„Babyfarmen“ und der Traum vom „perfekt designten“ Kind

Ein Baby ganz bequem per Knopfdruck? Was zunächst wie ein absurder Scherz klingt, ist längst Gegenstand der heutigen Wissenschaft und Forschung geworden. Eine dystopische Zukunft – wenn da nicht die Moral wäre. Eine Analyse.
Titelbild
Ein neugeborenes Kind mit seiner Mutter.Foto: iStock
Von 14. Januar 2023

Ein unter dem Firmennamen Ectolife veröffentlichter Werbe-Clip läuft seit Dezember viral. Es erinnert an einen Science-Fiction-Film, wurde aber als Fruchtbarkeitsklinik der Zukunft vorgestellt: Hunderte eiförmige Glaskapseln reihen sich aneinander. In jedem von ihnen befindet sich ein Baby, das an Schläuche und Elektroden angeschlossen ist.

Eine Computerstimme präsentiert die weltweit erste Fabrik mit künstlichen Gebärmüttern. Ein Superlabor, das bis zu 30.000 Babys pro Jahr „produzieren“ könne – und zwar vollständig mit erneuerbaren Energien.

Dann der eigentliche Schock: Die Technologie sei „bereits verfügbar“ und basiere angeblich auf „über 50 Jahren bahnbrechender wissenschaftlicher Forschung“. Die letzte Hürde, welche die dystopische Vision davon abhält, Realität zu werden, sei: die menschliche Moral.

Experimente an menschlichen Embryos

Ist das so? Die schlechte Nachricht: Viele Menschen denken, das Unternehmen Ectolife sei echt und die künstlichen Gebärmütter wären bereits Wirklichkeit. Auch viele Medien schütten den Inhalt ohne Zusammenhang ins Internet. Die gute Nachricht: Das Video samt Vision und Konzept stammen aus der Feder des Berliner Wissenschaftskommunikators Hashem Al-Ghaili. Weder die Firma Ectolife noch die beschriebene Anlage existieren. Der Filmemacher bestätigt gegenüber „Reuters“, dass die EctoLife-Fabrik „im Moment nicht existiert“.

Und doch ist der Clip nicht als schlechter Scherz zum Jahresende gemeint gewesen. Vielmehr veranschaulicht dieser das beunruhigende Potenzial der modernen Technik und Wissenschaft. Auf seiner Website schreibt Al-Ghaili, er beschäftige sich damit, sich die Zukunft anhand „wissenschaftlich fundierter Konzepte“ auszumalen.

Noch gibt es keine künstlichen Gebärmütter für menschliche Embryos. Aber die Experimente im Bereich der „industriellen Babyzucht“ schreiten in rasantem Tempo voran. So haben amerikanische Wissenschaftler eine Maschine entwickelt, die einer künstlichen Gebärmutter sehr nahekommt. In sogenannten Biobags konnten die Forscher extrem frühgeborene Lamm- und Mäuseföten weiterzüchten. Über Kanülen wurden diese an eine Maschine angeschlossen, welche die Bedingungen des Mutterleibs nachahmen.

Auch an Menschen werden bereits Experimente durchgeführt, was längst kein Geheimnis mehr ist. Ein Forscher in China schockierte die Welt im Jahr 2018, als er öffentlich bekannt gab, menschliche Embryos zum „Zweck der Reproduktion“ gentechnisch verändert zu haben.

Derweil hat die Internationale Gesellschaft für Stammzellenforschung im Jahr 2021 das Tor für Experimente an menschlichen Embryonen noch weiter geöffnet. Seit vielen Jahren setzte die sogenannte 14-Tage-Regel die Grenze für das Wachstum von Embryos im Labor. Diese Richtlinie hat die weltweit größte Organisation für Stammzellenforschung nun verworfen.

„Unglaublich widerlich“

Die Idee vom „perfekt designten“ Kind greift der Filmproduzent Al-Ghaili in seinem Videoclip wieder auf: Mit einem „Elite-Paket“ von Ectolife sollen werdende Eltern die Eigenschaften ihres Babys selbst auswählen können. Von der Augen- und Haarfarbe bis hin zu Stärke, Größe und Intelligenz. Über eine App könnte man die Entwicklung des Kindes überwachen und genetische Abweichungen schnell erkennen. Und die Geburt „ist sanft, bequem und kann mit nur einem Knopfdruck durchgeführt werden.“

Von der Frage abgesehen, ob all diese Dinge technisch möglich oder unmöglich sind. Ist die Menschheit für diese Form der kommerziellen „Geburtenindustrie“ bereit? Die Reaktionen auf das Video geben einen ersten Eindruck. Die Kommentare reichen von „unglaublich widerlich“ bis „fantastisch, wenn es richtig kontrolliert wird“. Wobei die meisten Stimmen die Idee ablehnen.

Ein Twitter-Nutzer kommentierte unter dem Video: „Wenn du das nicht widerlich findest, dann brauchst du Hilfe. Es ist ein schreckliches Konzept, das die Bedeutung von Geburt, Leben und Tod auflöst. Menschen können niemals Gott spielen. Wenn sie es versuchen, sind sie auf dem Weg der Vernichtung“.

Leihmutterschaft: Ein Geschäft, das Milliarden bringt

Dennoch: Viele Menschen werden bereits durch die Entwicklung der kommerziellen Leihmutterschaft schrittweise desensibilisiert. Die Babyfarmen sind eigentlich schon da. Und es ist ein Milliardengeschäft. Leihmutteragenturen nutzen die Verzweiflung vieler Paare aus, die keine Kinder bekommen können und verlangen Unsummen für ihre Dienstleistung.

Leihmütter werden für ihre Mühe kaum respektiert und nicht einmal als „Mütter“ bezeichnet. Im Industriejargon heißen sie „Schwangerschaftsausträgerinnen“. Den Frauen wird in der Regel jegliches Recht verweigert, am Leben des Kindes teilzuhaben, das sie neun Monate lang ausgetragen und mit dem sie vielleicht eine Bindung aufgebaut haben.

Darüber hinaus können Leihmutterschaftsverträge eine Abtreibung vorschreiben, wenn das Kind einen vermeintlichen „Defekt“ aufweist oder aus anderen Gründen nicht mehr gewünscht ist – eine Forderung, die zu zahlreichen Rechtsstreitigkeiten geführt hat.

Auch werden häufig über Fälle berichtet, bei denen Eltern das bereits geborene Baby verweigern. So bezahlte im Jahr 2014 ein australisches Paar eine thailändische Frau dafür, zwei Kinder auszutragen. Sie weigerten sich aber nach der Geburt, eines der Kinder mit nach Hause zu nehmen, weil es ein Downsyndrom hatte.

Zurück zur Moral: Inwieweit unterscheidet sich die kommerzielle Leihmutterschaftsindustrie von den noch fiktiven Hightech-Babyfarmen? Die Bedeutung der Mutterschaft wird in beiden Fällen untergraben. Letztlich hängt es von der menschlichen Moralentwicklung ab, wann und ob ein Konzept wie Ectolife Realität werden würde, darüber ist sich Filmemacher Al-Ghaili sicher. Eine ethische Hürde – aber wie groß?

Hier geht es zum Ectolife-Video.

(Mit Material von theepochtimes.com)



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