nötigen Kontext“ veröffentlichen dürfen, wie Schmid in ihrem Schreiben vom 18. Januar präzisierte. Das aber würde zunächst eine unabhängige Überprüfung der Aussage Lawrows voraussetzen, die Schmid im Fall von Falun Gong selbst nicht erbracht hatte.

Rechtsgerichtete Inhalte?

Im „Mediensteckbrief“ über die Epoch Times heißt es weiter: „Die deutsche Ausgabe veröffentlicht allerdings vorwiegend eher rechtsgerichtete Inhalte“. Eine Prozentzahl oder Rechercheliste, die das belegen könnte, blieb NewsGuard auch auf Anfrage schuldig. Roberta Schmid erklärt den Passus in einer Mail vom 18. Januar dahingehend, dass die Bewertung „nach redaktionellem Ermessen“ und „allgemein verständlichen Definitionen“ erfolge. Konkreter wird es nicht. Damit offenbart Frau Schmid offenkundig, dass hier eine rein subjektive Wahrnehmung zugrunde gelegt wird, die sogar auf Nachfrage noch nicht einmal konkret belegt werden kann. Die Epoch Times weiß also bis heute nicht, welcher Maßstäbe sich NewsGuard bedient, um ein derartig rufschädigendes Urteil auszusprechen. Vielmehr, so die Überzeugung der Epoch Times, ist ein intransparentes und willkürliches Bewerten seitens NewsGuard offenbart worden.

Was macht eine Quelle unabhängig und glaubwürdig?

NewsGuard betont stets, seine Recherchen auf mehrere als „unabhängig“ wahrgenommene Quellen zu stützen und deren „Behauptungen und Informationen selbst zu überprüfen“. Im NewsGuard-Alltag werde oft „die Berichterstattung anderer glaubwürdiger Nachrichtenorganisationen oder Fact-Checker als Teil unserer eigenen Analysen“ zitiert, antwortete Schmid auf Nachfrage der Epoch Times. Gegenüber „Multipolar“ war NewsGuard bereits etwas konkreter geworden: Häufig ziehe man Informationen von „Correctiv.org“, vom „BR-Faktenfuchs“, vom „Faktenfinder“ der „Tagesschau“ und von den Agenturen AFP und dpa heran.

Doch auch diese vermeintlichen Goldstandards der Wahrheitsfindung bewahren das NewsGuard-Team offensichtlich nicht vor eigenen Fehlern. So musste NewsGuard öffentlich erklären, dass die Behauptung vieler Websites, dass das Coronavirus aus einem Labor ausgetreten sei, „zwar nicht bewiesen, aber auch nicht nachweislich falsch“ sei. In 21 von 246 beanstandeten Mediensteckbriefen habe sich NewsGuard „nicht so vorsichtig“ ausgedrückt, wie es „hätte sein sollen“ und die „Labor-Theorie […] als falsch charakterisiert, sie als ‚Verschwörungstheorie‘ bezeichnet oder unbelegte Behauptungen über den Lab Leak mit falschen Behauptungen vermischt“. Inzwischen habe das NewsGuard-Team „eine entsprechende Korrektur in jedem der 21 betroffenen Mediensteckbriefe, davon eines deutschen, vorgenommen“. Man entschuldige sich für den Fauxpas.

Unter den Geldgebern für „Correctiv.org“ – um nur einen der großen hiesigen „Faktenchecker“ etwas näher zu würdigen – findet man übrigens Organisationen wie die „Open Society Foundations“ von Milliardär George Soros, die „Omidyar Network Foundation“ von eBay-Gründer Pierre Omidyar, außerdem Facebook, Telekom, die Rudolf Augstein Stiftung und die Bundeszentrale für politische Bildung. Und dass selbst „Correctiv.org“ nicht immer ins Schwarze trifft, hatte Epoch Times bereits im Juni 2021 gezeigt. Auch das Nachrichtenportal „Tichys Einblick“ hatte bereits einen Gerichtsprozess gegen „Correctiv.org“ gewonnen.

Investoren ohne Einfluss?

„Multipolar“ hatte bereits im März 2022 eine ausführliche Analyse über NewsGuard verfasst, damals anlässlich des Rankings für das Jahr 2021. Dabei wurden diverse „Interessenkonflikte“ und „berufliche Verstrickungen“ der Bosse, ihrer Investoren und zumeist jungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zutage gefördert, die durchaus Zweifel an der Neutralität und Objektivität des Bewertungsdienstleisters wecken könnten.

Wie ist es also wirklich mit der eigenen Seriosität und Unabhängigkeit bei jenen bestellt, die andere von Berufs wegen als „unglaubwürdig“ oder „irreführend“ abqualifizieren? 

Zur „strategischen Beratung“ existiert bei NewsGuard ein Beirat, in dem nach Recherchen von „Multipolar“ „zahlreiche ehemalige Politiker und hochrangige Beamte der US-Regierung sowie der Nato“ sitzen.

Als drittgrößter Investor wird auf der offiziellen Website die „Publicis Groupe“ ausgewiesen. Der Werberiese arbeitet auch mit den Pharmakonzernen Pfizer, GlaxoSmithKline und Johnson & Johnson zusammen. Interessanterweise hatte NewsGuard immer ein besonders aufmerksames Auge auf Artikel, in denen Epoch Times kritisch über Produkte dieser Konzerne berichtete. Doch Roberta Schmid schreibt uns auf Anfrage, dass weder von Publicis noch von einem anderen „der vielen Investoren […] Einfluss auf unsere redaktionellen Richtlinien oder Inhalte“ ausgeübt werde.

Bei Johnson & Johnson handelt es sich nach Angaben der „Tagesschau“ übrigens um jenen Pharmakonzern, der 2022 einem fast 530 Millionen Euro schweren Vergleich zugestimmt hatte, weil er zusammen mit großen Arzneimittelhändlern vom „jahrelangen, massenhaften Handel und Missbrauch mit verschreibungspflichtigen Medikamenten in den Reservaten“ indigener Menschen in den USA profitiert hatte. Der sogenannte „Opioid-Skandal“ wird mit „mehr als 500.000 Todesfälle[n] in den vergangenen zwei Jahrzehnten“ in Verbindung gebracht, wie die „Tagesschau“ berichtete.

Mit Steven Brill und Gordon Crovitz haben zwei NewsGuard-Direktoren „die Entscheidungsrechte bei NewsGuard und kontrollieren die redaktionellen Produkte von NewsGuard“, wie Schmid gegenüber der Epoch Times einräumte. Wie alle „[e]xterne[n] Investoren“ spielten aber auch Brill und Crovitz laut Schmid „keine Rolle bei der Festlegung der Bewertungen oder der Mediensteckbriefe oder bei anderen Aspekten des Inhalts von NewsGuard“.

Co-CEO Steven Brill gehört allerdings nicht nur zu den Mitbegründern von NewsGuard, sondern ist auch Gründer und Geschäftsführer der Organisation „Verified Identity Pass“, dem „ersten Programm für freiwillige biometrische Akkreditierung“. Co-CEO und Mitbegründer Gordon Crovitz ist Mitglied des „Council on Foreign Relations“, eines der mächtigsten amerikanischen Thinktanks, der sich seit Jahrzehnten für die außenpolitischen Interessen der USA einsetzt. Von all dem schrieb Schmid nichts an die Epoch Times.

Wie funktioniert NewsGuard?

Bei NewsGuard, dem laut Eigenwerbung „Vertrauens-Tool fürs Netz“, handelt es sich um ein in mehreren westlichen Ländern tätiges Online-Unternehmen, das sich der Aufgabe verschrieben hat, im „Kampf gegen Desinformation“ die Seriosität von Nachrichtenseiten im Netz zu überprüfen. Die deutsche Niederlassung liegt in Berlin. Dort arbeitet ein Team von Analystinnen [sic!], die Netzartikel nach bestimmten journalistischen Kriterien überprüfen und mit den Websitebetreibern in einen kritischen Dialog treten.

Nachdem ein NewsGuard-Urteil gefällt ist, wird der überprüften Website entweder ein grünes Häkchen oder ein rotes Ausrufezeichen zugewiesen. Diese Markierungen sollen unter anderem Werbekunden ermöglichen, „vertrauenswürdige digitale Umgebungen zu schaffen“, oder im Klartext: davon abhalten, Geschäfte mit rot markierten Nachrichtenanbietern zu machen.

Die Technik dahinter kann beispielsweise als Browsererweiterung oder per App genutzt werden. Zur Zielgruppe für NewsGuard-Dienstleistungen gehören nach eigenen Angaben Internetdienste, Browseranbieter, Nachrichtenaggregatoren, Social-Media-Plattformen und Suchmaschinenbetreiber.

Der Volkswirt und Journalist Norbert Häring schreibt: „Kunden [von NewsGuard] sind vielmehr Regierungen und Organisationen wie die WHO, denen News Guard bei der Zensur und Kontrolle der sozialen Medien hilft. NewsGuard stellt der WHO eine Liste der einflussreichsten Verbreiter von Informationen zur Verfügung, die nicht mit dem offiziellen Narrativ übereinstimmen, und die WHO weist die Social-Media-Plattformen an, sich die Liste anzusehen und etwas dagegen zu unternehmen, d.h. die Konten der betreffenden Nachrichtenseiten zu löschen, das Teilen ihrer Geschichten zu blockieren oder heimlich zu begrenzen (Shadow Banning), sie schlechter auffindbar zu machen oder andere Maßnahmen zu ergreifen. Werbetreibende, die unter Druck stehen, nicht bei oppositionellen Medien zu werben, können bei News Guard ebenfalls die Listen erwerben, um zu erfahren, wer zu boykottieren ist.“



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