Bundesverfassungsgericht zahlt 700.000 Euro für Imagepolitur

Die Kritik am höchsten deutschen Gericht reißt nicht ab, besteht doch seine Hauptaufgabe darin, die Grundrechte zu schützen. Das Bundesverfassungsgericht bemüht jetzt Werbeprofis für eine Imagekorrektur. Der Adler des Hauses wurde gleich ordentlich mit aufgespeckt.
Ein Hinweisschild mit Bundesadler und Schriftzug «Bundesverfassungsgericht» hängt vor dem Bundesverfassungsgericht.
Am Freitag, 11. März, findet eine große Demonstration vor dem BVG in Karlsruhe statt.Foto: Uli Deck/dpa
Von 16. März 2023

Seit geraumer Zeit hagelt es scharfe Kritik am Bundesverfassungsgericht. An der Spitze steht Stephan Harbarth, den die „Bild“ als „Merkels Lieblingsrichter“ bezeichnete. Doch nicht nur eine vermutbare Überspitzung seitens Boulevardpresse; selbst Richter äußerten im Interview mit Epoch Times bereits, dass Zweifel an der Unabhängigkeit des höchsten deutschen Organs der Judikative nachvollziehbar sind.

Das Gericht untersteht nicht der Dienstaufsicht eines Ministeriums. Seinen Haushaltsentwurf stellt ein Plenum des Gerichts selbst auf. So haben sich die obersten deutschen Richter eine Erhöhung um zehn Prozent bewilligt, womit der Gesamtetat auf vierzig Millionen Euro angestiegen ist.

Doch im wesentlichen Fokus bleibt die Verbindung von Stephan Harbarth mit Angela Merkel. „Bild“ titelte Ende 2021: „Richter Harbarth & Kanzlerin Merkel: Eine gefährliche Freundschaft für unsere Demokratie?“ Thematisiert werden hier die früheren Tätigkeiten des Richters und seine enge Beziehung zu Angela Merkel: Harbarth war ehemaliger Unionsfraktionsvize im Bundestag und ein enger Freund von Kanzlerin Angela Merkel (67, CDU).

Die Unterstellung hier: Klagen gegen die Grundrechtseinschränkungen während der Pandemie unter Angela Merkel seien so erschwert worden. Ein harter Vorwurf gegen das höchste deutsche Gericht, dessen Grundpfeiler seine Unabhängigkeit ist.

Die Beziehung Merkel-Harbarth wurde in den Medien noch einmal kritischer beleuchtet, als der „Freund Merkels und seine Richterriege zum Dinner ins Kanzleramt geladen wurden, während noch ein Verfahren gegen Merkel und ihre Corona-Notbremse lief, ebenso wie eine Klage der AfD gegen die Bundeskanzlerin anhängig war, weil diese sich in die Thüringen-Wahl eingemischt hatte.

Satter, netter, adliger

Das ist die Vorgeschichte hin zu einem hauseigenen Bundesadler des Gerichts, der jetzt für eine sechsteilige Summe von einer Werbeagentur umgestaltet wurde – im Auftrag der Richter. Das Gericht kommentiert die Veränderung im Erscheinungsbild in einer Pressemitteilung vom 3. März 2023:

„Das Bundesverfassungsgericht ist ein Bürgergericht und wird – wie sich an der unverändert hohen Zahl von Verfassungsbeschwerden der Bürgerinnen und Bürger zeigt – auch von den rechtsuchenden Menschen so wahrgenommen.“

Weiter heißt es da, das Gericht lebe von der hohen Akzeptanz seiner Entscheidungen bei den Menschen. Und um den Bürgerinnen und Bürgern die Tätigkeit des Gerichts noch näher zu bringen „und ihnen den Zugang zum Gericht sowie seinen Entscheidungen und sonstigen Tätigkeiten weiter zu erleichtern“, wären mehrere Maßnahmen beschlossen worden, „die gerade das bewirken sollen.“

Wie die hier behauptete hohe Akzeptanz bei den Menschen vermessen wurde, ist nicht klar.

So fragte das „Zweite Deutsche Fernsehen“ Ende 2021: „Das Bundesverfassungsgericht ist der oberste Gerichtshof auf Bundesebene. Doch in letzter Zeit steht es immer wieder in der Kritik – zu Recht?“ Das ZDF erinnerte in diesem Zusammenhang noch einmal daran: „Steht die Neutralität der obersten Verfassungshüter infrage, wankt ein wichtiger Pfeiler der Verfassungsordnung.“

Was machen Unternehmen, wenn Ihr Ruf Schlagseite hat? Sie fassen viel Geld an, beauftragen Unternehmensberater und Werbeagenturen, um wieder neuen Lack aufzutragen. Aber darf das auch für ein Bundesverfassungsgericht gelten?

In besagter Pressemitteilung wird das Vorhaben so umrissen:

„Als ersten Schritt verwendet das Bundesverfassungsgericht ab Anfang März für seine Entscheidungen und seinen nach außen gerichteten Schriftverkehr ein neues einheitliches Erscheinungsbild (corporate design). Dieses ist durch ein modernes, klares und besonders gut lesbares Schriftbild sowie durch einen neu gestalteten Adler als Hoheitszeichen gekennzeichnet.“

Die gruseligste Internetseite im Netz

Auch die Internetseite soll nach und nach für „die Bürgerinnen und Bürger“ neu gestaltet werden. Das „Designtagebuch“, eine Internetseite für Werbefachleute, hat umfangreich zusammengefasst, was hier genau verändert wurde. Die Fachleute erinnerten daran, dass sie selbst den Internetauftritt des Bundesverfassungsgerichtes 2014 als „Die gruseligsten Seiten im Netz“ mit einem Negativpreis ausgezeichnet hatten.

Aber das höchste deutsche Gericht ist kein Unternehmen. Hier geht es nicht um die einfache Umgestaltung eines Produkts.

Die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) beschäftigte sich ausführlich mit den finanziellen Hintergründen des neuen Corporate Design, also mit den Kosten für die visuelle Gestaltung und der Gesamtheit der Marke „Bundesverfassungsgericht“.

Die Kritik der Zeitung macht sich an den Kosten dafür fest und weniger am Zeitpunkt der Image-Aufpolierung. Die Schlagzeile dazu lautet: „Ein teurer Adler“. Direkt daran angehängt die Frage: „Was soll das?“

An einem vorhergehenden Fall von Verschwendung angelehnt, befindet die FAZ, das Bundesverfassungsgericht nehme große Geldsummen „für eigene Zwecke gerne in die Hand“.

Und die Zeitung recherchierte weiter, dass im laufenden Jahr mit 700.000 Euro eine halbe Million Euro mehr für die Öffentlichkeitsarbeit des höchsten Gerichts ausgegeben werden wird als noch im Vorjahr.

Die FAZ schreibt von allein 84.622 Euro, welche eine Werbeagentur für die „barrierefreie Neugestaltung des Webauftritts des Gerichts“ kassiert hätte.

Epoch Times ging mit seiner Recherche noch einen Schritt weiter und landete so bei „Mosaik Management“, einer Agentur mit Sitz am Dortmunder Phoenix See („Die Neuen am See“), die auf ihrer Website über den erfolgreichen Deal mit dem Bundesverfassungsgericht die werblich durchaus mehrdeutig gemeinte Schlagzeile gesetzt hat: „Demokratie mitgestalten“.

Die Agentur am See bekam aber viel mehr als die in der FAZ erwähnte Beauftragung zur Auffrischung der Website, sie ist für das Erscheinungsbild insgesamt zuständig.

Auch den Jahresbericht des Gerichts für 2022 macht Mosaik Management hübsch, wie schon Berichte zuvor. Ganz besonders stolz ist die Agentur dabei auf ihre Neugestaltung des Gerichtsadlers:

„Was uns […] mit außerordentlicher Freude und großem Stolz erfüllt: Ein neugestalteter (gerichtseigener) Bundesadler als Hoheitszeichen, der nun erstmals auf dem Titel des Berichts zu sehen ist. Die gesamte Außendarstellung (Corporate Design) sowie dieses neue Hoheitszeichen durften wir ebenfalls in den vergangenen 1,5 Jahren gemeinsam mit dem BVerfG entwickeln.“

Und hier ist weiter interessant, dass die Entwicklung des Adlers und die Aufpolierung des Image noch deutlich kostenintensiver sind, wenn man die Ausgaben der Jahre 2021 und 2022 noch zu den Planungen für 2023 addiert. Mosaik Management macht selbst darauf aufmerksam:

„MOSAIK war in diesem Zusammenhang für die Konzeption und Umsetzung des neuen Erscheinungsbildes beauftragt und durfte das Bundesverfassungsgericht von Juli 2021 an in einem umfangreichen «Markenbildungsprozess» begleiten.“

Die Agentur plaudert aus dem Nähkästchen, zunächst hätte man die „gerichtseigenen Werte“ ermittelt, um anschließend das neue Logo (Adler/Schriftzug – Wort-Bildmarke) zu entwerfen – „samt neugestaltetem Bundesadler“. Außerdem hätte man ein „umfangreiches medienübergreifendes Gestaltungs-Handbuch“ vorgelegt.

Die Agentur liebt Wortspielereien im Zusammenhang mit dem höchsten deutschen Gericht. „In bester Verfassung“ lautet da eine weitere Idee der Werbetexter.

Und die Werbeleute betonen ihre gestalterische Unabhängigkeit: Die interne Arbeitsgruppe des Gerichtes hätte ihnen bei der Ideenfindung zum Jahresbericht „freien Lauf“ gelassen. Die Arbeit am Bericht wird von den Werbern so beschrieben:

„Den Titel haben wir durch ausgestanzte Buchstaben veredelt, durch die ein Bild der roten Richterroben zu erkennen ist. Als Papier haben wir das ungestrichene Premium-Offset-Naturpapier SOPORSET verwendet, das durch einen hohen Weißgrad und eine edle Haptik besticht.“

Weiß auf schwarzem Grund

Ein weiteres Detail dieser Gestaltung wird von Mosaik Management so erklärt: „In weißen Lettern auf schwarzem Grund begegnet dem Leser immer mal wieder ein Artikel aus dem Grundgesetz.“

Neben einem Bild von Stephan Harbarth und seiner Vizepräsidentin wird in der Ausgabe für das Jahr 2020 Artikel 1 des Grundgesetzes zitiert und die Überschrift über dem Porträt lautet dazu: „Hohe Verfahrenszahlen und Herausforderungen in der Corona-Pandemie“.

Der Titel des von den Werbern „mit freier Hand“ gestalteten Jahresberichts 2022  des Bundesverfassungsgerichts liest sich wie politische Willensbekundung: „Das Grundgesetz will eine europäische Integration und eine internationale Friedensordnung“ (Zitat aus dem Urteil des Gerichts zum Vertrag von Lissabon 2009).

Im Vorwort zum Bericht 2022 formuliert Richter Harbath einleitend, was man durchaus auch als Indiz für seine persönliche Haltung nehmen könnte:

Das Bundesverfassungsgericht sehe sich „als Teil einer internationalen Rechtsordnung und der weltweiten Gemeinschaft der Verfassungsgerichte“.

Dieser Beitrag stellt ausschließlich die Meinung des Verfassers dar. Er muss nicht zwangsläufig die Sichtweise der Epoch Times Deutschland wiedergeben.


Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion