Alles gewinnen, nichts verlieren – Blaise Pascal und die wunderbare Kraft der Gedanken

Vor 400 Jahren wurde Blaise Pascal, einer der bedeutendsten Philosophen des christlichen Abendlandes, geboren. Die Wirkung seiner Gedanken und Ideen reicht bis in unsere Tage.
Titelbild
Blaise Pascal, Standbild am Fuße des Saint Jacques Tower in Paris.Foto:  Dennis Jarvis, CC BY-SA 2.0
Von 27. Juni 2023

Er entdeckte nicht nur Bahnbrechendes über den Luftdruck, erdachte nicht nur eine der ersten Rechenmaschinen und das erste öffentliche Verkehrsnetz der Welt, sondern hinterließ AUCH Gedanken, die bis heute bewegen – seine weltberühmten „Pensées“.

Am 19. Juni 1623 erblickt Blaise Pascal als zweites von drei Kindern des Ehepaars Étienne und Antoinette Pascal in Clermont-Ferrand, der Hauptstadt der Auvergne in Mittelfrankreich das Licht der Welt.

Von der Geburt ihres dritten Kindes wird sich die Mutter nicht mehr erholen. Sie stirbt, als Blaise Pascal drei Jahre alt ist. Er selbst ist von Kindesbeinen an von schwacher Gesundheit, doch mit fast unstillbarem Wissensdurst und schier unglaublich schneller Auffassungsgabe gesegnet. Niemals wird er eine Schule besuchen.

Austausch mit Gelehrten

Der verwitwete Vater, hochgebildeter Jurist und Mathematiker, unterweist seinen Sohn gemeinsam mit Hauslehrern. Blaise Pascals mathematisch naturwissenschaftliche Begabung ist so offensichtlich und erstaunlich, dass der Vater beschließt, mit seiner Familie nach Paris umzuziehen, um dort Kontakt zu Pariser Gelehrtenkreisen zu knüpfen.

So findet Blaise in Paris bereits als 12-jähriger Junge Anschluss an einen Kreis von Naturforschern um den Pater, Mathematiker und Musikgelehrten Père Mersenne und kann diesen schon als 16-Jährigen mit einer eigenen Studie zu Kegelschnitten begeistern.

Als 19-Jähriger entwickelt Pascal für seinen Vater, der inzwischen als königlicher Kommissar und Steuerbeamter mit seinen Kindern im normannischen Rouen lebt, eine mechanische Rechenmaschine. Er fertigt sie aus Messing, Elfenbein und Holz und verfeinert sie im Laufe seines Lebens immer weiter.

Die Rechenmaschine Blaise Pascals, später auch Pascaline genannt, von Pascal 1642 signiert. Foto: David Monniaux, CC BY-SA 3.0

Feine Mechanik, die bis 9.999.999 addiert

Zuerst nur mit einigen wenigen Zahlenwählscheiben ausgestattet, kann sie letztlich Zahlen bis zu einer Summe von 9.999.999 addieren und schließlich über einen methodisch rechnerischen Umweg auch subtrahieren.

Vater und Sohn Pascal gründen ein kleines Unternehmen, das sich der Fertigung der – später sogenannten – Pascaline verschreibt, doch die Herstellung dieses mathematisch mechanischen Wunderwerks ist aufwendig und teuer. Insgesamt werden nur etwa fünfzig Exemplare kunstfertig und akribisch von Hand gefertigt.

Blaise Pascal ist inzwischen 23 Jahre alt, als seine Familie mit den Gedanken des niederländischen Theologen und Kirchenmanns Cornelius Jansen in Berührung kommt. Der Bischof des flämischen Ypern, auch Jansenius genannt, hatte kurz vor seinem Tod im Jahr 1638 sein Hauptwerk zur Theologie des Heiligen Augustinus fertiggestellt. Nun findet es weite Verbreitung und entfaltet große religiöse Wirkung.

Gottesverehrung und Naturwissenschaft

Im Jahr 1646 werden Étienne Pascal, seine Töchter Gilberte und Jaqueline und sein Sohn Blaise gemeinsam von der Faszination der augustinischen Gedanken erfasst und erleben eine tiefgreifende Intensivierung ihres katholischen Glaubens.

Innige Frömmigkeit und Gottesverehrung stehen jedoch nicht im Widerspruch zur unverändert großen Begeisterung Blaise Pascals für die Naturwissenschaften. So bestätigt er mit Versuchen die lang umstrittene Hypothese von der Existenz des Vakuums und publiziert 1647 sein „Traktat über die Leere“.

Ein Jahr später bittet er den Ehemann seiner Schwester Gilberte am Fuße und auf dem Gipfel des 1.456 Meter hohen Puy de Dôme, exakt geplante Messungen durchzuführen und kann mit den Ergebnissen die Höhenabhängigkeit des Luftdrucks nachweisen. Pascal verfasst Abhandlungen zur Hydrostatik, zur Ordnung der Zahlen und untersucht Wahrscheinlichkeiten beim Würfelspiel.

1651 stirbt Blaise Pascals Vater. Blaise jüngere Schwester Jacqueline tritt als Nonne in das Kloster Port-Royal bei Paris ein. Er selbst lebt nun in Paris, besucht gesellige Salons und freundet sich mit Philosophie begeisterten Adeligen an.

Umwälzende Erfahrung

Am späten Abend des 23. November 1654 durchlebt er jedoch ein umwälzendes Ereignis, das sein ganzes weiteres Leben prägen wird: Eine mystisch tiefe Gotteserfahrung.

Fortan zieht er sich aus den mondänen Pariser Kreisen zurück, besucht häufig das Kloster Port-Royal, seine Schwester Jacqueline und gelehrte Einsiedler, die sich im Umkreis des Klosters niedergelassen haben. Er unterstützt Theologen, die – ganz in der Tradition der Jansenitischen Schriften – die augustinische Gnadenlehre vertreten und deshalb von mächtigen Jesuiten aus der Pariser Universität Sorbonne vertrieben werden.

Unter Pseudonym verfasst Pascal zu diesen Vorgängen scharfsinnige, rhetorisch brillante, gewitzte Texte, die den Machthunger und die Moralvorstellungen des Jesuitenordens angreifen und stellt sich damit indirekt auch gegen Ludwig den XIV., der unter jesuitischem Einfluss steht.

Selbst als die anonymen Schriften auf Geheiß des Königs im Jahr 1660 von einem Henker öffentlich verbrannt werden, lässt sich Pascal nicht einschüchtern.

Schon längst arbeitet er intensiv an einer großen Schrift zur menschlichen Natur, dem christlichen Glauben und der Existenz Gottes. Mittelpunkt seiner Gedanken ist der innige Wunsch, anderen die Augen für Jesus Christus zu öffnen und so deren Weg zur freien persönlichen Entscheidung für Gott zu ebnen. Denn, so Pascal: „Jener, der uns ohne uns geschaffen hat, kann uns nicht ohne uns retten.“

Zeitloses Vermächtnis

Im Sommer 1662 lässt Blaise Pascal, bereits schwer erkrankt, alle Gegenstände seines Hausstandes zugunsten Hilfsbedürftiger verkaufen. Im Pariser Haus der Familie seiner Schwester Gilberte stirbt er am Morgen des 19. August. Ein herbeigerufener Priester versieht ihn mit dem Sterbesakrament.

Nach seinem Tod sortieren die Angehörigen seine verbliebenen Habseligkeiten. Sie finden 60 zusammengebundene Papierbündel, die insgesamt über 1.000 beschriebene Seiten umfassen. Diese Stapel aus losen Blättern werden zum großen Vermächtnis Blaise Pascals werden.

Freunde und Familie versuchen, ihren Inhalt in seinem Sinne zu ordnen und zu transkribieren. 1670 erscheint er als die „Pensées“, die „Gedanken des Monsieur Pascal über die Religion und einige andere Themen“.

Für Generationen von suchenden, zweifelnden, ungläubigen und gläubigen Menschen werden sie zur fast unerschöpflichen geistigen Quelle und zum zeitlosen inneren Dialog mit einem großen Geist, der nichts – auch nicht seinen tiefen Glauben – für sich behalten wollte.

Immer wieder überrascht Blaise Pascal den Leser mit geistreichen Gedankenexperimenten. So fordert er die Rationalisten heraus, die behaupten, es sei unvernünftig zu glauben und beweist mit der berühmt gewordenen Pascalschen Wette genau das Gegenteil.

Alles gewinnen, nichts verlieren

Er schreibt: „Indessen es ist gewiß, daß Gott ist oder daß er nicht ist, es gibt kein Drittes. […] Es muß gewettet werden, das ist nicht freiwillig, ihr seid [nun] einmal im Spiel und nicht wetten, daß Gott ist, heißt wetten, daß er nicht ist. Was wollt ihr also wählen? […] Wir wollen Gewinn und Verlust abwägen, setze du aufs Glauben, [denn] wenn du gewinnst, gewinnst du alles, wenn du verlierst, verlierst du nichts.“

Der durch den Glauben an Gott mögliche Gewinn ist also unendlich groß und ohne Risiko. Dagegen setzt ein Mensch durch die Ablehnung Gottes alles aufs Spiel, ohne jede Gewinnchance.

Jahrhunderte später zollt selbst Friedrich Nietzsche Pascal nicht zuletzt aufgrund dieser Argumentation größten Respekt und nennt ihn den „bewunderungswürdigen Logiker des Christenthums“.

Pergamentstreifen, der in das Futter von Blaise Pascals Weste eingenäht war. Foto: Bibliothèque nationale de France

Bei der Durchsicht von Blaise Pascals zuletzt getragener Kleidung entdeckt ein Diener, im Futter der Weste eingenäht, einen schmalen Pergamentstreifen. Auf ihm stehen ergreifende, handschriftlich niedergeschriebene Worte, die Pascals – bis dahin gänzlich unbekannte – mystische Gotteserfahrung beschreiben.

Das unscheinbare Pergament ist als das „Mémorial“ berühmt geworden. Es spricht von Gott, von unendlicher Gewissheit und unendlicher Freude.



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